Glosse

F.ast D.rei P.rozent hie und auch da

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Erfurter Dom und Severikirche am Domplatz, Wahrzeichen von Erfurt
Erfurter Dom und Severikirche am Domplatz, Wahrzeichen von Erfurt

ERFURT. (hpd) So deuten Spötter nicht nur in Thüringen das Kürzel einer gewissen Klientelpartei. Selbige erzielte bei den Landtagswahlen am 14. September mit 2,5 Prozent ein desaströses Ergebnis. Nur eine Woche später, am 21. September, zog ein anderes Ereignis ebenfalls weniger als drei Prozent in seinen Bann.

Denn unter der sachlichen Schlagzeile “Geringe Resonanz bei Erfurter Bistumswallfahrt” meldete der Rundfunksender MDR-Info: “Zur Bistumswallfahrt am Erfurter Domberg sind aus ganz Thüringen 4000 Katholiken angereist. (…) Der Erfurter Weihbischof Hauke sagte bei der Predigt, er träume davon, dass die Kirche eine Zukunft in Thüringen habe. Er sei besorgt über den Schwund an Gemeindemitgliedern in beiden christlichen Konfessionen. Die Situation rege jedoch auch dazu an, wieder über die Bedeutung von Kirche nachzudenken.”

Bei MDR Thüringen brachte man zwar dieselbe Information, jedoch unter der jubelnden Schlagzeile “Tausende auf Bistumswallfahrt am Dom”. Wenn man bedenkt, dass das Bistum Erfurt eigenen Angaben zufolge rund 152.000 Gläubige zählt, dann kamen zu der Wallfahrt mit etwa 2,6 Prozent auch nur fast drei Prozent von ihnen zum christlichen Großereignis.

Und dabei hatten doch die unabhängigen Printmedien des Freistaates Thüringen sowie der öffentlich-rechtliche MDR seit Wochen massiv die Werbetrommeln für diesen Event gerührt. So wurde drei Tage vor der Wallfahrt mitgeteilt, wer denn nun den seit zwei Jahren verwaisten Erfurter Bischofsstuhl besteigen werde. Dazu hieß es bedeutungsschwanger: “Anlässlich der Berufung wird am Freitag um 12:15 Uhr die ’Gloriosa’ läuten. Die große Domglocke erklingt nur zu wenigen Anlässen im Jahr.” Aber auch das lockte wohl keine Neugierigen und/oder Gläubigen an.

Übrigens, der Erfurter Weihbischof Reinhard Hauke sagte in seiner Predigt zur Wallfahrt, “er träume davon, dass die Kirche eine Zukunft in Thüringen habe. Er sei besorgt über den Schwund an Gemeindemitgliedern in beiden christlichen Konfessionen. Er höre auch häufig die Frage, wie es mit dem christlichen Charakter von kirchlichen Krankenhäusern, Kindergärten und Schulen bestellt sein werde, wenn immer mehr Menschen dort arbeiteten, die die Quelle nicht schätzen gelernt haben, die zur Gründung dieser kirchlichen Einrichtungen geführt hat.”

Gegenfragen: Wer stellte dem geistlichen Herrn diese Frage? Wer hat denn diese kirchlichen Einrichtungen gegründet und wer trägt ihre Kosten? - Nun, die Kirchen im heutigen Thüringen kamen zu “ihren” Einrichtungen doch zumeist per Übereignungen zuvor staatlicher und kommunaler Einrichtungen durch eine klerusfreundliche Politik. Und die Kosten für die “kirchlichen” Einrichtungen dürften auch in Thüringen zu 80 bis 100 Prozent von der öffentlichen Hand und aus den Sozialkassen getragen werden.

Abschließend, irgendwie hatte das Bistum für diese Wallfahrt dennoch ein wirklich passendes Motto gewählt – und wohl dabei dessen sprichwörtlichen Hintersinn nicht wahrgenommen: “Träum weiter!”