Diskriminierung von nicht-kirchlichen Zwecken soll bestehen bleiben

Keine Überarbeitung der Abgabenordnung

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KONSTANZ. (hpd) Nicht erst seit der Aberkennung der Gemeinnützigkeit für den Verein “attac” wird die Diskussion um eine Änderung der Abgabenordnung offen geführt. Das zuständige Bundesministerium sieht allerdings keinen Handlungsbedarf, wie es auf eine Eingabe eines Petenten mitteilte.

Dennis Riehle hatte gefordert, bei der Formulierung steuerbegünstigter Zwecke, die Vereine in ihrer Arbeit verfolgen, die Veränderungen im zivilgesellschaftlichen Engagement zu würdigen. Die Vereine müssen, um in den Genuss der Zuerkennung von Gemeinnützigkeit zu kommen und damit Bestätigungen zur Abzugsfähigkeit von Spenden aufstellen können, den Zweck des Vereines beim Finanzamt angeben und ihre Gemeinnützigkeit nachweisen.

Riehle reagierte damit auch auf den Entscheid des zuständigen Finanzamtes, der globalisierungskritischen Organisation “attac” den Status der Gemeinnützigkeit zu entziehen. Er machte in seiner Petition deutlich, dass die Förderung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung heute mehr denn je auch die kritische Auseinandersetzung mit vorherrschenden politischen und gesellschaftlichen Meinungen umfasse – und auf unterschiedlichsten Wegen zum Ausdruck kommen kann. Hierbei nannte er auch den friedlichen Protest auf den Straßen, das Sammeln von Unterschriften im Internet oder neue Formen der Bürgerbeteiligung als Beispiele.

Das Bundesministerium lehnte die Argumentation ab – das Sekretariat des Petitionsausschusses des Bundestages sah in dessen Begründung keine Fehler und wollte die Petition damit abschließen, ohne den Ausschuss oder das Parlament befragt zu haben. Unter anderem hatte das Ministerium dargelegt, dass “eine Körperschaft diesen Zweck [die allgemeine Förderung des demokratischen Staatswesens] verfolgt, wenn sie sich umfassend mit den demokratischen Grundprinzipien befasst und diese objektiv und neutral würdigt”. Im bisherigen Katalog der Abgabenordnung sieht das Ministerium “eine solide und rechtssichere Basis” hierfür abgebildet. Gemeinnützigkeit liege zwar auch dann vor, wenn politische Bildung betrieben werde. Dies sei aber nicht gegeben, wenn sie sich als “einseitige Agitation, die unkritische Indoktrination oder die parteipolitisch motivierte Einflussnahme” ausdrücke.

In wie weit das Finanzamt bei der Aberkennung der Gemeinnützigkeit von “attac” von dieser Definition der nicht-politischen Bildung ausgegangen ist, bleibt offen. Das Ministerium unterstrich einerseits, dass das “Gemeinnützigkeitsrecht der freien Meinungsäußerung eine besondere Bedeutung” zumesse, schlussendlich wollte es sich aber nicht auf eine Konkretisierung der Abgabenordnung einlassen, die bei Fällen wie dem des globalisierungskritischen Vereins mehr Klarheit gebracht hätte.

Riehle hat deswegen auch Widerspruch gegen die vorläufige Einstellung der Petition eingelegt – zumal gleichsam ein wesentlicher Punkt seiner Eingabe unbehandelt blieb: Er hatte gefordert, dass die Diskriminierung von weltanschaulichem und religiösem Engagement in der Abgabenordnung geändert werden müsse. Schließlich seien dort neben gemeinnützigen und mildtätigen nur “kirchliche” Zwecke als förderungswürdig genannt.

In einer pluralistischen und aufgeklärten Gesellschaft sind nach seiner Ansicht aber soziales Engagement im Allgemeinen zu unterstützen – die Steuerbegünstigungen dürften sich nicht auf christliche Hintergründe beschränken. Zudem seien gerade auch Vereinigungen und Körperschaften, die sich explizit auf ihr religionskritisches Wirken berufen, zu würdigen. Es sei nicht hinzunehmen, dass sie den Nachweis der Gemeinnützigkeit erbringen müssten, während sich christliche Einrichtungen allein auf ihren “kirchlichen Zweck” berufen könnten, um steuerbegünstigt zu werden. “Auch der Nicht-Glaube an sich ist im Sinne des Grundgesetzes förderungswürdig, ohne, dass dafür zwingend ein soziales Wirken oder eine Tragfähigkeit durch die breite Masse der Bevölkerung vor Ort des anzuerkennenden Vereins belegt werden muss”, so Riehle abschließend.