Neues Gesetz erleichtert Umwandlung von Bekenntnisgrundschulen

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Schulkinder
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BONN. (hpd) Am 18. März 2015 wird das 11. Schulrechtsänderungsgesetz in 2. Lesung in den Landtag Nordrhein-Westfalen eingebracht. Die Reform des Schulgesetzes sieht vor, dass staatliche Bekenntnisschulen zukünftig bereits mit 50,1 Prozent der Elternstimmen in Gemeinschaftsgrundschulen umgewandelt werden können. Bislang sind noch 67 Prozent nötig.

Außerdem sollen künftig zur Sicherung des Unterrichts auch Lehrkräfte eingestellt werden können, die nicht dem Schulbekenntnis angehören. In Nordrhein-Westfalen sind ein Drittel aller Grundschulen öffentliche Bekenntnisschulen in kommunaler Trägerschaft, die vollständig staatlich finanziert sind.

Die Initiative "Kurze Beine - Kurze Wege" begrüßt die Änderungen und stellt auf ihrer Webseite einen Leitfaden zur Umwandlung von Bekenntnisschulen zur Verfügung. Gleichzeitig betont die Initiative, dass durch die Neuregelung die grundsätzlichen Probleme nicht gelöst werden. Anders- oder nichtgläubige Lehrkräfte bleiben Bewerber 2. Wahl, die Leitungsfunktion steht ihnen nicht offen. Die Konfession stellt somit auch in Zukunft einen "Aspekt der Eignung" dar. Rechtsanwalt Frank Jansen erklärte in einer Landtagsanhörung, dies verstoße gegen das Allgemeine Gleichstellungsgesetz und eröffne benachteiligten Lehrkräften die Möglichkeit zu klagen.

Außerdem kann Grundschulkindern weiterhin die Aufnahme an staatlichen Grundschulen aufgrund ihrer Religion verwehrt werden. Dazu Initiativemitglied Birgit Singhof: "Für Kinder ist es absolut nicht nachvollziehbar, warum sie, nur weil sie dem 'falschen Bekenntnis' angehören, nicht mit ihren Kindergartenfreunden zur nächstgelegenen öffentlichen Grundschule gehen dürfen. Im Grunde ist das ein Relikt aus alter Zeit."

Unklar bleibt, ob in Zukunft Religionsunterricht an Bekenntnisschulen auch in anderen Bekenntnissen erteilt werden kann. Ausdrücklich kritisiert die Initiative sogenannte Einverständniserklärungen, die Eltern bei der Anmeldung oftmals unterzeichnen müssen, damit ihre Kinder trotz anderer Bekenntniszugehörigkeit aufgenommen werden. Damit werden Eltern gezwungen, dem Gottesdienstbesuch und Religionsunterricht im Schulbekenntnis zuzustimmen.

Aus Sicht der Bürgerinitiative sind diese Erklärungen nicht tragbar, da sie de facto den Verzicht auf Ausübung des eigenen Bekenntnisses zur Folge haben. Dies stellt eine Einschränkung des Rechts auf Religionsfreiheit dar, die an staatlichen Schulen nicht akzeptabel ist. In einer Anhörung des Ausschusses für Schule und Weiterbildung am 4. 2. 2015 wies die schulpolitische Sprecherin von Bündnis 90/Die Grünen, Sigrid Beer, ausdrücklich darauf hin, dass es Weisungen an die Schulleiter gebe, solche schriftlichen Erklärungen nicht mehr einzufordern.

Die Initiative fordert weiterhin die Streichung staatlicher Bekenntnisgrundschulen aus der Verfassung und ihre Umwandlung in Gemeinschaftsgrundschulen. Diese stehen allen Kindern offen und gewährleisten Religionsunterricht im eigenen Bekenntnis. Max Ehlers formuliert das grundsätzliche Anliegen der Initiative so: "Alle öffentlichen Grundschulen in NRW sollten unabhängig von Religion und Konfession für Lehrkräfte und Schüler zu einem gemeinsamen Lernort werden. Wie im Rest Deutschlands auch." Der Münsteraner Verfassungsrechtler Bodo Pieroth kommentierte die Gesetzesvorlage bei der Expertenanhörung im Landtag wie folgt: "Wenn man bedenkt, dass selbst Bayern vor Jahrzehnten die öffentliche Bekenntnisschule abgeschafft hat, ist das hier ein sehr moderater Gesetzentwurf."

 


Pressemitteilung der überparteiliche Initiative "Kurze Beine – Kurze Wege"