Rezension

Horst Meiers Einwände gegen ein NPD-Verbot

BONN. (hpd) Der Jurist und Publizist Horst Meier legt mit seinem Buch "Verbot der NPD – ein deutsches Staatstheater in zwei Akten. Analysen und Kritik 2001 - 2014" eine Sammlung von früheren Veröffentlichungen zum Thema vor, worin er aus bürgerrechtlicher Sicht die Begründungen für ein NPD-Verbotsverfahren inhaltlich begründet und scharf formuliert kritisiert.

Bei aller Pauschalisierung und Polemik formuliert der Autor eine Fülle von bedenklichen Aspekten, die in der Debatte um die Frage eines Verbotes der rechtsextremistischen Partei bislang nur geringe Aufmerksamkeit fanden, dies aber sehr wohl verdienen würden.

"Darf man dem 'Kampf gegen rechts' ausgerechnet in Deutschland in den Rücken fallen? Man muss es, wenn die Regierenden demokratische Prinzipien zur Disposition stellen, nur um eine symbolische Politik zu betreiben, die unter Sicherheitsaspekten nutzlos ist" (S. 47). Dieser Satz findet sich in dem Band "Verbot der NPD – ein deutsches Staatstheater in zwei Akten", der von dem Juristen und Publizisten Horst Meier veröffentlicht wurde.

Der Autor gehört zu den entschiedensten Kritikern eines Verbotes der NPD, wobei seine Motive nichts mit einer ideologischen oder politischen Sympathie gegenüber der Partei zu tun haben. Ganz im Gegenteil, argumentiert Meier aus einer bürgerrechtlichen Perspektive heraus. Bereits im Vorwort stellt er klar: "In Deutschland, wo man lange genug den 'Kampf gegen links' führte, ist der 'gegen rechts' wirklich eine schöne Abwechslung und gewiss auch ehrbar – von der Linkspartei bis zur CSU; aber er bewegt sich doch im Gravitationsfeld des autoritären, vormundschaftlichen Staates" (S. 9). Diese Grundposition durchzieht die Texte.

Denn man hat es mit dem Band mit einem "Lesebuch", so auch die Formulierung des Autors, zu tun. Es enthält ältere Abhandlungen von Meier eben aus den Jahren 2001 bis 2014, die zuvor in unterschiedlichen Zeitschriften erschienen. Dabei konnten Wiederholungen nicht ausbleiben, was aus der Perspektive des Autors verständlich ist, ist für den Leser gelegentlich etwas ärgerlich. Ergänzt wurden die Beiträge von Meier durch Texte von anderen Verfassern. Da geht es mal um eine Kritik der Materialsammlung zum neuen NPD-Verbotsverfahren, die der Politikwissenschaftler Claus Leggewie mit geschrieben hat. Da präsentiert der bekannte Jurist und Schriftsteller Bernhard Schlink in einem Interview seine Positionen zur Frage. Da macht der Extremismusforscher Eckhard Jesse darauf aufmerksam, dass man auch die Gründe für ein NPD-Verbot akzeptieren, gleichwohl aber dessen Umsetzung für unnötig halten kann. Und da informiert der Jurist Sunki Hong darüber, dass die südkoreanische Regierung ein Verbotsverfahren gegen eine Partei auf der Grundlage des KPD-Verbots von 1956 anstrebt.

Die meisten Abhandlungen stammen indessen von Meier selbst, der zu den Begründungen für ein NPD-Verbot formuliert: "Alles in allem zeugt die Sammlung der Innenminister von eine enormen bürokratischen Fleißarbeit, deren Ergebnisse äußerst dürftig und sattsam bekannt sind. Das präsentierte Belastungsmaterial ist ohne Gewicht und Beweiskraft" (S. 40). Dabei geht es um Einwände gegen die Argumentation mit der Vorstrafenstatistik, die Behauptung der Schaffung von "Angsträumen" oder die Rede von einer "Wesensverwandtschaft" mit dem Nationalsozialismus. Der Autor formuliert auch eine wichtige Warnung: "Die gegenwärtige 'Feinderklärung gegen rechts' ist deshalb so verlockend und gefährlich, weil sie von sympathischen Leuten aus lauteren Beweggründen und noch dazu für eine gute Sache vertreten wird. Um wirklich belastbare Maßstäbe zu bekommen, braucht man nur die Gegenprobe zu machen. Und sich fragen, ob man jene, die man für ein Verbot der NPD akzeptiert, auch für das Verbot einer linken Partei gelten ließe" (S. 22).

Meier neigt immer wieder zu polemischen Formulierungen, er spitzt auch manchmal Einschätzungen zu undifferenzierten Werturteilen zu. Gleichwohl präsentiert der Autor eine Fülle von Bedenken und Sachargumenten, die bislang kaum nähere Beachtung gefunden haben. Der breite politische Konsens für ein NPD-Verbot scheint nicht wenige Akteure aus Medien, Politik und Wissenschaft für die problematische Seite des Vorgehens blind gemacht zu haben. Hier liefert Meier eine klare Gegenposition: "Wer vom Parteiverbot spricht, darf über die Parteienfreiheit nicht schweigen" oder: "Ein Verbot muss einen triftigen Grund haben, das heißt zur Verteidigung von Demokratie und Pluralismus zwingend notwendig sein" (S. 36). Der Autor erinnert auch zutreffend daran, dass die konkreten Anlässe für die beiden Verbotsanträge nichts direkt mit der NPD zu tun hatten. Selbst wenn man manche Auffassungen von Meier nicht teilen mag, eine Auseinandersetzung mit seinen Argumenten ist auch und gerade demokratietheoretisch mehr als nur geboten.

 


Horst Meier, Verbot der NPD – ein deutsches Staatstheater in zwei Akten. Analysen und Kritik 2001–2014, Berlin 2015 (Berliner Wissenschafts-Verlag), 398 S.