Rezension

Heiliger Bim Bam

BERLIN. (hpd) Eine etwas andere Autobiografie legt der Autor Ralf Prestenbach aus Koblenz vor: "Heiliger Bim Bam, Ein Messdiener fällt vom Glauben ab" ist ein humorvoller Rückblick auf (s)eine Kindheit im Rheinland.

Beinahe wäre er Priester geworden; ein guter Messdiener, der unter anderem auch die Anzahl der Kacheln auf dem Boden der Kirche auswendig wusste, war er bereits. Doch aus dem Messdiener und Klosterschüler wurde ein Punker und heute ist er Inhaber eines Musikclubs und einer Strandbar in Koblenz am Rhein.

In manchmal vielleicht zu naivem Ton erzählt Prestenbach von einer Kindheit im Rheinland, die sich vermutlich nur wenig von der seiner Altersgenossen unterscheidet. Dass man Christ ist und in die Kirche gehen muss, war keine Frage, sondern gehörte zum gesellschaftlichen Leben dazu. Auch wenn einige der Erwachsenen daran nicht mehr teilnahmen; die allerdings waren die von den Kindern hinterfragten Ausnahmen beziehungsweise die Stachel im Fleisch der Klasse. "Unterdessen ging das tägliche Leben weiter. Ich stand morgens auf, ärgerte meine Schwester und lief anschließend vergnügt zur Schule. Und auch dort ging es meistens lustig zu. Einmal, wir hatten gerade Religionsunterricht und unser Klassenlehrer Herr Lochmann erklärte uns das Bild vom letzten Abendmahl, platzte es aus Eva heraus: 'Meine Mama sagt, auf dem Bild neben Jesus sitzt gar nicht Andreas, sondern Maria Magdalena.' Herr Lochmann war sprachlos. … als sich Stefan umdrehte und quer durch die Klasse rief; 'Glaubst Du im Ernst, die hätten nur Brot gegessen, wenn da eine Frau gewesen wäre, die für sie hätte kochen können?'" (S. 32/33)

Dieses Zitat zeigt zwei Dinge: den Stil, der über die gesamten 250 Seiten des Buches durchgehalten wird und die Einiges über die Gesellschaft erzählen, in der der Autor groß geworden ist. Denn so witzig der Zwischenruf des Mitschülers ist: er zeigt auch die patriarchische Gesellschaft, nach deren Auffassung Frauen am Herd zu stehen haben.

Das und viel mehr noch die Gedanken, dass die "von Gott eingerichtete Welt" ein paar sehr gravierende Fehler hat, lassen Ralf Prestenbach während seiner Zeit am katholischen Gymnasium St. Martin in Lahnstein immer klarer zweifeln. Und das erwachende Interesse am anderen Geschlecht den Gedanken, zölibatärer Geistlicher zu werden, entschwinden.

Doch Prestenbach schaut nicht zürnend auf seine Schulzeit im Kloster zurück. Im Gegenteil: "Einerseits lebten die Padres in einer Glaubenswelt, die keinerlei Widerspruch duldete, andererseits versuchten sie, uns zu kritisch denkenden Menschen zu erziehen. Im Grunde sägten sie dabei Tag für Tag an dem Ast, auf den sie alle saßen, denn 'wer in Glaubensfragen den Verstand befragt, bekommt unchristliche Antworten' - das wusste schon der gute alte Wilhelm Busch." (S. 230) Und der frische Abiturient hat gelernt, viele kritischen Fragen zu stellen. "Genug war genug. Ich war nicht nur zu alt für diesen Scheiß, ich hatte auch schon seit Längerem das Gefühl gehabt, nicht mehr wirklich dazuzugehören. Angeblich waren vor dem Herrn ja alle Menschen gleich - doch für Punks, Andersdenkende, Anderslebende und all jene, die Fragen stellten, schien das in der katholischen Kirche nicht zu gelten." (S. 231)

Das Buch vom "Heiligen Bimbam" ist ein kleines, nettes, freundliches und fröhlich lesenswertes Buch. Die Religionskritik kommt dabei weder mit dem Holzhammer noch mit didaktisch erhobenem Zeigefinger daher.


Heiliger Bimbam, Ein Messdiener fällt vom Glauben ab, Ralf Prestenbach; Verlag: Blanvalet, Taschenbuch, 256 Seiten, ISBN: 978–3–442–38334–4, 9,99 Euro