Presse- und Meinungsfreiheit in der Türkei

Urteil gegen Journalisten wegen "Terrorpropaganda"

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Ankara, Hauptstadt der Türkei
Ankara

BERLIN. (hpd) Der türkische Journalist Erol Önderoglu wurde verhaftet, weil er er eine pro-kurdische Zeitung unterstützt hatte und damit für den Erdogan-Staat zu einem "Terrorpropagandisten" wurde. Nachdem die Reporter ohne Grenzen darüber berichteten, meldete sich gestern auch die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung. Bärbel Kofler forderte die türkische Regierung auf, die Presse- und Meinungsfreiheit zu achten. Dieser Aufruf dürfte in Ankara jedoch ungehört verhallen.

Die Reporter ohne Grenzen (ROG) machten am Montag öffentlich, dass der türkische Journalist und Korrespondent von ROG, Erol Önderoglu, in Istanbul verurteilt wurde, weil er eine pro-kurdische Zeitung unterstützt hatte. Für das Gericht war klar, dass eine Veröffentlichung in der Zeitung Özgür Gündem als "Terrorpropaganda" anzusehen sei.

"Es ist unfassbar, dass die Türkei nicht einmal davor zurückschreckt, ihre zutiefst undemokratischen Antiterrorgesetze gegen derart prominente Verteidiger der Pressefreiheit einzusetzen", sagte ROG-Geschäftsführer Christian Mihr in Berlin. "Önderoglu arbeitet seit 20 Jahren für Reporter ohne Grenzen. Wir fordern die sofortige Freilassung unseres Korrespondenten und aller anderen in der Türkei inhaftierten Journalisten."

Neben Erol Önderoglu wurden auch auch die Vorsitzende der türkischen Menschenrechtsstiftung, Sebnem Korur Fincanci, und der Journalist und Autor Ahmet Nesin verhaftet. Zusammen mit 31 weiteren Journalisten sind sie angeklagt, weil sie sich an einer Solidaritätsaktion für die pro-kurdische Zeitung Özgür Gündem beteiligt hatten.

Die Beauftragte der Bundesregierung für Menschenrechtspolitik und Humanitäre Hilfe, Bärbel Kofler, erklärte gestern dazu: "Ein demokratisches Land muss die Presse- und Meinungsfreiheit achten. Niemand darf aufgrund seines Einsatzes für die Meinungsfreiheit inhaftiert werden. Als Unterzeichnerin der Europäischen Menschenrechtskonvention und als EU-Beitrittskandidat muss die Türkei diese Rechte schützen."

Sie forderte die türkische Regierung auf, kritische Meinungsäußerungen zu respektieren. "Die zunehmenden Einschränkungen der Presse- und Medienfreiheit in der Türkei verfolge ich mit wachsendem Unbehagen."

Es ist jedoch leider davon auszugehen, dass sich die Regierung in Ankara um solche Aufforderungen nicht kümmert. Nach der Armenien-Resolution versucht die Türkei, allmählich die Beziehungen zwischen Deutschland und der Türkei zu torpedieren. Aktuell wird dem Verteidigungsstaatssekretär Ralf Brauksiepe der Besuch der Militärbasis Incirlik untersagt. Das ist ein Affront gegen die Bundesrepublik Deutschland. In Incirlik sind seit Monaten deutsche Aufklärungsjets und Tankflugzeuge der Luftwaffe stationiert.