SEEWIESEN. (mpg) Fledermäuse orientieren sich im Flug akustisch durch Echoortungslaute und nutzen diese auch meistens zur Nahrungssuche. Wie die Tiere mit Beeinträchtigungen durch Umgebungslärm umgehen, fand nun ein Team von Wissenschaftlern vom Max-Planck-Institut für Ornithologie Seewiesen und der Ludwig-Maximilians-Universität München heraus. Sie analysierten tausende von Echoortungsrufen unter verschiedenen, natürlichen Lärmbedingungen und zeigten, dass die Fledermäuse sowohl die Lautstärke ihrer Rufe wie auch deren Dauer an den Lärmpegel anpassen. Obwohl jedes Individuum dabei ein bisschen anders reagierte, verbessern alle Mechanismen die Erkennbarkeit des Signals.
Alle Fledermäuse nehmen ihre Umgebung durch Ultraschalllaute wahr, die sie aussenden und deren Echos sie auswerten. Viele Fledermäuse nutzen diese Laute auch zur Nahrungssuche, zum Beispiel solche, die Insekten im Flug jagen. Stark akustisch orientierte Tiere wie Fledermäuse brauchen also Mechanismen, um ihre Vokalisation auf Umgebungslärm anzupassen. Eine bereits recht gut untersuchte Form der lärmabhängigen Anpassung von akustischen Signalen ist der so genannte Lombard-Effekt: Als Antwort auf erhöhten Umgebungslärm wird die Lautstärke des Signals entsprechend angehoben. Dieser Grundeffekt zur Aufrechterhaltung von Kommunikation ist für Vögel und Säugetiere bekannt, einschließlich des Menschen.
Ein Team von Wissenschaftler aus Seewiesen unter Leitung von Lutz Wiegrebe von der Ludwig-Maximilians-Universität München hat nun zum ersten Mal bei Fledermäusen Signallautstärke, Signaldauer und Signalwiederholung unter verschiedenen, kontrollierten Lärmbedingungen ausgewertet. Die Wissenschaftler spielten der Kleinen Lanzennase (Phyllostomus discolor) Umgebungslärm in drei Frequenzbereichen in unterschiedlicher Lautstärke vor (28, 40 und 52 dB SPL) und nahmen dabei die Echoortungssignale der Tiere auf. Diese werteten sie anschließend mathematisch aus, um die akustische Wahrnehmung der Tiere zu verstehen.
Die Wissenschaftler fanden heraus, dass auch bei den Fledermäusen der wichtigste und stärkste Mechanismus zur Kompensation von Lärm die Lautstärke des Signals ist: Alle Tiere riefen lauter mit Lärm, und zwar um bis zu acht Dezibel. Die Dauer der Laute nahm zwischen 13 und 85 Prozent zu, dies führt laut den Wissenschaftlern ebenfalls zu einer besseren Erkennbarkeit des Signals um aber nur maximal fünf Dezibel. Ein weiterer Mechanismus der Lärmkompensation, den die Wissenschaftler unter bestimmten Lärmbedingungen gefunden haben, ist die Bildung von Lautgruppen. Damit könnte die Wahrscheinlichkeit steigen, durch das mehrmals hintereinander zeitnahe Hinhören den Informationsgehalt und damit die Erkennbarkeit des Signals zu verbessern. Die Wissenschaftler haben berechnet, dass dies bis zu vier Dezibel ausmachen kann.
“Wir fanden bei gleichen Lärmbedingungen Unterschiede in der Signallautstärke zwischen den Individuen von knapp zwei bis acht Dezibel. Ebenso deutlich variierte die Veränderung der Rufdauer,” zeigte sich Holger Holger Goerlitz, Forschungsgruppenleiter in Seewiesen, überrascht. Entscheidend war, dass diese unterschiedlichen Reaktionen der Individuen jedoch in der Summe zum selben Ergebnis führten: “Das Gehör wertet verschiedene Signalparameter wie zum Beispiel Lautstärke und Lautdauer aus, um Signale zu erkennen”, sagt Lutz Wiegrebe von der Ludwig-Maximilians-Universität.
Obwohl die Parameter unterschiedlich sind, erhöhen sie in der Summe alle die Erkennbarkeit der Signale und unterstützen somit die Signalwahrnehmung in Umgebungslärm. (SSp/HR)
5 Kommentare
Kommentare
Gerhard Czermak am Permanenter Link
Der Artikel ist sicher informativ für zoologisch Interessierte, aber auch für sie wohl reichlich speziell. Einen ernsthaften Zusammenhang mit den säkular-humanistischen Anliegen des hpd vermag ich nicht zu erkennen.
Petra Pausch am Permanenter Link
Sie schaden dem hpd? Weshalb?
Artikel mit wissenschaftlichem Inhalt können die Leser bilden und dienen der Aufklärung. Weil man - wie die GBS auch betont - mit Wissenschaft und Kunst keine Religion benötigt.
Hanns W. Renderling am Permanenter Link
Sehr geehrter Herr Czermak, ich muss voraus sagen, dass ich Sie und Ihre Arbeit überaus schätze, mich der Kritik hier aber nicht so pauschal anschließen kann.
Richtig ist, dass der Artikel hier wirklich schon sehr speziell ist. Aber nicht richtig ist, dass dieser und ähnliche Artikel dem Humanistischen PRessedienst schaden würden. Denn zur Aufklärung gehören auch Wissenschaft, Bildung, Kunst, Kultur, und und und. Diese Themenfelder werden mehr oder weniger vom hpd abgedeckt. Mit Kirchen- und Religionskritik allein ist heutzutage kein Leser mehr hinter dem Ofen hervorzulocken. Das erleben die Aktiven vor Ort immer wieder wenn sie mit ihren Ständen in Fussgängerzonen aufklären wollen. Sicher gilt es dabei zu unterscheiden zwischen - sagen wir - Bayern und Mecklenburg-Vorpommern. Was im Norden normal ist, ist in Bayern noch Blasphemie. Deashalb muss es unsere Aufgabe sein, den Südlichen Deutschen die Argumente an die Hand zu geben, gegen die Kirchen anzutreten und den Norddeutschen Perspektiven aufzeigen, wie man als Humanist leben könnte.
Lesen Sie doch bitte diesen großartigen Kommentar: http://www.berliner-zeitung.de/meinung/kommentar--schluss-mit-der-diffamierung-von-atheisten-,10808020,33000464.html -> auf diese Misstände muss man hinweisen; immer und immer wieder. Aber eben auch eigenen Alternativen anbieten. Das versucht meiner Meinung nach der hpd jeden Tag.
Die Berichterstattung über evolutionsbiologische Erkenntnisse gehört m.E. auf jeden Fall dazu.
Mit humanistischem Gruß
Hanns W. Renderling
Gerhard Czermak am Permanenter Link
Ich bin erstaunt, dass ich nicht richtig verstanden wurde. Natürlich ist der Fledermaus-Artikel gut. Natürlich soll auch über wesentliche neue Erkenntnisse der Evolutionslehre berichtet werden.
Gerhard Czermak.
Ernst Tarlowski am Permanenter Link
Aus gegebenem Anlass einmal einen ausdrücklichen Dank an Simone Guski für ihre immer sehr interessanten und vor allem informativen Artikel im hpd. Evolutionsbiologie gehört in den hpd - wohin denn sonst?