McDonald’s fördert evangelikale Missionierung

MÜNCHEN. (hpd) Fast jeder kennt die „Spendenhäuschen“ für die McDonald’s Kinderhilfe, in die man sein Wechselgeld spenden kann. Wer allerdings meint, seine Spende käme ausschließlich säkularen Zwecken zugute, der irrt sich: Sämtliche aktuellen Förderprojekte der deutschen McDonald’s Kinderhilfe kommen christlich-missionarischen Organisationen zugute. Größter Nutznießer mit einer Million Euro: Die bibeltreu-evangelikale „Arche“ von Heilsarmee-Pastor Bernd Siggelkow.

Eine Analyse von Matthias Krause

Viele Jahre lang habe ich gerne und oft für die McDonald’s Kinderhilfe gespendet. Die bekannteste Aktivität der McDonald’s Kinderhilfe sind die Ronald McDonald Häuser und Oasen, die es Eltern ermöglichen, mehr Zeit mit ihren schwerkranken Kinder zu verbringen. (Mehr dazu hier.) Eine prima Sache, dachte ich.

Was mir aber an der McDonald’s Kinderhilfe besonders gut gefiel war, dass meine Spenden nicht religiös vereinnahmt wurden. Dachte ich jedenfalls. Denn die Spenden – die übrigens nicht nur von Restaurantbesuchern stammen, sondern auch von Mitarbeitern, Lieferanten und Restaurantbetreibern – kommen ja von Menschen aller möglichen Religionen, Konfessionen und Weltanschauungen – da wäre es schließlich unfair, die Spenden für bestimmte weltanschauliche oder religiöse Zwecke zu verwenden. Dachte ich.

Eine Million Euro für die „Arche“

Bis ich im Dezember 2010 im evangelikalen ideaSpektrum (Nr. 50/2010, S. 29) eine Meldung sah, der zufolge die McDonald’s Kinderhilfe die evangelikal-missionarische „Arche“ in Meißen mit 750.000 Euro fördert. Und nicht nur das: Dem Artikel zufolge hat die McDonald’s Kinderhilfe zuvor schon die „Arche“ in Potsdam mit einer Viertelmillion Euro unterstützt.

Beispielbild
ideaSpektrum 50/2010: Die McDonald’s Kinderhilfe fördert die evangelikale „Arche“ mit einer Million Euro (S. 29)

Damit aber nicht genug: Ein Blick auf die Website der McDonald’s Kinderhilfe förderte zutage, dass alle (!) aktuellen Fördermaßnahmen der McDonald’s Kinderhilfe an christlich-missionarische Organisationen gehen: Neben der „Arche“, die mit insgesamt einer Million Euro bedacht wird, auch noch die Organisation „Unsere kleinen Brüder und Schwestern“, die ihre Arbeit folgendermaßen beschreibt:

Das Hilfswerk UNSERE KLEINEN BRÜDER UND SCHWESTERN engagiert sich für verwaiste und verlassene Kinder in Mexiko, Lateinamerika und der Karibik. Seinen Auftrag sieht es darin, diese Kinder mit Unterkunft, Essen, Kleidung, medizinischer Betreuung und schulischer Ausbildung zu versorgen. Die Kinder sollen in einer christlich orientierten, familiären Umgebung aufwachsen, in der auf bedingungslose Annahme und Liebe, Teilen, Mitarbeit und Verantwortung Wert gelegt wird. [Hervorhebung von mir.]

Alle aufgeführten Fördergelder gehen also an christlich-missionarische Organisationen.

(Hinweis: “Fördergelder” meint hier die Förderung bestimmter Projekte. Der Großteil der Spenden an die McDonald’s Kinderhilfe fließt in die Ronald McDonald Häuser und Oasen.)

Das war umso ärgerlicher, als es in den – mittlerweile auf der Website nicht mehr auffindbaren, aber immer noch verlinkbaren – Förderrichtlinien der McDonald’s Kinderhilfe in § 1 (Förderzwecke) Abs. (2) heißt:

Ausgenommen sind auch Projekte und Einrichtungen mit politischem oder religiösem Inhalt bzw. Hintergrund.

Hinzu kommt noch, dass die Förderrichtlinien als Förderzweck ausschließlich „schwer kranke Kinder“ nennen:

Präambel
Die McDonald’s Kinderhilfe Stiftung unterstützt als Teil der weltweit agierenden Ronald McDonald House Charities schwer kranke Kinder, die sich oft langwierigen oder Behandlungen unterziehen müssen. Die McDonalds's Kinderhilfe Stiftung hilft solchen Kindern durch vielfältige Aktivitäten, hauptsächlich durch den Bau und die Unterhaltung von Ronald McDonald Häusern, durch die ein möglichst enger Kontakt mit den Eltern während der Behandlungszeit ermöglicht wird.
Darüber hinaus fördert die McDonald's Kinderhilfe Stiftung im Rahmen ihres Stiftungszweckes Projekte zur Unterstützung schwer kranker Kinder durch Vergabe von Geldmitteln. Für die Vergabe von Geldmitteln gelten die folgenden Förderrichtlinien.

§ 1 Förderzwecke
(1) Gefördert werden Einrichtungen, Projekte, und Vorhaben, die die Genesung schwer kranker Kinder bis zu 18 Jahren unterstützen, soweit öffentliche oder sonstige Mittel von anderer Seite nicht in ausreichendem Maße zur Verfügung stehen. Die zu fördernden Maßnahmen müssen nicht auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland beschränkt bleiben. Alle Maßnahmen sollen signifikante, messbare Ergebnisse zur Verbesserung der Gesundung von schwer kranken Kindern zum Ziel haben.

Deshalb warb die McDonald’s Kinderhilfe ja bis vor kurzem auch mit dem Slogan “Wir helfen schwer kranken Kindern“:


Screenshot (15.12.2010)

 

Die „Arche“ kümmert sich allerdings überhaupt nicht um schwer kranke, sondern um arme Kinder. Ziel der „Arche“ ist es, „Kinder von der Straße zu holen, gegen soziale Defizite zu agieren sowie Kinder wieder ins Zentrum der Gesellschaft zu stellen.“

Mit der Förderung der „Arche“ hat die McDonald’s Kinderhilfe somit offenbar gleich zweifach gegen ihre eigene Förderrichtlinie verstoßen:
• Zum einen dadurch, dass sie Organisationen mit religiösem Hintergrund fördert.
• Zum anderen dadurch, dass das Geld nicht dem Förderzweck „schwer kranke Kinder“ zugute kommt.

Die „Arche“ ist bibeltreu-evangelikal

Hinzu kommt noch, dass die „Arche“ nicht einfach nur irgendwie christlich orientiert ist, sondern dass es sich um eine bibeltreu-evangelikale Missionierungsorganisation handelt.

Die „Arche“ ist bei der Evangelischen Allianz in Deutschland als verbundenes Werk ausgewiesen. Damit arbeitet die „Arche“ auf der Glaubensbasis der Evangelischen Allianz von 1846. (Also noch vor der Veröffentlichung von Darwins „Entstehung der Arten“ 1859!) Diese Glaubensbasis geht z.B. von der „göttlichen Inspiration der Heiligen Schrift, ihrer völligen Zuverlässigkeit und höchsten Autorität“ aus. Dem „gefallenen Menschen“ wird darin „völlige Sündhaftigkeit und Schuld“ bescheinigt, „die ihn Gottes Zorn und Verdammnis aussetzen“. Vor Gottes Zorn und Verdammnis kann man dieser Glaubensbasis zufolge nur gerettet werden „aufgrund des Glaubens an Jesus Christus“. Schließlich wird in der Glaubensbasis die „Erwartung der persönlichen, sichtbaren Wiederkunft des Herrn Jesus Christus in Macht und Herrlichkeit“ erklärt.

Dass dies die Arbeitsgrundlage der Arche ist, bestätigt auch ein Bericht von Pastor Thies Hagge aus Hamburg-Jenfeld über die Arche:

Die geistliche und theologische Grundlage der Arche ist die Erklärung der Evangelischen Allianz [...]

In der von Prof. Dr. Klaus M. Schmals geleiteten Studie „Eine Arche für die armen Kinder von Hellersdorf“ von 2007 heißt es:

Als „Freie Evangelische Schule“ steht im Mittelpunkt des pädagogischen Konzepts der Arche-Grundschule - neben allen Aufgaben, die auch staatliche Grundschulen erfüllen - die Vermittlung christlicher Werte. Die Bibel gilt hierbei „als einzig vollständige und richtige Interpretation dieser Welt.“ (vgl. hier „Die pädagogische Konzeption der Arche-Grundschule“, 2006, Berlin, S.1). Der Gott der Bibel gilt als der „Schöpfer des Universums“. Wissenschaftliche Erkenntnisse werden zwar unterrichtet, jedoch betrachtet man sie als vorläufig und es gilt diese in die biblische Weltdeutung einzuordnen (ebenda). In diesem Sinne beginnt auch jeder Schultag für die Kinder mit einer Andacht – die Kinder beten frei und nicht vorformuliert. Frau [M.] legte großen Wert darauf, zu betonen, dass der christliche Glaube in der Schule als ein Angebot an die Kinder zu betrachten sei. Niemand werde gezwungen zu beten, geschweige denn an Gott zu glauben. Alle Kinder seien willkommen. [Hervorhebungen von mir.]

Die „Arche“ ist missionarisch

Pastor Hagge schreibt darüber hinaus:

Vor gut 10 Jahren erwuchs aus einem ursprünglich geplanten Gemeindegründungsprojekt in einem Stadtteil des ehemaligen Ost-Berlin das christliche Kinder- und Jugendwerk Arche [...] Von vornherein war das Ziel des Projektes, Kindern die Liebe Gottes in Wort und Tat nahezubringen. [...] Die hauptamtlichen Mitarbeiter der Arche sind praktizierende Christen aus verschiedenen Kirchen und Gemeinschaften [...] Die Arbeit der Arche beinhaltet das Angebot eines kostenlosen Mittagessens, individuelle Begleitung der Kinder einschließlich ihrer Familien [...], Hausaufgabenhilfe, verschiedene pädagogisch sinnvolle Freizeitangebote sowie das Angebot der Vermittlung des christlichen Glaubens. Dies geschieht in verschiedenen geistlichen Angeboten sowie insbesondere in der wöchentlich stattfindenden „Kinderparty“, einem die Prinzipien von Willow Creek und Bill Wilsons Metro-Church (größte Kinderkirche der Welt in New York) verbindender Kindergottesdienst.

Die „Angebote“ der Arche sind aber typischerweise derartig integriert, dass es – gerade für Kinder – schwierig sein dürfte, sie auszuschlagen. Die Arche weist gerne darauf hin, dass sie den Kindern kostenlose warme Mahlzeiten anbietet. Vor dem Essen wird dabei gebetet (natürlich „freiwillig“). Der Berliner PDS-Bezirksverordnete Martin Uther bezeichnete dies als ehrenrührige „Missionierung durch den Magen“.

Bei Sommercamps gibt es morgendliche Andachten. Beim Chor werden christliche Lieder gesungen. Es war von einer Geburtstagsparty zu lesen, bei der man bei einem Spiel mit Bibelwissen für sein Team punkten konnte. In Bibelstunden werden die aktuellen Probleme und Themen der Jugendlichen gezielt aufgegriffen, um anhand der Bibel „Lösungen“ zu erarbeiten. Dazu heißt es in der bereits erwähnten Studie:

Die aktive Weitergabe des Glaubens an die Kinder und Jugendlichen erfolgt im Rahmen der alltäglichen Probleme in der „Arche“. Bezogen auf die aktuellen Probleme wird ein entsprechendes Kapitel in der Bibel gesucht (z.B. eines über Selbstwertgefühl oder Wertschätzung). Die Inhalte der Bibel sollen dann die Kinder und Jugendlichen bei der Bewältigung ihrer Probleme unterstützen. Um diese für die Inhalte der Bibel empfänglich zu machen, muss man bei ihnen erst einen „Kern“ ansprechen, der durch tägliche Erlebnisse beziehungslos, kraftlos, kaputt gemacht oder gänzlich verschüttet wurde. Das Herz der Kinder und Jugendlichen muss mit viel Liebe „repariert“ werden. Ist dies erreicht, öffnen sich die Herzen und werden für Glaubensinhalte zugänglich.

Entsprechend schreibt z.B. die taz über die „Arche“:

In der Tat spielt Gott in dem Projekt eine wichtige Rolle. "Jesus gibt Halt im Leben" und andere Bibelsprüche sind an den beigefarbenen Wänden zu lesen. Vor dem Essen wird gebetet, einmal im Monat gibt es einen Familiengottesdienst, und in Gesprächskreisen lernen die Kinder Bibelgeschichten kennen. Da wirkt das das Banner über dem Arche-Eingang wie ein Aufruf an die Hellersdorfer: "Lasset die Kinder zu mir kommen und hindert sie nicht daran - die Bibel".

Bei telepolis ist zu lesen:

Einmal in der Woche gibt es dann die große Sause - den als "Kinderparty" annoncierten Kindergottesdienst. Auch "geistlichen Ausdruckstanz" können die Jung-Hellersdorfer lernen - bei der Tochter von Arche-Gründer Bernd Siggelkow. Zudem bringen Gesprächskreise den Kleinen die religiösen Texte näher, aber auf die sanfte Tour.

Bei der Bahnhofs- oder Seemannsmission werden ähnliche Angebote an Erwachsene, die weitaus geringeren Umfang haben, offen als „Mission“ bezeichnet. Die Studie spricht von einer "aktiven Weitergabe des Glaubens an die Kinder und Jugendliche“. Demgegenüber behauptet die Arche „Bei uns wird nicht missioniert!“ Dies wirft die Frage auf, ab wo nach dem Verständnis der Arche „Missionierung“ beginnen soll.

Dem Wiktionary zufolge bedeutet „Mission“ jedenfalls „das Verbreiten einer religiösen Lehre“, und eine „missionierende Religion“ ist Wikipedia zufolge „eine Religion, die ihre Botschaft aktiv verbreitet. Sie glaubt sich berufen, Nichtgläubige und Andersgläubige zu überzeugen und sie in die betreffende Religion aufzunehmen.“

Der evangelikal-missionarische Charakter ist nicht zu erkennen

Ihren evangelikal-missionarischen Charakter hebt die „Arche“ allerdings in ihrer Öffentlichkeitsarbeit in der Regel nicht hervor. Fast immer wird z.B. darauf hingewiesen, dass die „Arche“ armen Kindern ein warmes Essen ermöglicht. Dass vor dem Essen gebetet wird, wird hingegen üblicherweise nicht erwähnt. Auch auf der Website der „Arche“ findet man außer der Formulierung „Christliches Kinder- und Jugendwerk“ keinen Hinweis auf die Tischgebete, Andachten, Bibelstunden, Gottesdienste usw. Oder auch nur darauf, dass die „Arche“ mit der Evangelischen Allianz verbunden ist und auf deren Glaubensbasis (s.o.) arbeitet. Man ist sich bei der „Arche“ offenbar darüber klar, dass der evangelikal-missionarische Hintergrund potentielle Spender verschrecken könnte.

Auch im Jahresbericht der McDonald’s Kinderhilfe 2009 ist der christliche Charakter der „Arche“ nicht erkennbar. Dort heißt es lediglich – ich zitiere alle relevanten Passagen:

2009 unterstützte die McDonald’s Kinderhilfe Stiftung als Förderer des Kinder- und Jugendhilfswerks „Die Arche“ sozial benachteiligte Kinder. [S. 2]

Immer mehr Kinder in Deutschland leben unterhalb der Armutsgrenze und können sich oft nicht einmal eine warme Mahlzeit leisten. Das Kinder- und Jugendhilfswerk „Die Arche“ e. V. macht sich für diese Kinder stark. Ziel des gemeinnützigen Vereins: sich professionell und nachhaltig um hilfsbedürftige Kinder zu kümmern – jetzt auch in Potsdam. Denn dort konnte im September der bundesweit fünfte Standort eröffnet werden. Die McDonald’s Kinderhilfe Stiftung spendete im Rahmen des Förderprogramms 250.000 Euro für den Bau der Arche in Potsdam-Drewitz. Auch Fernsehmoderator Günther Jauch hatte sich mit einer großzügigen Spende an der Realisierung beteiligt und eröffnete gemeinsam mit Boxchamp Henry Maske – Schirmherr der McDonald’s Kinderhilfe Stiftung – die neue Potsdamer Arche. Ulrich Bissinger, Stiftungsratsvorsitzender und Senior Director Legal McDonald’s Deutschland, begründete die Unterstützung: „Im Rahmen des Förderprogramms der McDonald’s Kinderhilfe Stiftung haben wir wegweisende Initiativen gesucht, die sich nachhaltig und professionell um hilfsbedürftige Kinder kümmern. Eine solche Organisation haben wir mit der Arche gefunden.“ [S. 12]

Wer nicht schon bei dem Namen „Arche“ hellhörig wird, käme angesichts dieser Beschreibung niemals auf den Gedanken, dass es das Ziel der „Arche“ ist, „Kindern die Liebe Gottes in Wort und Tat nahezubringen“ (s.o., Zitat Pastor Hagge), und das von der McDonald’s Kinderhilfe als Ziel bezeichnete „professionelle und nachhaltige Kümmern um hilfsbedürftige Kinder“ nur Mittel zum Zweck ist. Denn, so heißt es in der Studie (S. 61):

„Die Arche“ allein auf humanistischen Wertvorstellungen zu begründen und den Glauben beiseite zu lassen, ist für Bernd Siggelkow undenkbar.

Das darf man wohl so verstehen, dass ein kostenloses warmes Essen ohne „Betmöglichkeit“ für Herrn Siggelkow nicht infrage kommt. Obwohl er ja andererseits kein Problem damit zu haben scheint, seinen Glauben beiseite zu lassen, wenn es um Öffentlichkeitsarbeit und die Werbung von Spenden geht.

Professionalität?

Was die vom Stiftungsvorsitzenden der McDonald’s Kinderhilfe, Ulrich Bissinger, angesprochene Professionalität der „Arche“ angeht, so hieß es dazu übrigens 2007 in der bereits erwähnten Studie (S. 221-222):

In Bezug auf die inhaltliche Arbeit der „Arche“ fiel uns auf, dass über Weiterbildung und Supervision nicht gesprochen wird (hierfür existiert scheinbar keine Nachfrage). Dies mag – im Gegensatz zu einem Projekt der Sozialarbeit – im christlichen Charakter des Projekts liegen: „Unsere MitarbeiterInnen sind überzeugte Christen bzw. sie akzeptieren christliche Werte“ (so ein/e MitarbeiterIn). Wir meinen, auch über Glaubenfragen sollte unter den MitarbeiterInnen der „Arche“ diskutiert werden (hat „Gott“ die Welt erschaffen (vgl. die „Schöpfungsgeschichte“) oder gilt die „Evolutionstheorie“ (die im Biologieunterricht in der Schule „gelehrt“ wird?)). Passt das oder wie passt das zusammen? Können sich die MitarbeiterInnen der „Arche“ in gleicher Weise auch auf Kinder aus anderen Kulturkreisen, mit anderen religiösen Auffassungen auseinandersetzen? Wie begegnet man atheistisch geprägten Kindern? [...] Den Aspekt der Supervision haben wir angesprochen, da einige MitarbeiterInnen sich die Probleme und Entscheidungen ihrer „Schützlinge“ doch sehr zu Herzen nehmen und vor diesem Hintergrund ein ausgeprägtes Mitteilungs- oder Redebedürfnis haben. Wie in dem Punkt über Beratungskompetenzen dargelegt, würden wir den MitarbeiterInnen der „Arche“ raten, mehr inhaltlichen Wert auf fachspezifische Qualifizierung, Weiterbildung und Supervision zu legen.

Und auf S. 243 heißt es:

Wichtig war für uns die Frage nach Weiterbildung und Supervision. Diese Frage tauchte scheinbar in der „Arche“ bisher nicht auf und wird möglicherweise damit verbunden, dass sich die MitarbeiterInnen der „Arche“ primär als ein sozial-diakonisches Projekt verstehen und erst sekundär als eines der Sozialarbeit.

Antwort der McDonald’s Kinderhilfe

Aufgrund dieser Eindrücke wandte ich mich sowohl an die McDonald’s Kinderhilfe als auch an das Deutsche Zentralinstitut für Soziale Fragen (DZI), das das DZI-Spendensiegel vergibt, mit dem sich auch die McDonald’s Kinderhilfe schmückt.

Die Pressesprecherin der McDonald’s Kinderhilfe beharrte mir gegenüber in einer E-Mail vom 17. Dezember 2010 darauf, dass die Förderung der „Arche“ nicht gegen die Förderrichtlinien verstoße:

Die Arche steht allen Kindern unabhängig von deren Weltbild, Religion, Kultur, Geschlecht, Herkunft offen. Es ist oberstes Ziel, Kindern einen Raum zur persönlichen Entfaltung und Entwicklung zu bieten. Es gibt keine uns bekannte Unternehmensrichtlinie, die die christliche Missionierung vorsieht, tendenziöse, weltbildverzerrende Bildung regelt oder die konfessionelle Bindung von Mitarbeitern vorschreibt. Die Arbeit in der Arche basiert auf den allgemeinen pädagogischen Leitlinien einer sozialen Einrichtung. Die Unterstützung der Arche durch die McDonald's Kinderhilfe Stiftung steht damit im Einklang mit §1 Abs. 1 (b) unserer Förderzwecke.

Zurecht weisen Sie darauf hin, dass unsere Förderrichtlinien unter § 1 Abs. 2 "Projekte und Einrichtungen mit politischem oder religiösem Inhalt bzw. Hintergrund" ausschließen. Hierbei geht es einzig um die mit unserer Satzung übereinstimmenden Projekte der zu fördernden Einrichtungen, nicht jedoch um deren Trägerschaft oder die persönliche Vita einzelner handelnder Personen.

Man fragt sich allerdings, was in den Förderrichtlinien mit einem „religiösen Hintergrund“ gemeint sein könnte, wenn diese Beschreibung nicht einmal auf die „Arche“ zutreffen soll. Außerdem heißt es in § 1 Abs. 1 (b), mit dem die Förderung der „Arche“ der Pressesprecherin zufolge in Einklang stehen soll:

(b) Gefördert werden Einrichtungen zur Betreuung von schwer kranken Kindern im Bereich der stationären und ambulanten, präventiven und rehabilitativen Gesundheitspflege.

Ich hatte der McDonald’s Kinderhilfe daraufhin am 17.12.2010 noch einmal ausführlich Belege für den christlich-missionarischen Charakter der „Arche“ gemailt und auch die Studie von Prof. Schmals beigefügt. Dem DZI gegenüber argumentierte die McDonald’s Kinderhilfe dann offenbar anders:

Antwort vom DZI

Vom DZI erhielt ich Anfang Februar eine wesentlich bessere Antwort – eigentlich wäre es Sache der McDonald’s Kinderhilfe gewesen, diese Antwort zu geben. Meine Zusammenfassung:

  • Das DZI prüft lediglich, ob die Spenden satzungskonform verwendet werden. Die Satzung der McDonald’s Kinderhilfe ist aber weiter gefasst als die Förderrichtlinien, so dass die Förderung der „Arche“ immer noch satzungskonform ist.
  • Die Förderrichtlinien beziehen sich – der McDonald’s Kinderhilfe zufolge – nur auf externe Antragsteller. Dies soll in Zukunft deutlicher hervorgehoben werden, die Förderrichtlinien seien in der Tat „missverständlich“. Es stellt sich natürlich die Frage, weshalb die – an sich ja sinnvollen – Förderrichtlinien nur für externe Antragsteller gelten sollen. Und weshalb mir die Pressesprecherin der Kinderhilfe dies nicht gleich mitgeteilt hat, sondern stattdessen behauptete, die „Arche“ hätte gar keinen religiösen Hintergrund.

Die Kinderhilfe reagiert

Meine Anfragen hatte ich, wie gesagt, im Dezember 2010 gestellt. Mittlerweile hat die McDonald’s Kinderhilfe offenbar insofern reagiert, als die Förderrichtlinien auf der Website nicht mehr sichtbar sind und der Slogan umgeändert wurde in „Wir helfen kranken und bedürftigen Kindern.“


Screenshot (5.5.2011).

Das darf ich wohl als Zeichen verstehen, dass meine Kritik berechtigt war.

In Bezug auf die Spendenhäuschen heißt es allerdings immer noch:

Denn jeder Cent zählt, damit am Ende eine große Summe für Familien mit schwer kranken Kindern zusammenkommt. Helfen Sie mit!

 


Screenshot (5.5.2011)

 

Die falsche Reaktion

Damit reagiert die McDonald’s Kinderhilfe meines Erachtens genau in der falschen Richtung: Die Spenden für die McDonald’s Kinderhilfe stammen von Menschen aller möglichen Religionen und Weltanschauungen. Mehr noch: McDonald’s erwartet von seinen Mitarbeitern, Lieferanten und Franchisenehmern (den Restaurantbetreibern), dass auch sie für die McDonald’s Kinderhilfe spenden. Dass die McDonald’s Kinderhilfe von „umsatzbezogenen“ Spenden spricht, lässt darauf schließen, dass es ausgesprochen oder unausgesprochen eine Spendenverpflichtung für die Restaurants gibt. Es bedeutet außerdem, dass man die Kinderhilfe nicht erst mit seiner Spende, sondern bereits mit seiner Bestellung unterstützt.

Im Jahresbericht 2009 machten die Spenden von McDonald’s, den Franchisenehmern und Lieferanten mit 2,9 Mio. Euro den größten Einzelposten der Einnahmen aus, gefolgt von den Spendenhäuschen in den Restaurants mit 1,9 Mio. Euro.

Es ist dann meines Erachtens ein Unding, dass die Fördergelder an deutlich christlich-missionarisch ausgerichtete Organisationen gehen, noch dazu ausschließlich an solche. (Der Großteil des Geldes geht an die Ronald McDonald Häuser und Oasen, nur um das noch einmal klarzustellen. Hier geht es nur um die Fördergelder für Projekte.)

Anstatt darauf zu bestehen, dass die „Arche“ keinen religiösen Hintergrund habe und die Förderrichtlinien nur für externe Anträge gälten, hätte die McDonald’s Kinderhilfe m. E. die Sinnhaftigkeit ihrer eigenen Förderrichtlinien für alle Fördermaßnahmen anerkennen müssen und deren Einhaltung zumindest für die Zukunft ankündigen sollen.

Schade – ich hätte gerne weiterhin die Ronald McDonald Häuser und Oasen unterstützt. Aber die Vorstellung, dass ein Teil meiner Spenden für evangelikale Missionierung verwendet wird, verbunden mit dem Eindruck, dass mich die McDonald‘s Kinderhilfe mit ihrer Antwort offenbar für dumm verkaufen wollte, haben dazu geführt, dass ich jetzt nichts mehr an die McDonald’s Kinderhilfe spende. Ich bin wieder dabei, wenn die bisherigen Förderrichtlinien eingehalten werden.