Benedikt XVI. am Pranger der Zivilgesellschaft

BERLIN. (hpd) Rund 15.000 Menschen demonstrierten am Donnerstag friedlich in Berlin gegen Benedikt XVI. und die menschenverachtende Politik der katholischen Kirche. Während der Papst im Olympiastadion feierte, wurde auf der Abschlusskundgebung der Demo gefordert, die Entscheidungsträger in der Kirche der internationalen Strafgerichtsbarkeit zuzuführen.

 

Die im Vorfeld geäußerte Hoffnung über eine Teilnahme von bis zu 20.000 Menschen bei den Protesten zum Auftakt von Benedikts XVI. Deutschlandreise wurde nicht ganz erfüllt. Am Nachmittag hatten sich anfangs rund 4.000 Demonstranten auf dem Potsdamer Platz eingefunden, wo die erste Kundgebung der Demo unter dem Motto „Keine Macht den Dogmen“ mit deutlicher Verspätung begann. Die Ursachen, so Veranstaltungsleiter Robert Kastl, seien die späte Freigabe des Platzes durch das Ordnungsamt und technische Probleme gewesen.

Als erste Rednerin bezog Irmingard Schewe-Gerigk von Terre de Femmes auf dem Demo-Führungstruck zur vatikanischen Frauen- und Geschlechterpolitik mit deutlichen Worten Stellung. Dabei betonte sie, dass die Demonstration sich nicht gegen gläubige Menschen richte, sondern gegen die menschenfeindliche Geschlechter- und Sexualpolitik von Benedikts XVI. und seiner Kirche.

Benedikt XVI. unterstütze die weltweite Diskriminierung von Frauen durch Herabsetzung, Bevormundung und die Gefährdung ihrer Gesundheit. „Dass der Papst fortlaufend die Nutzung von Kondomen verbietet, Empfängnisverhütung verurteilt und nicht-reproduktiven Sex verdammt, zeigt Ignoranz gegenüber der Lebensrealität und seine Gleichgültigkeit gegenüber dem Leid vieler seiner Anhängerinnen“, kritisierte sie. Denn auch in der Kirche würden seit langem Reformen angemahnt. Seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil hätten über 100.000 Priester ihr Amt wegen einer Liebesbeziehung aufgeben müssen, so Schewe-Gerigk. „Der Staat schützt die Ehe und Familie, die Kirche hat das offensichtlich nicht nötig.“ Den Ausschluss von Frauen von der Priesterweihe sei ein „weiterer Beleg für die frauenverachtende Ideologie des Vatikans“. Die Herabwürdigung von geschiedenen Menschen, die erneut heiraten, wäre mit Blick „auf die Lebensrealität unseres katholischen Bundespräsidenten makaber.“ Sie fragte, was die zum zweiten Mal verheiratete Bundeskanzlerin Angela Merkel davon halte, dass der Papst ihren Glauben als nicht vollwertig betrachtet und meinte, diese solle sich dazu äußern. „Ein bisschen schmunzeln muss ich ja über das Zusammentreffen mit dem so sündigen Regierenden Bürgermeister von Berlin und dem so sündigen Außenminister“, so Schewe-Gerigk weiter. Sie begrüßte außerdem, dass zahlreiche Bundestagsabgeordnete dem von Kirchenpolitikern arrangierten Auftritt des Papstes im Bundestag ferngeblieben waren und stellte fest, dass das Parlament bei diesem Ereignis kein Ort des Dialogs gewesen war.

Uta Ranke-Heinemann sprach zur Kriminalgeschichte des Christentums, wie etwa dem „Blutbad von Thessaloniki“. Dort waren Tausende Menschen niedergemetzelt worden, weil sie die Freilassung eines homosexuellen Wagenlenkers gefordert hatte. Die 83-Jährige, welche einst gemeinsam mit Joseph Ratzinger studiert hatte, erinnerte die Demonstranten anhand zahlreicher Beispiele daran, wie im Laufe der vergangenen 2.000 Jahre aufgrund biblischer Vorstellungen unzählige homosexuelle Menschen verfolgt und getötet worden waren. Die habilitierte Theologin zitierte die Bibeltexte und kirchlichen Dekrete, auf deren Grundlage bis in die heutige Zeit von der Normvorstellung abweichende sexuelle Identitäten und Verhaltensweisen durch die Kirche diskriminiert und herabgewürdigt werden. Die Missbrauchsfälle in katholischen Einrichtungen nannte sie „Verbrechen von zwangsentsexualisierten Priestern an Kindern“. Zur Rolle des heutigen Kirchenführers meinte sie: „Papst Benedikt ist der größte Vertuscher dieser Verbrechen.“