Die Ökumene der Starrsinnigen

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Geldkreuz / Foto Evelin Frerk

FULDA / KIEL. (hpd) Wer sich einmal gefragt hat, was katholische und evangelische Kirche gemeinsam haben, hat nun wieder die Antwort bekommen: Verzichtet wird auf nichts, die Ansprüche seien gesetzlich legitimiert. Es geht um das gemeinsame Prinzip christlicher Ökumene in Deutschland: Was wir haben, geben wir nicht mehr her. Ein Kommentar.

Nach der Rede des Papstes im Freiburger Konzerthaus hatten sich einige der Kommentatoren auf der Interpretationsschiene bewegt, dass der Papst mit seiner Forderung nach „Entweltlichung“ der Kirche in Deutschland und seinem Lob für die zwangsweise Säkularisierung der katholischen Kirche eine Veränderung im Verhältnis von Staat und Kirche in Deutschland in Gang gesetzt habe. Die katholische Bischofskonferenz hat jetzt jedoch klargestellt, dass man sich wahrlich nicht auf diesem Gleis bewege und alles so zu bleiben habe, wie es ist. Zeitgleich wurde sie dabei von der Nordelbischen Kirche flankiert, die sich in den Verhandlungen mit dem Land Schleswig-Holstein über die Höhe der Staatsleistungen als „halsstarrig“ erweist.

Bischofskonferenz

Nach der ersten Überraschung über die Papstrede hatten die Bischöfe erklärt, dass sie die bevorstehende Herbstkonferenz der Deutschen Bischofskonferenz in Fulda auch dazu nutzen würden, sich darüber zu verständigen, was denn der Papst mit seinen Äußerungen gemeint haben könnte. In Abwandlung des evangelischen Kirchenliedes haben sie nun „Ein feste Burg ist unser Geld!“ gesungen.

In einem umfänglichen Pressebericht, der mit vielen Worten nichts Neues bringt, wird gedeutet, was der Papst seinen deutschen Bistümern gesagt hat. Mit seinen Äußerungen will er der katholischen Kirche in Deutschland grundsätzlich „sagen, dass sie nicht oberflächlich sein und Gottesvertrauen bewahren soll. Sie soll Dinge wachsen lassen und sich – ungeachtet aller partikulären Herausforderungen – in das Leben und die Vitalität einer weltumspannenden Kirche einbinden. Der Besuch des Heiligen Vaters entzieht sich einer vordergründigen politischen Deutung und auch manchen Denkschablonen, die in den Medien da und dort angewandt werden.“

Auch in der Konzerthausrede gehe „es um die richtige Verbindung von christlichem Weltdienst aus dem Glauben und christlicher Kritik und Distanz gegenüber der modernen Welt mit ihren vielen Defiziten und Fragen. In diesem Zusammenhang spricht er von der Abschaffung von 'Privilegien', ohne damit die kurzschlüssige, antikirchliche Verwendung dieses Wortes als eines Kampfbegriffs fördern zu wollen.“

Im Klartext: An finanziellen Privilegien werde von Seiten der Kirchen aus nichts geändert, also auch Beibehaltung der Kirchensteuer und des staatlichen Inkasso. Zudem handele es sich dabei nicht um Privilegien, die der Papst gemeint haben könnte, „sondern um die institutionelle Ausgestaltung der Religionsfreiheit.“ Das Gleiche gelte für die Staatsleistungen. Aber man verweigere sich der Debatte nicht. „Allerdings hat es bislang, nicht zuletzt wegen der damit verbundenen, sehr erheblichen Kostenverpflichtungen, keine diesbezügliche Initiative des Staates gegeben. Die Kirche wird sich Lösungen nicht verschließen, wenn diese ausgewogen sind.“ So die Bischofskonferenz - wobei die Bistümer und nicht der Staat entscheiden werden, was als ausgewogen zu betrachten sei.

Warum kündigt der Papst nicht das Konkordat?

Dass allerdings der Papst in seinen Äußerungen tatsächlich nicht ernst zu nehmen ist, nicht nur von seinen Bischöfen in Deutschland, das zeigt sich auch darin, dass er selber, aus eigener Autorität, dazu in der Lage wäre, die Kirche in Deutschland etwas zu „entweltlichen“, wenn er es denn wollte. Dazu brauchte er nur das Konkordat von 1933 zu kündigen. Dieses Konkordat ist mit dem Rechtsträger Heiliger Stuhl in Rom abgeschlossen und unterliegt nicht der Rechtshoheit der deutschen Bistümer. Da in dem Konkordat eine ganze Reihe von Privilegien der katholischen Kirche festgeschrieben wurden, brauchte es nur seine Erklärung, als derzeitiger entscheidungsbefugter Vertreter des Völkerrechtssubjektes Heiliger Stuhl, diesen Vertrag zu kündigen. Das geht auch einseitig.

Schleswig Holstein

Dass es sich in finanziellen Fragen eher um übereinstimmende, also ökumenische christliche Lippenbekenntnisse handelt, verdeutlicht ein aktuelles Geschehen im deutschen Norden.

In Schleswig-Holstein hatte der Landesrechnungshof bereits in seinem Jahresbericht 2007 moniert, dass die evangelische Landeskirche weiterhin steigende Staatsleistungen erhält, obwohl ihre Mitgliederzahl sinkt. Passiert war daraufhin nichts, so dass der Landesrechnungshof in seinem Bericht 2010 dieses Defizit wieder bemängelte und forderte, dass in Zeiten der rigidem Sparmaßnahmen des Landes zur Sanierung des Staatshaushaltes auch die Staatsleistungen an die Kirchen zumindest ‚gedeckelt‘ werden müssten, d.h. nicht weiter steigen. Der FDP-Fraktionsvorsitzende im Kieler Landtag, Wolfgang Kubicki, hatte zudem im Sommer 2010 eine Reduzierung dieser staatlichen Zahlungen um 10 bis 15 Prozent gefordert.

Als sozialer Nebenaspekt sei angemerkt, dass für die Haushaltskonsolidierung Schleswig-Holsteins u.a. das Landesblindengeld um 50 Prozent reduziert wurde, auf 200 Euro.

„Behalten ist seliger als Abgeben“

Auf Nachfragen, was denn nun mittlerweile geschehen sei, hieß es bislang nur, es werde mit der Landeskirche verhandelt und das sei vertraulich. Keine weitere Auskunft. Dieses Schweigen hat nun der schleswig-holsteinische Kultusminister Dr. Ekkehard Klug (FDP) beendet.

Wie Schleswig-Holstein am Sonntag berichtete, habe der Kultusminister sich am vergangenen Samstag über die „starre Haltung“ der Kirchen mokiert und hinsichtlich einer Diskussion über die Reduzierung der Staatsleistungen an die Kirchen gesagt: „Von einer Bereitschaft zur Solidarität mit dem Land Schleswig-Holstein ist auf Seiten der Kirche leider nichts zu spüren - und das in einer Zeit, in der wir in Schleswig-Holstein in vielen Bereichen zu schmerzhaften Einsparungen gezwungen sind." Und weiter habe der Minister seinen Unmut dahingehend präzisiert: „Anscheinend gilt als kirchliches Handlungsprinzip nicht mehr das biblische Motto ’Geben ist seliger als Nehmen’, sondern die neue Formel ’Behalten ist seliger als Abgeben’" Auch angesichts der gestiegenen Kirchensteuereinnahmen sei die Haltung der Kirche unverständlich. Aber das werde, so Kultusminister Klug, nicht ohne Folgen bleiben: „Man wird sich an die starre Haltung der Kirche bei den Verhandlungen erinnern, wenn demnächst wieder von kirchlicher Seite die Mahnung zu hören ist, die Menschen sollten Verzicht üben."

Nach dem Bericht von Schleswig-Holstein am Sonntag warnte die Landeskirche dagegen vor einer „undifferenzierten Debatte". Die Staatsleistungen seien mit konkreten Aufgaben wie der Denkmalpflege, der Seelsorge in Krankenhäusern und Haftanstalten oder der Friedhofsverwaltung verbunden. Diese Darstellung ist allerdings eine bloße Schutzbehauptung, denn im Staatskirchenvertrag Schleswig-Holstein (StKVSH) heißt es dazu in Artikel 18: „Das Land zahlt an die Kirchen vom 1. April 1957 ab als Dotation für kirchenregimentliche Zwecke, als Zuschüsse für Zwecke der Pfarrbesoldung und -versorgung sowie zum Ausgleich der in Artikel 19 und 20 genannten Verpflichtungen jährlich DM 2,9 Millionen (Staatsleistung an die evangelischen Landeskirchen). Der Betrag ist in seiner Höhe den Veränderungen der Besoldung der Landesbeamten anzupassen. Ein Verwendungsnachweis gemäß § 64a der Reichshaushaltsordnung wird nicht gefordert.“

Es sind also vorrangig die Zahlungen für die Beamten des Kirchenamtes und der Kirchenverwaltung und die Pfarrbesoldung. Zu den steigenden Zahlungen (in Anpassung an die Beamtenbesoldung) steht dann aber im Widerspruch, dass sich die Zahl der TheologInnen im aktiven Dienst von 2007 auf 2009 reduziert hat, von 1.473 auf 1.372. Das will in einer glaubwürdigen Argumentation nicht zusammenpassen.

Carsten Frerk