Warum Kirchenmitglieder gehen

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Kirchenaustrittsgründe September 2011 / Grafik: kirchenaustritt,de

INTERNET. (hpd) Auf dem Internet-Portal kirchenaustritt.de werden seit einiger Zeit Hinweise und Tipps zum Kirchenaustritt in Deutschland, Österreich und der Schweiz angeboten. Gleichzeitig sind viele interessante Grafiken und Statistiken zu finden. Das Portal hat auch seit Januar 2008 eine Umfrage über die Gründe des Kirchenaustritts.

 

Es ist aufschlussreich, wie sich allein die Leute, die diese Seite besuchen, äußern. Unter sechs Antworten kann gewählt werden und selbst derjenige, der sich auf dieser Seite nur mal informieren wollte und sich (noch) nicht mit Austrittsabsichten befassen will, findet eine Wahlantwort:

  • Unzufriedenheit mit der Institution Kirche/Amtsträger Kirchensteuer
  • Glaube nicht (mehr) an Gott
  • Glaube jetzt an einen anderen Gott/andere Göttin/Götter
  • Anderes
  • Ich will doch gar nicht austreten

Die monatliche Aufschlüsselung der gegebenen Antworten ist sehr stark davon abhängig, welche Schlagzeilen in der Öffentlichkeit bzw. in den Medien diskutiert werden. In der Tat schnellen dann auch die Besucherzahlen dieser Seite schlagartig in die Höhe, Anfang 2009 etwa doppelt so viele Besucher und im Mai 2010 sogar 3,5 mal mehr. Generell gilt jedoch, dass die Unzufriedenheit mit der Kirche und die Kirchensteuer als die beiden dominierenden Gründe genannt werden, die zusammen bereits 70 bis 80 Prozent abdecken.

Die Unzufriedenheit mit der Kirche zeigt einen Gipfelpunkt im Februar 2009, nachdem Papst Benedikt XVI. im Januar 2009 vier Bischöfe der Piusbrüder aus der Exkommunikation befreit hatte (sie hatten Rom den Gehorsam verweigert und Bischofsweihen durchgeführt). Unter den Rehabilitierten befand sich auch der Holocaust-Leugner Richard Williamson.

Oder der nicht allzu sehr versteckte Missionierungsversuch der Juden anlässlich der Karfreitagsfürbitte 2008.

Oder Mitte 2009 einige Veröffentlichungen zu den Kirchenfinanzen, speziell Kirchensteuern, unter anderem bei Panorama.

Ganz extrem wurde es, als die Vorwürfe gegen Bischof Mixa im Mai 2010 laut wurden. Im gleichen Zeitraum weitete sich der Skandal um die Missbrauchsfälle in katholischen Einrichtungen, ausgelöst durch das Bekenntnis des ehemaligen Rektors des Canisius-Kollegs, aus. Eine Vielzahl von Fällen sexuelles Missbrauchs wurden plötzlich ans Tageslicht gebracht und es wurde bekannt, dass die Kirchenoberen davon sehr wohl wussten, aber außer Versetzung des entsprechenden „geweihten Sünders“ nichts passierte. In Folge dieser Vorfälle haben sehr viele, die sich bis dahin als Christen fühlten, der Kirche den Rücken gekehrt. Es hat auf jeden Fall zum Nachdenken geführt – wofür steht diese Kirche eigentlich? - Will ich da noch dazu gehören?

Auch auf der Seite kirchenaustrittsjahr.de kann man sich umfassend kundig machen. Unter dem Motto „Mehr Netto, mehr Freiheit, mehr Solidarität" findet vom 11.11.2010 bis zum 11.11.2011 das Jahr des Kirchenaustritts statt.

Bei den Kirchenaustrittsgründen war bisher fast bei der Hälfte der Befragten die Kirchensteuer der Hauptgrund. In Zeiten, wo jeder daran interessiert ist, irgendwo zu sparen, sind natürlich Ausgaben wie die Kirchensteuer auf dem Prüfstand und werden oft als verzichtbar angesehen.

Jedoch seit Anfang 2009 verschieben sich die Relationen und es kommt zu einer zunehmenden Unzufriedenheit mit der Institution Kirche insbesondere in den zeitlichen Zuordnungen zu bestimmten oben erwähnten Ereignissen.

Das Meinungsforschungsinstituts Omni Quest kommt Anfang 2010 nach einer Umfrage für den Kölner Stadt-Anzeiger ebenfalls zu ernüchternden Zahlen. Nicht einmal die Hälfte der Gläubigen halten die Katholische Kirche für ehrlich und lebensnah. Unter den Deutschen insgesamt fällt diese Zahl auf unter ein Drittel. Lebensnähe und Glaubwürdigkeit wird der Kirche nur noch von ebenfalls einem Drittel zugesprochen.

Elke Schäfer