Glaube und Religion in Europa

BONN. (hpd) Die Bundeszentrale für politische Bildung hat in der Kategorie  „Wissen“ die Ergebnisse von Eurobarometer-Umfragen von 2005 und 2010 aufgearbeitet, in der Menschen in allen Staaten der EU u.a. zu ihrem religiösen Glauben, ihren persönlichen und europäischen Werten befragt worden waren. Die Ergebnisse sind mehr als bemerkenswert.

Unter der Überschrift „Die Bürger der Europäischen Union“ hat die Bundeszentrale für politische Bildung in mehreren Themenfacetten die Auffassungen und Einstellungen der Bürger in allen 25 Staaten (des Jahres 2005) dargestellt, wie sie vom Eurobarometer, der sozialwissenschaftlichen Forschungseinrichtung der EU, repräsentativ ermittelt wurden. Hier sollen davon die Aspekte von Religionszugehörigkeit, Glaube und Werten betrachtet werden.

In der Europäischen Union gehörten, nach Angaben der Encyclopaedia Britannica, mehr als 80 Prozent der Bevölkerung formal, bzw. nach den Kriterien der Religionen, einer Religionsgemeinschaft an. Das ist eine beachtliche Anzahl, auch stets von den kirchlichen Lobbyisten ins Feld geführt, um die Bedeutung von Religionen in Europa zu untermauern und die Berücksichtigung dieser Mehrheiten in politischen Regelungen zu fordern.

Stellt man den Bürgern selber die Gretchenfrage „Wie hältst du es mit der Religion?“ zeigt sich doch ein deutlich anderes Bild. Lediglich 52 Prozent der Befragten in den 25 EU-Staaten glaubten an einen Gott, 27 Prozent verstehen sich als Transzendentale, die an eine spirituelle Kraft glauben, 18 Prozent glauben weder an einen Gott noch an irgendeine spirituelle Kraft, drei Prozent machten dazu keine Angaben.

Betrachtet man sich die nationalen Unterschiede sind die „Gottgläubigen“-Bevölkerungsmehrheiten in den Staaten mit traditionell überwiegend katholisch-/orthodox-/islamisch-gläubigen Mehrheiten (außer Frankreich) zu finden: Malta, Türkei, Zypern, Rumänien, Griechenland, Portugal, Polen, Italien, Irland, Slowakei, Spanien, Österreich. (Eigenartigerweise sind auch alle finanziell überschuldeten ‚Wackelkandidaten‘ der Euro-Zone in dieser Gruppe.)

Auch in Deutschland war bereits 2005 keine „gottgläubige Mehrheit“ mehr festzustellen (47 Prozent stimmen zu: „Ich glaube, dass es eine Gott gibt“). Auch wenn es weitere 25 Prozent Transzendentale gibt („Ich glaube, dass es eine andere spirituelle Kraft gibt“) und damit rund 70 Prozent der Befragten in Deutschland eine religiös-/transzendentale Sicht auf Mächte haben, so ist es eben nicht mehr die Mehrheit einer ‚geoffenbarten christlichen Gottheit‘.

Damit werden die Ergebnisse der Allgemeinen Bevölkerungsumfrage (ALLBUS) aus dem Jahr 2002 bestätigt, die genauer nach den Gottesvorstellungen nachgefragt hatte. (Gottesvorstellung und Atheisten nach Religionszugehörigkeit). Als Gottgläubige bezeichneten sich 25,2 Prozent der Befragten, an ein Höheres Wesen glauben 34,1 Prozent.

Wenn es denn tatsächlich eine nicht nur mehrheitliche formale Kirchenmitgliedschaft gibt, sondern tatsächlich eine christlich-religiös überzeugte Mehrheit, dann sollte sie sich auch in der Frage der persönlichen wichtigsten Werte bestätigen. Das tut sie allerdings nicht.