Der wahabitische Heilige Stuhl

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Collage: Fiona Lorenz

WIEN. (hpd) Der außenpolitische Ausschuss des Parlaments hat dem „König-Abullah-Zentrum für interreligiösen und interkulturellen Dialog“ in Wien den Status einer „Organisation mit Völkerrechtspersönlichkeit“ zugesprochen. Das wertet das Prestigeprojekt des saudischen Königshauses auf, das Kritiker vor allem als PR-Gag sehen.

Das saudische Königshaus hat sich durchgesetzt. Sein Zentrum für „interreligiösen und interkulturellen Dialog“ soll mehr sein als ein Palais in der Wiener Innenstadt, wo sich Religionsvertreter treffen um mehr oder weniger zwanglos, wie man so sagt, über Gott und die Welt zu reden. Als „Organisation mit Völkerrechtspersönlichkeit“ hat es nach Ansicht des Internationalen Gerichtshofs „die Fähigkeit, Träger völkerrechtlicher Rechte und Pflichten“ zu sein. So etwas wie ein wahabitischer Heiliger Stuhl, vielleicht ohne Diplomatenpässe. Aber das kann noch kommen. Das verleiht dem Zentrum, das Kritiker für eine PR-Aktion eines autokratischen und fundamentalistischen Regimes halten, beträchtliches internationales Gewicht.

Es dürfte kaum ein Zufall sein, dass das Zentrum gleichzeitig eine Charme-Offensive startet. Es soll gar den Wandel in Riad herbeiführen, meint sein Leiter Faisal Abdulrahman Bin Muammar gegenüber der Tageszeitung Der Standard. Und überhaupt den viel strapazierten „Dialog der Religionen“ befördern. Warum es für diese Aufgaben eine „Völkerrechtspersönlichkeit“ braucht, bleibt offen. Diese Frage beantwortet auch die Pressemitteilung des österreichischen Nationalrats nicht. Zumindest nicht inhaltlich. Die Saudis hätten sich das so gewünscht, liest man zwischen den Zeilen. Das habe eben ein Abkommen so vorgesehen. Sonst sei man halt schon besorgt wegen der Menschenrechtslage in Saudi Arabien, heißt es einhellig von SPÖ, ÖVP, BZÖ und FPÖ. Nur nicht genug, um dem Zentrum die Völkerrechtspersönlichkeit zu verweigern. Einzig die Grünen stimmten dagegen. Sie hatten sich von Beginn an skeptisch zum Saudi-Projekt gezeigt.

Bei der Initiative Religion ist Privatsache stößt das Vorgehen des Nationalrats auf Unverständnis. Intiativen-Vorstand Heinz Oberhummer bezeichnet das Zentrum als „eine vom Außenministerium ausgehende Scheinheiligkeit". Eytan Reif, ebenfalls im Vorstand der Initiative, vermutet, dass der Beschluss des außenpolitischen Ausschusses Kritik am Zentrum und seiner auffälligen Förderung durch das Außenministerium vorbeugen soll: „Es kann kein Zufall sein, dass dieses Zentrum unbedingt als Organisation mit Völkerrechtspersönlichkeit errichtet werden soll. So wird es sich nämlich jeder Kritik bezüglich der eigenen Aktivität mit dem Verweis auf einen völkerrechtlich bindenden Vertrag entziehen können“.

Eine zweite Entscheidung rund um das Zentrum löst bei der Initiative reines Kopfschütteln aus. Die ehemalige Justizministerin Claudia Bandion-Ortner (ÖVP) soll dort stellvertretende Generalsekretärin werden. In der offiziellen Begründung von Außenminister Michael Spindelegger (ÖVP) liest sich das so: „Die ehemalige Justizministerin Bandion-Ortner wiederum werde aufgrund ihrer speziellen Erfahrungen helfen, das Zentrum als internationale Organisation aufzubauen.“

Kommentar Reif: „Nach Ansicht aller Medien und praktisch aller Experten ist Bandion-Ortner in ihrer kurzen Zeit als Justizministerin grandios gescheitert und gilt als mitverantwortlich für die große Vertrauenskrise des heimischen Justizsystems. Sie hat durch Dilettantismus und Unfähigkeit geglänzt. Welche speziellen Erfahrungen sie in das Zentrum einbringt, erschließt sich mir beim besten Willen nicht.“ Vielmehr zeige der neue Posten für Bandion-Ortner, wie sehr die christlich-konservative ÖVP offenbar mit dem saudischen Prestige-Projekt verbunden sei.

Christoph Baumgarten