Religiöse Rechte - Notizen Juni 2012

Führungswechsel: Die Southern Baptist Convention, nach der katholischen Kirche die größte Glaubensgemeinschaft in den USA, hat einen neuen Präsidenten. Fred Luter ist der erste Afro-Amerikaner, der dieses Amt ausübt. Dies ist umso bemerkenswerter, da die SBC sich im bewussten Gegensatz zu Baptisten, die eine Abschaffung der Sklaverei forderten, gegründet hatte. Bis in die 60er-Jahre hinein befürworteten ihre Pastoren in den Südstaaten der USA die Rassentrennung. Vor Fred Luter war mit Johnny Hunt bereits ein Native American Präsident. An den realen Machtverhältnissen ändert diese Personalie jedoch wenig. Der Präsident der SBC übt sein Amt in der Regel nur zwei Jahre aus, bevor er seinem Nachfolger das Feld überlassen muss. Die tatsächliche Ausrichtung der Konfession liegt in den Händen von Richard Land und Al Mohler, die beide ihre (protokollarisch niedrigeren) Ämter seit mehr als bzw. knapp 20 Jahren ausüben.

In einem Video der „Truth in Action Ministries“ über den moralischen Niedergang Amerikas kam auch Pastor Peter Hammond aus Südafrika zu Wort. Er hatte dem Apartheidsregime als Offizier gedient. In der Dokumentation beklagte er, dass bei den ersten freien Wahlen in dem Land 1994 keine christlichen Politiker gewählt wurden. (Vgl.: "Vor 20 Jahren wurde die Apartheid beendet") Die Legalisierung von Abtreibung, Pornographie, Homosexualität und der Anstieg der Sexualität in Südafrika seien darauf zurückzuführen. Dazu passt auch, dass der Republikaner Jeff Flake, der in diesem November um den Senatssitz in Arizona kämpft, in den 80er-Jahren als Uran-Lobbyist versuchte, die wirtschaftlichen Sanktionen gegen den Apartheidsstaat zu lockern. (Quelle 1) (Quelle 2)

Der ehemalige republikanische Abgeordnete und gescheiterte Präsidentschaftskandidat 2008, Tom Tancredo geriet diesen Monat erneut in die Kritik. Er hatte einem Auftritt beim Council of Conservative Citizens zugestimmt. Der CoCC ist eine der größten rechtsextremen Organisationen in den USA. Es trauert den Konföderierten Staaten und der Rassentrennung nach. In den vergangenen Jahren waren auch Holocaustleugner gefragte Redner. Nach kritischer Medienberichterstattung zog Tancredo seine Teilnahme an der Konferenz zurück und wollte sich nicht weiter in der Angelegenheit äußern. Der evangelikale Politiker war vor allem wegen seiner harten Haltung gegenüber mexikanischen Einwanderern und durch seinem Vorschlag, islamische Terroranschläge auf amerikanischem Boden mit der Bombardierung der Heiligen Stätten in Mekka und Medina zu beantworten, landesweit bekannt geworden. (Quelle)

Bill Donohue, der Chef der katholischen Liga, legte sich in diesem Monat erneut mit der jüdischen Gemeinde in den USA an. Der progressive Rabbi Arthur Waskow hatte in einem Beitrag für die liberale Huffington Post die Haltung der amerikanischen Bischofskonferenz und des Vatikan in Bezug auf Verhütung kritisiert. Donohue kontaktierte ihn daraufhin umgehend per E-Mail. „Juden sollten sich ihre katholischen Freunde nicht zu Feinden machen, schließlich haben sie so wenige davon.“, so die verklausulierte Drohung. Außerdem solle sich der „hasserfüllte Waskow“ lieber mit dem Kindesmissbrauch durch jüdische Geistliche, statt mit katholischen Angelegenheiten befassen. (Quelle)

Gute Nachrichten für Atheisten: Eine Mehrheit der US-Amerikaner kann sich vorstellen, einem ungläubigen Präsidenten ihre Stimme zu geben. Umfragen in den vorigen Jahrzehnten hatten immer große Abneigung gegen Atheisten gezeigt. Dennoch sind die Zustimmungsraten mit nur 54% (Demokraten 58%, Republikaner 48%) relativ gering. Gleichzeitig zeigt sich aber, dass Afro-Amerikaner oder Frauen kaum noch auf Vorbehalte bezüglich ihrer Eignung für das höchste Staatsamt stoßen. (Quelle)

Gerade konservative Christen können sich aber keineswegs mit Ungläubigen anfreunden. Pastor John Hagee predigte, dass die Vereinigten Staaten weder von noch für Atheisten gegründet worden seien. Jeder Atheist der sich am Christentum störe, solle das Land verlassen, man werde ihn nicht vermissen. (Quelle)

Mitt Romney ist bislang mehr schlecht als recht in den Präsidentschaftswahlkampf hineingestolpert. In den Primaries verlor er Stimmen an seine konservativeren Mitbewerber Rick Santorum und Newt Gingrich, wobei sich die derzeitige Zerrissenheit der republikanischen Partei zeigt. Mittlerweile steht er aber als alleiniger Herausforderer Obamas fest und präsentiert sich erheblich selbstbewusster auf der politischen Bühne. In den letzten Wochen gelang es ihm, immer größere Spendensummen für seinen Wahlkampf aufzutreiben. Außerdem gewann im Bundesstaat Wisconsin der Republikaner Scott Walker die Gouverneurswahlen, was unter Konservativen die Hoffnung auf einen Sieg Romneys befeuerte. Matt Barber sprach von einem Erdbeben und sehnte die „Implosion der Progressiven“ herbei. Dennoch gelingt es Romney wegen seines mormonischen Glaubens nicht, in breite christliche Wählerschichten vorzustoßen. Bill Keller warnte vor dem „satanischen Kult“ und empfahl bei der Wahl im November „Jesus Christus“ auf den Wahlzettel zu schreiben. Eine tatsächliche Umsetzung dieses Planes dürfte aber Obamas Wiederwahl sichern. (Quelle 1) (Quelle 2)

„Joe the Plumber“, der Klempner aus Ohio, der im Präsidentschaftswahlkampf 2008 zum Liebling der Republikaner avancierte und nun selbst um den Einzug in den US-Kongress kämpft, verwunderte viele Amerikaner in einem Werbespot. Während er am Schießstand steht, erklärt er dem potentiellen Wähler, dass freier Waffenbesitz den Armeniern und Juden die Möglichkeit gegeben hätte, sich vor den gegen sie geführten Völkermorden zu schützen. Dem christlichen Fernsehsender CBN hatte er zuvor erklärt, wie er zum christlichen Glauben gekommen sei. Er habe die Bibel und ein naturwissenschaftliches Lehrbuch aus der Schule verglichen. Während die Bibel stets die unverfälschte Wahrheit bliebe, habe man das Lehrbuch bereits sieben Mal von Fehlern bereinigen müssen. (Quelle 1) (Quelle 2)

Redaktion und Übersetzung: Lukas Mihr