Notizen aus Wien

Polemik ersetzt keine Argumente

Wie auch mit vielem anderen nicht. Sein „Zwischenruf“ strotzt vor logischen Fehlern. Sein offenkundiges Unvermögen, einen halbwegs zusammenhängenden und verständlichen Radiokommentar zu verfassen, kaschiert er mit der Ungerechtigkeit der Welt: „Mir fällt auf, dass Menschen über keinen anderen Bereich mit so wenig Wissen, so wenig Information, so wenigen Kenntnissen öffentliche Aussagen und Ansagen machen, wie über den Bereich Religion, Kirche und Glaube.“

Lassen wir mal die Tatsache weg, dass Weiland mit „so wenig (historischem Wissen) […] öffentliche Aussagen und Ansagen“ macht, dass jeder Gymnasiast mit den gleichen Defiziten durchfallen würde. Der Mann will mit diesen Aussagen den konfessionellen Religionsunterricht an öffentlichen Schulen verteidigen! Dann sei ihm gesagt: Die meisten, die die evangelische oder die katholische Kirche kritisieren, haben diesen konfessionellen Religionsunterricht zwangsgenossen. Organisiert von der jeweiligen Glaubensgemeinschaft ihrer Eltern. Wessen Schuld ist es, wenn sie offenbar keine Ahnung vom „Bereich Religion, Kirche und Glaube“ haben und nicht dem „heutigen Erscheinungsbild der Kirchen gerecht werden“?

Ein schlechteres Zeugnis für den konfessionellen Religionsunterricht ist kaum vorstellbar. Polemik ersetzt keine Argumente. Vor allem nicht, wenn man keine hat.

Und noch eine Unterstellung

Es wird dreister. „Viele, die darüber (den Religionsunterricht) reden, haben einen Unterricht von vor 100 Jahren im Blick, d. h. sie reden über etwas, was sie gar nicht kennen. Heute ist der Religionsunterricht keine konfessionelle Indoktrination, sondern ein Beitrag zur Erziehung eines verantwortlichen Lebens in unserer Gesellschaft. Er ist ein Angebot, das umfassende Ganze des Lebens kennen zu lernen, und ganz und gar keine Einführung oder gar Engführung in die Irrationalität.“

Die wenigsten aktiven Religionskritiker sind auch nur annähernd 100 Jahre alt. Die meisten können sich auf die eigenen Schulerfahrungen beziehen oder auf Erfahrungen aus dem persönlichen Umfeld. Sie kritisieren den aktuellen Religionsunterricht und seine gesetzlichen Grundlagen. Die Gnade, keiner Religionsgemeinschaft zwangseingeschrieben zu werden, haben die wenigsten Religionskritiker in Österreich erfahren dürfen. Das ändert sich glücklicherweise. Der Anteil religiös registrierter Kinder sinkt.

Manche Tiere sind gleicher

Ein kleiner Seitenhieb auf „Gottes Werk und unser Beitrag“ muss offenbar auch sein. Weiland spricht von Nächstenliebe und der Freiheit, auch auf andere einen Blick zu haben. „So ist das Wirken in der Öffentlichkeit nicht ein Privileg der Kirchen, sondern ein Beitrag der Kirchen zu einem verantwortlicheren Leben in unserer Gesellschaft.“ Ganz arm, diese Kirchen, dass sie sich das staatlich finanzieren lassen und nachher als eigene Leistung verkaufen. Privilegien bilden wir uns alle nur ein.

Es kommt einem eine Szene aus George Orwells Parabel Animal Farm in den Sinn. Nach der Revolution gegen den Bauern argumentieren die tonangebenden Schweine (Orwells Analogie auf Spitzenvertreter einer Hierarchie), warum sie bei der Nahrungsmittelverteilung bevorzugt werden müssen. Sie würden die besseren Nahrungsmittel, vor allem die Äpfel, eigentlich nicht mögen. Leider, leider müssten sie sie essen um ihre geistigen Fähigkeiten zum Nutzen der Allgemeinheit fit zu halten. Alle Tiere sind gleich. Manche Tiere sind gleicher.

Aktive Verleugnung der Wirklichkeit

Ist dieses Ausmaß an Realitätsverweigerung, ja aktiver Verleugnung dessen, was man gemeinhin als Wirklichkeit bezeichnet, Absicht oder sieht er die Welt wirklich so? Was soll einem mehr Sorgen bereiten? Macht das die Diffamierungen Weilands beleidigender oder ist es eine hinreichende Entschuldigung? Oder einfach nur ein Beispiel, was an staatlich finanzierten theologischen Fakultäten herauskommt? Und warum bietet der ORF solchen obskuren und diffamierenden „Gedanken“ Sendezeit? Das sollte einmal diskutiert werden.