Gestatten: British Humanist Association

Gibt es noch andere säkulare Organisationen in Großbritannien?

AC: Ja, es gibt eine separate Humanist Society in Schottland. Ich bin mir nicht sicher, wie viele Leser etwas über die Verfassungsordnung des Vereinigten Königreiches wissen, aber Schottland ist einerseits Teil von Großbritannien, andererseits gibt es dort eine ganze Reihe regionaler Gesetze, daher gibt es auch eine separate humanistische Organisation, die sich mit den schottischen Besonderheiten auskennt und auseinandersetzt.

Außerdem gibt es auch noch die National Secular Society, eine Lobbygruppe für politischen Säkularismus im Rechtssystem und im Staat. Das ist zwar ein Thema, dass wir auch als Teil unserer Arbeit betrachten, aber auf das diese Gruppe einen besonderen Schwerpunkt gelegt hat. Zuletzt gibt es dann noch eine Organisation mit dem Namen Rationalist Association, deren Wurzeln ebenfalls im 19. Jahrhundert liegen. Sie betreiben einen eigenen Verlag und ein Magazin namens New Humanist.

 

Stehen Sie in direktem Kontakt mit diesen Gruppen?

AC: Oh ja, sicher, in der Tat. Wir teilten dieses Gebäude lange Zeit mit der Rationalist Association. Irgendwann zogen sie dann um, weil sie mehr Platz benötigten. Wir arbeiten aber natürlich auch sehr eng mit der Humanist Society of Scotland zusammen sowie ebenfalls mit der National Secular Society, wenn wir ein gemeinsames Kampagnenthema haben bzw. finden.

Gibt es Aktivitäten, Demonstrationen, Kundgebungen und so weiter, an denen alle Organisationen teilhaben?

AC: Ja, wir kooperieren wie gesagt bei verschiedenen Veranstaltungen und wir versammeln uns jeden September bei einer gemeinsamen Kundgebung für ein säkulares Europa. Vor zwei Jahren haben wir auch einen gemeinsamen Protest gegen den Besuch des Papstes vorbereitet. Aber wir haben unterschiedliche individuelle Schwerpunkte, so dass wir bei Kampagnenthemen häufig mit der National Secular Society zusammenarbeiten und bei Veranstaltungen häufiger mit der Rationalist Association. Wir kooperieren also immer nur zu bestimmten Themen, bei denen es sich anbietet.

 

Was waren im Rückblick auf die letzten zwei Jahre die wichtigsten Themen für die BHA? Ich habe ein wenig über die Diskussion über die Bischöfe im Oberhaus des britischen Parlaments gehört, dem House of Lords.

AC: Ja, die Frage der Bischöfe im House of Lords ist ein Thema, das letztendlich kein glückliches Ende hatte. Es sah im vergangenen Jahr für eine Weile so aus, als könnte es eine große Verfassungsreform der zweiten Kammer unseres Parlaments geben, also in der Kammer, in der derzeit Mitglieder des Parlamentes ernannt werden. Auch wenn die absolute Mehrheit der Mitglieder inzwischen ernannt wird gibt es immer noch eine kleine Zahl erblicher Sitze, was an sich schon ein Missstand ist, außerdem gibt es aber auch automatisch 26 Bischöfe in der zweiten Kammer unseres Parlaments, was absolut empörend und ein klarer Affront gegen die säkularen politischen Prinzipien unseres Staates ist.

Daher war unsere Forderung, die Bischöfe aus dem Oberhaus zu entfernen, ein Teil der Reform-Agenda, die damals im Parlament behandelt wurde. Schlussendlich schlug die Regierung vor, die Zahl der Bischöfe zu reduzieren, auch wenn man sie nicht vollständig abschaffte, was wir natürlich gut geheißen hätten. Also ja, wir betrieben eine ziemlich intensive parlamentarische Kampagne und ich wurde vom parlamentarischen Ausschuss, der zu dem Gesetz arbeitete, aufgefordert unseren Standpunkt vorzutragen, was ich dann auch tat. Wir hatten es geschafft, die Bischöfe zu dem Thema der Reformagenda zu machen, über das am meisten diskutiert wurde und deshalb erhielt die Regierung mehr Einsendungen zu den Bischöfen als zu jedem anderen Thema. Das war schon ein großer Erfolg. Aber am Ende hat leider alles nichts gebracht, weil die Regierung ihre Vorschläge für eine Reform zurückzog und es keinerlei Reform der zweiten Kammer geben wird. Aber wir haben eine große und erfolgreiche Kampagne zu dem Thema veranstaltet.

Eine weitere wichtige Kampagne, die wir schon seit geraumer Zeit vorantreiben, beschäftigt sich mit dem Thema der Konfessionsschulen. Innerhalb den letzten zehn Jahren ist die Zahl staatlich finanzierter religiöser Schulen, sogenannter ‚Glaubens-Schulen‘, stark angestiegen. Unter der derzeitigen Regierung ist dieser Anstieg sogar noch viel schneller vorangeschritten, als das unter der früheren Regierung der Fall war. Das ist sehr bedenklich, weil es sich bei den Glaubens-Schulen um staatlich finanzierte Schulen handelt, die teilweise diskriminierende Schulpolitiken verfolgen, in dem sie z.B. nur die Kinder von bestimmten religiösen Eltern zuzulassen, oder aber indem sie einen voreingenommenen, nicht objektiven Lehrplan in Bezug auf Überzeugungen, Werte oder Ethik verfolgen. Deshalb war unsere Kampagne gegen die Konfessionsschulen in den letzten Jahren sehr intensiv, aber aufgrund der Regierungsreformen wurde sie auch immer schwieriger, weil sehr viel auf der regionalen Ebene, sehr viel mehr vor Ort getan werden musste als  vorher der Fall war. Es ist sehr schwer Menschen zum Handeln zu motivieren und zu mobilisieren, vor allem dann wenn das wogegen man vorgehen will, zugleich in hundert verschiedenen Landesteilen stattfindet, aber eben nicht auf nationaler Ebene. Deshalb haben wir zunehmend örtliche Kampagnen veranstaltet, um neue Glaubens-Schulen bereits vor ihrer Eröffnung zu stoppen und konnten damit eine von Erfolgen erzielen. Wir haben auch rechtliche Schritte eingeleitet, um die Prinzipien der Regierung hinter ihrer „Neue-Schulen-Agenda“ in Frage zu stellen, zu der es deshalb Ende dieses Jahres eine erste Anhörung vor Gericht Ende geben wird.

Andere bedeutende Themen sind für uns der Ausbau von Unterstützung in Gefängnissen und Krankenhäusern und damit einhergehend und Erstellung neuer Programme zur Unterstützung von nicht-religiösen Menschen sowie die Ausbildung von Freiwilligen die solche Aufgaben übernehmen wollen. Ich weiß nicht wie es in anderen Ländern ist, aber in England gibt es staatlich finanzierte Seelsorger in jedem Gefängnis, Krankenhaus, bei den bewaffneten Streitkräften und so weiter, aber keine Ansprechpartner, der für alle anderen in der gleichen Weise da wäre. Hier gibt es ganz klar einen Bedarf, dem wir mit unseren Freiwilligenprogrammen versuchen gerecht zu werden.

Es ist also bunte eine Mischung aus verschiedenen Themen und Problemstellungen, mit denen Sie sich für die Förderung des Humanismus einsetzen und Druck auf die Kirche ausüben?

AC: Ja, es ist eine Mischung, es ist immer eine Mischung. Sie müssen ihr eigenes Programm, ihren eigenen Plan und ihren eigenen Weg fördern; dies, das oder das andere, von dem sie hoffen, damit weiter zu kommen und dazu kommt dann noch all dieser andere Mist auf denen man leider die ganze Zeit zu reagieren hat.

Wie steht es mit Kontakten  bzw. der Zusammenarbeit mit politischen Parteien oder einzelnen Parlamentsmitgliedern?

AC: Nun, wir haben eine humanistische Gruppe im Parlament, die 120 Mitglieder umfasst. Sie besteht sowohl aus Mitgliedern des Parlaments als auch des Oberhauses und setzt sich aus Mitgliedern aller Parteien zusammen. Das ist eine gute Gruppe und wir arbeiten mit ihnen sehr eng zusammen. Ich denke, dass das eine angenehm große Zahl von Menschen ist und wir sind damit sehr zufrieden.

Außerdem haben wir auch humanistische Gruppen innerhalb der drei wichtigsten politischen Parteien. So gibt es eine Labour Humanist Gruppe,  eine Gruppe humanistischer und säkularer liberaler Demokraten, und sogar eine konservative Humanist Association. Wir besuchen jedes Jahr die jährlichen Konferenzen der drei politischen Parteien und machen Veranstaltungen mit der jeweiligen innerparteilichen Humanistengruppe. Die größte ist in der Regel die Gruppe in der Labour Partei, aber auch sehr stark ist die Gruppe in den Liberaldemokraten. Wir machen jedes Jahr ein „Frühstück ohne Gebet“ während des Labour-Parteitags, da die Kirchen bei jeder Konferenz ein „Gebetsfrühstück“ anbieten. Also haben wir eines "ohne Gebet", d.h. wir  frühstücken mit besserem Essen, besserem Kaffee, und in diesem Jahr wurde es auch besser besucht als das Gebetsfrühstück, das und  Ich freue mich das sagen zu können, nicht sehr gut besucht war. Wir hatten mehr als 100 Besucher auf unserer Veranstaltung auf der Labour Conference.