Gestatten: British Humanist Association

Das ist nicht nur eine nützliche Methode um Politiker zu treffen und mit ihnen ins Gespräch zu kommen, sondern auch, um deutlich zu machen, dass wir Interessen haben und einen wesentlichen Faktor in den nationalen Debatten darstellen. Von den Führern der drei großen politischen Parteien können wir den Vorsitzenden der Liberaldemokraten zu unseren Sympathisanten zählen, er ist ein Humanist. Er  hat das Amt des stellvertretenden Premierministers in Großbritannien inne, auch wenn er derzeit nicht unbedingt der populärste Mann der Regierung ist. Natürlich ist auch der Führer unserer Arbeiterpartei nicht religiös. Er ist Atheist, aber ich weiß nicht ob er sich selbst als Humanist versteht. Dann ist da natürlich immer noch der derzeitige Premierminister, der sich selbst als versteht.

Apropos „Frühstück ohne Gebet“ - Ich habe gehört, dass Sie sich bemüht haben die Tradition zu beenden, nach der in den Gemeinderäten jede Ratssitzung mit einem Gebet begonnen wird?

AC: Das ist richtig, insbesondere die Devon Humanisten sind da sehr aktiv gewesen, um Gebete als Teil das formellen Teils der Ratsversammlung zu verhindern, und tatsächlich hat die bereits erwähnte National Secular Society vor kurzem Klagen gegen den Rat eingereicht und diese rechtlichen Schritte gewonnen, nicht weil die Gebete nicht erlaubt waren, aber wegen eines Formfehlers. Der Local Government Act gestattete es nicht, die Gebete abzuhalten könnten. Es war ein zufriedenstellender juristischer Sieg mit Öffentlichkeitswirkung. Leider hat die Regierung gerade angekündigt, dass mit den Gebeten fortgefahren werden kann, weil sie das entsprechende Gesetz im Vorjahr geändert habe. Aber ich hoffe, dass immer mehr Kommunen sich dafür entscheiden werden, keine christlichen Gebete in den Ratssitzungen zu veranstalten. Natürlich ist es viel besser, wenn sich die beteiligten im Klaren darüber sind, dass es sich bei diesen Gebeten um einen pauschalen Akt handelt, über den es aber nachzudenken lohnt, als wenn jeder diesen Akt einfach nur als gegeben hinnimmt. Das Westminster Parlament in London beginnt jeden Tag mit christlichen Gebeten. Sie sind nicht obligatorisch, aber man kann hingehen.

Nachdem das schottische Parlament neu eröffnet wurde, entschieden sich die Beteiligten, nicht zu beten. Stattdessen wurde eine Art Denkpause eingeführt zu der verschiedene Menschen eingeladen werden, um über die Bedeutung der kommenden Arbeit zu reflektieren: Religiöse Menschen, Priester, Imame, Rabbiner und so weiter, aber auch die Humanist Society of Scotland wurde eingeladen, zu Beginn der Sitzungen zu sprechen. Auf diese Weise versuchen sie, etwas für die Bedeutung der Parlamentssitzungen zu tun, eine Art von Feierlichkeit und ständige Reflexion über den Kontext des Ganzen fest in die Sitzung zu integrieren. Natürlich ist die Zusammenstellung der geladenen Gäste nicht repräsentativ, wäre sie es tatsächlich müssten 90 Prozent dieser Eröffnungsbeiträge von der Humanist Society of Scotland vorgetragen werden und lediglich 10 Prozent von einem Priester und ein Rabbi. Aber ich denke das Schottische Parlament hat hier eine gute Lösung gefunden.

 

Ist es richtig, dass in der Republik Irland auch ein Humanist eingeladen wurde, um bei der Amtseinführung des neuen Präsidenten zu sprechen?

AC: Ja, das ist richtig, in der Republik Irland wurde ein Humanist eingeladen.

Zum ersten Mal!

AC: Ja es ist lange Zeit ein sehr katholisches Land gewesen, aber zugleich macht die Republik Irland auch große Fortschritte. Auch humanistischen Eheschließungen sind inzwischen gesetzlich anerkannt.

Sie haben dort große Probleme mit der katholischen Kirche.

AC: Ja, die Kirche erntet das, was sie in dieser Hinsicht gesät hat.

Was werden Ihrer Meinung nach die Themen für die nächsten drei Monate oder in den nächsten drei Jahren sein?

AC: Die Kampagne gegen konfessionelle Schulen wird fortgesetzt und das wird leider extrem wichtig für viele weitere Jahre bleiben. Eines der wachsenden Probleme, das zunehmend von Belang sein wird, ist die Entstehung neuer religiöser Sozialleistungen. Unser Sozialstaat wird derzeit reformiert, wir sind derzeit mittendrin, und unsere öffentlichen Dienste befinden sich in Umwandlung, d. h. Dienstleistungen, die einst direkt von staatlichen Einrichtungen durchgeführt wurden, sollen und werden jetzt an andere Organisationen vergeben.

In Deutschland sind Caritas und Diakonie, also die katholische und evangelische Kirche, die größten Wohlfahrtsverbände in Deutschland mit über 1,2 Millionen Beschäftigten.

A.C.: Ach wirklich? Das ist zwar in Großbritannien nicht der Fall, aber das kann auch hier passieren. Das ist die Richtung, in der die Dinge in Großbritannien gehen. Es wird nie zu diesem Ausmaß kommen, das glaube ich nicht, oder es passiert nicht auf einmal, aber es gibt immer mehr, vor allem lokale Dienstleistungen, die ausgegliedert und an religiöse Gruppen vergeben werden. Das wirft natürlich alle die Probleme auf, von denen ich sicher bin, dass es sie auch in Deutschland gibt: Beschäftigungsfragen, Finanzierung der Leistungserbringung, Fragen bis hin zu dem Problem, ob die Dienste wirklich für alle dortigen Nutzer sind oder sind sie Missionierung oder Evangelisierung mit öffentlichen Geldern? Das ist ein aufstrebendes Thema für uns, bei dem wir bereits mittendrin sind, aber es wird in der Zukunft sicherlich noch mehr an Bedeutung bekommen.

Wir hoffen auch, in den nächsten zwei Jahren mehr Zeit mehr Zeit für die Arbeit in den Schulen zu haben. Denn vor sechs Jahren besagten die nationalen Leitlinien für Bildung über Überzeugungen und Werte in den Schulen in England und Wales, dass der Humanismus neben der Religion in unseren Schulen gelehrt werden sollte, und wir wollen mehr tun, um das mit Ressourcen, Vorträgen und Lehrmaterial zu unterstützen - eine sehr wichtige Sache in den nächsten zwei Jahren.

Interessant, in Deutschland gibt es säkulare Pläne, Evolution in die Grundschulen zu bringen. Große 50 Meter lange Plakate, die Kinder weiter zeichnen können, um gegen den Kreationismus zu arbeiten.

A.C.: Haben Sie Probleme mit Kreationismus?

Nicht dramatisch, aber Humanismus ist in Deutschland auch nicht sehr weit verbreitet.

A.C.: Wir hatten einen sehr guten Erfolg, aufgrund einer sehr guten Kampagne, als wir die Regierung veranlassten, Kreationismus in den neuen freien Schulen zu ächten, was gut war. Aber es ist ein Problem, das vor allem aus Amerika kommt, mit einer Menge Geld dafür.