"Ethik ist älter als der Mensch"

Niederlande – Unser moralischer Charakter ist älter, als wir denken, sagt der Star-Primatologe Frans de Waal in seinem Buch "De Bonobo en de tien geboden" (Der Bonobo und die zehn Gebote) und beweist z. B. die Existenz von Gefühlen der Gerechtigkeit bei Affen, Ratten und Elefanten.

Mit seinen Studien über das Verhalten von Affen hält er den Menschen einen Spiegel vor. Der 64-jährige Primatologe begann seine Forschung in den Niederlanden, aber lebt und arbeitet seit vielen Jahren in den Vereinigten Staaten, wo er ein internationaler Star auf seinem Gebiet ist. Sein Buch "Chimpanzee Politics: Power and Sex Among Apes" ist immer noch eines der meistgelesenen Bücher unter den amerikanischen Politikern des US-Senats.

Die Zeitung "De Volkskrant" gab De Waal in einem Interview moralische Dilemma vor, die in der menschlichen Gesellschaft alltäglich sind und bat den Biologen um Vergleiche mit dem Tierreich.

Das erste Dilemma war: Wie gehen wir mit unseren älteren Mitmenschen um? Sind wir bereit, noch in Personen zu investieren, die wenig produktiv für die Gesellschaft sind und nicht mehr lange zu leben haben? De Waal dazu: Affen lassen einander nicht im Stich, sondern helfen sich gegenseitig. Einige Wissenschaftler nennen es einen evolutionärer Fehler: ein kranker Artgenosse bremst ab und man sollte ihn besser zurücklassen. Soziale Tiere verfügen aber über Empathie: die Fähigkeit sich in einen Anderen zu versetzen.

Auch die Dilemma "Wie verteilen wir den Wohlstand?" und "Ab wann ist das Verhalten eines Menschen inakzeptabel?" werden mit dem Tierreich verglichen. So beschreibt de Waal, wie die Tiere sich schneller versöhnen, wenn sie einander noch benötigen, zum Beispiel, um Essen zu bekommen. Bei Tieren können die Gefühle der Empathie so stark sein, dass sie ihre Variante des Wohlstands – Essen – stehen lassen. Schimpansen befolgen moralische Regeln und benennen sogar Schiedsrichter.