Schweiz

Über Nathan hinaus weise weiter denken

Reta Caspar schreibt in ihrer News.ch-Kolumne:

Der Ständerat hat (vor)gestern eine Motion von Hans Altherr (FDP AR) abgelehnt, die einen "Toleranzartikel" für die Bundesverfassung gefordert hat. Das ist richtig so: Toleranz unter Religiösen ist hierzulande nämlich zunehmend eine Toleranz unter Minoritäten, da eine wachsende Mehrheit der Bevölkerung (auch der MigrantInnen) den Religionen distanziert gegenüber steht. Dem sollten auch Regierung und Verwaltung vermehrt Rechnung tragen.

Seit 1999, seit die revidierte Bundesverfassung in Kraft ist, gab es verschiedene Versuche, die Stellung der Religionen in der Schweiz in der Bundesverfassung zu regeln. Bereits kurz nach der Revision lancierten die Reformierten die Idee eines Religionsartikels, welcher eine anerkennende Würdigung der Religionen durch den Staat zum Ausdruck bringen sollte. Zur Initiative konnten sich die Reformierten nie durchringen - wohl aus der Einsicht, dass ihre Idee im Volk nicht mehrheitsfähig sein könnte. Aber auch entsprechende Standes- und parlamentarische Initiativen sind mittlerweile vor allem am Ständerat gescheitert. Erfolgreich war 2009 das Minarettverbot, das trotz Ablehnung durch das Parlament, die "Landeskirchen", die Mehrheit der Parteien und auch der Freidenker angenommen wurde. Als Reaktion darauf hatten die Juristen Paul Müller und Daniel Thürer die Idee eines "Toleranzartikels" in die Diskussion gebracht, die nun von Ständerat Altherr portiert wurde.