Ein Fall für sich: 
Die Limburger Bistumsbilanz

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BERLIN. (hpd) Durch Buchhaltungstricks hat das Bistum Limburg in seinem Jahresabschluss 2013 beim operativen Ergebnis statt eines Überschusses von 13 Millionen Euro ein Defizit von 59 Millionen ausgewiesen. Dazu wurden die laufenden Aufwendungen durch eine einmalige Umbuchung bei den Pensionsrückstellungen um 60 Millionen erhöht, zudem wurden die laufenden Erträge um 11 Millionen verringert, indem Kirchensteuer in das neutrale Ergebnis verschoben wurde.

Nachdem in Teil 1 das Eigenkapital und in Teil 2 die Ertragslage deutscher Bistümer analysiert wurden, nimmt Matthias Krause in Teil 3 seiner Analyse den Jahresabschluss des Bistums Limburg genauer unter die Lupe.

Aus Sicht der Limburger Bistumsverantwortlichen muss die Veröffentlichung der Bistumsbilanzen ein voller Erfolg gewesen sein. So meldete der “seriöse” Deutschlandfunk: “Das Bistum hat den Angaben zufolge im vergangenen Jahr 191 Millionen Euro Kirchensteuern eingenommen. Die Ausgaben übertrafen demnach die Einnahmen um fast 59 Millionen Euro. Dies wurde durch Rücklagen und Erträge der Finanzanlagen ausgeglichen. ‘Die Kirche muss lernen, umfassend Rechenschaft über das Geld abzulegen, das ihr von den Mitgliedern anvertraut wird’, sagte der stellvertretende Übergangsverwalter der Diözese, Wolfgang Rösch. ‘Das wichtigste Kapital der Kirche ist das Vertrauen der Menschen.’”

Beim Deutschlandfunk ist das Vertrauen in die Kirche offenbar immer noch völlig ungetrübt. Sonst hätte sich dort vielleicht mal jemand gefragt, wie plausibel es ist, dass ausgerechnet im deutschen Bistum mit dem höchsten Pro-Kopf-Kirchensteueraufkommen die Ausgaben die Einnahmen um knapp 60 Millionen Euro übersteigen sollen. Das entspricht immerhin den Kosten für zwei 30-Millionen-Residenzen.

Man fragt sich, was noch passieren muss, bis Journalisten kirchliche Informationen nicht mehr völlig unkritisch übernehmen. Das 59-Millionen-Defizit in der Limburger Ergebnisrechnung kommt nicht daher, dass die Ausgaben höher waren als die Einnahmen, sondern daher, dass man ein Defizit präsentieren wollte. Es ist ein Ergebnis der speziellen Limburger Rechnungslegung. Jedes andere deutsche Bistum, das Jahresabschlüsse veröffentlicht, hätte beim gleichen Sachverhalt einen Überschuss ausgewiesen.

Fehlender Ausweis des Eigenkapitals

Wie in Teil 1 erwähnt, war das Bistum Limburg Vorreiter unter den deutschen Bistümern, als es 2003 den Umstieg von der Kameralistik auf die Doppik wagte. Zuvor musste es ein Konzept erarbeiten, um die kaufmännische doppelte Buchführung an die Belange der Kirche anzupassen. Denn bei einem Bistum wird nicht gewinnorientiert gearbeitet, sondern ein Haushalt bewirtschaftet. In Teil 2 wurde erklärt, dass dies zu zwei Sichten auf die wirtschaftliche Situation des Bistums führt: Zum Einen die “doppische” Sicht, die “ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage” vermitteln soll, und zum Anderen die “haushälterische” Sicht, bei der es darum geht, das Aufkommen an Finanzmitteln unterschiedlichen Zwecken zuzuweisen. Finanzmittel, die für Folgejahre vorgesehen sind, gelten im Haushalt bereits als verbraucht, obwohl sie noch gar nicht ausgegeben wurden.

Offenbar ist man bei den Bistümern Limburg und Speyer der Auffassung, es sei sachgerecht, die im Haushalt bereits verplanten (oder zumindest bestimmten Zwecken zugewiesenen) Beträge nicht mehr im Eigenkapital, sondern getrennt davon auszuweisen, um den tatsächlichen finanziellen Spielraum des Bistums besser darzustellen. Die folgende Darstellung zeigt links die vom Bistum Limburg veröffentlichte Gliederung, rechts eine HGB-konforme Gliederung.

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Dass die HGB-konforme Gliederung allerdings für kirchliche Zwecke ebenfalls geeignet ist, ergibt sich bereits daraus, dass die Bistümer Hildesheim, Essen, Trier, und wahrscheinlich auch Hamburg (das keine Bilanzen veröffentlicht, sondern nur “Gewinn- und Verlustrechnungen”) für ihre Jahresabschlüsse einen HGB-konformen Ausweis gewählt haben. Man sieht auch sofort, dass das HGB-Schema exakt dieselben Informationen liefert: Das “Kapital” ist rechts genau so gut erkennbar wie links. Es gibt nur einen Unterschied: Im HGB-Schema wird der Gesamtwert des Eigenkapitals – der auch zum Vergleich mit den anderen Bistümern benötigt wird – direkt als Summe ausgewiesen.

Die Limburger Bilanz tut dies nicht. Außerdem ist an der Limburger Darstellung zu bemängeln, dass der dort gewählte Begriff “Kapital” allzu leicht mit dem (doppelt so hohen) “Eigenkapital” verwechselt werden kann, insbesondere von Unkundigen. Zu den Anforderungen an Jahresabschlüsse zählt nicht nur, dass sie “wahr” sein müssen (“Bilanzwahrheit”), sondern sie müssen auch “klar” sein (“Bilanzklarheit”). Die Limburger Darstellung wird der Anforderung nach Bilanzklarheit nur eingeschränkt gerecht.

Niedrigeres Eigenkapital durch höhere Pensionsrückstellungen

Aus den Erläuterungen zur Limburger Bistumsbilanz (S. 20) geht hervor, dass bei der Bewertung der Pensionsrückstellungen von der HGB-konformen Bewertung abgewichen wurde. Als Grund wird angeführt, dass bei den derzeitigen Niedrigzinsen die Pensionsrückstellungen nach HGB nicht für die späteren Ansprüche ausreichen: “Bei der Bemessung der Rückstellungen des Versorgungsfonds (Altersversorgungs- und Beihilfeverpflichtungen) geht das Bistum über die handelsrechtlichen Vorschriften … hinaus.”

Was in den Erläuterungen so gewissenhaft klingt (dann man nämlich “über die handelsrechtlichen Vorschriften hinaus” geht) bedeutet nichts anderes, als dass die Pensionsrückstellungen um 60 Mio. höher bewertet wurden als nach dem Handelsrecht zulässig. Dadurch verringert sich das ausgewiesene Eigenkapital sich im Gegenzug ebenfalls um 60 Mio. Euro. Dies erschwert den Vergleich mit anderen Bistümern. Kein anderes Bistum weicht bei seiner Bilanzierung in dieser Weise vom HGB ab.

Was allerdings nicht heißt, dass der Problematik andernorts nicht Rechnung getragen würde. Dass es auch HGB-konform geht, zeigt das Bistum Hildesheim: Dort wurde zusätzlich zu den (HGB-konform bewerteten) Pensionsrückstellungen eine Versorgungsrücklage gebildet, die (wie gemäß HGB alle Rücklagen) Bestandteil des Eigenkapitals ist und dessen Höhe dadurch nicht beeinflusst. Um die Bilanz des Bistums Limburg HGB-konform und somit vergleichbar zu machen, sind daher die Pensionsrückstellungen um 60 Mio. Euro zu vermindern und die Rücklagen um denselben Betrag zu erhöhen:

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Außer den überhöhten Pensionsrückstellungen verfügt das Bistum übrigens zusätzlich noch über eine Versorgungsrücklage von 7,6 Mio. (“Satzungsgemäße Rücklage”, S. 28). Die Pensionen im Bistum Limburg wären also selbst bei noch niedrigeren Zinsen sicher.

60 Millionen zu hohe Aufwendungen

Bis 2012 verfuhr das Bistum Limburg wie das Bistum Hildesheim HGB-konform und wies das Extra-Kapital zur Absicherung der Pensionsansprüche komplett als Versorgungsrücklage aus. Irgendwann vor der Erstellung des Jahresabschlusses 2013 kam man dann offenbar auf den Gedanken (warum nur?), stattdessen die Pensionsrückstellungen nach oben anzupassen (s. o.). Obwohl es sich dabei laut Finanzbericht (S. 35) “um eine reine Umschichtung von Mitteln innerhalb des Versorgungsfonds von den Rücklagen zu den Rückstellungen” handelte, entschied man sich, diese reine Umschichtung “aus Gründen der Transparenz” in der Ergebnisrechnung als Einmalaufwand innerhalb der laufenden Aufwendungen auszuweisen. Die Gegenposition versteckt sich in der Ergebnisrechnung dort, wo eigentlich “Veränderungen der Rücklagen aus Budgetresten” ausgewiesen werden sollen. Bei genauer Betrachtung zeigt sich allerdings, dass in dem Saldo für Budgetreste nicht nur die Veränderungen der Budgetreste enthalten sind, sondern auch “u.a.”. Mit “u.a.” ist offenbar die Entnahme aus der Versorgungsrücklage in Höhe von 60 Mio. gemeint. Die tatsächlichen Entnahmen aus Budgetresten machen nur 15 Mio. aus, ein Fünftel des dafür ausgewiesenen Betrages.

Der Bilanzklarheit dient das nicht gerade.

Durch die vom HGB, den anderen Bistümern und selbst der bisherigen Limburger Praxis abweichende Erhöhung der Pensionsrückstellungen und die Verbuchung dieses einmaligen Effekts bei den laufenden Aufwendungen kommt in der Ergebnisrechnung des Bistums Limburg (S. 32–33) das negative operative Ergebnis (I) von minus 59 Mio. zustande. Ohne diesen Effekt hätte das operative Ergebnis (I) stattdessen bei plus 1,5 Mio. gelegen.

11 Millionen zu wenig Kirchensteuer in der Ergebnisrechnung

Obwohl der Finanzbericht des Bistums Limburg bei der Darstellung zur Verwendung der Kirchensteuer (S. 38–39) korrekt den dem Bistum zustehenden Betrag von 191 Mio. ausweist, werden in der Ergebnisrechnung bei den laufenden Erträgen unter „Kirchensteuer“ nur 180 Mio. – also 11 Mo. weniger – ausgewiesen.

Die 191 Mio. ergeben sich aus dem Brutto-Kirchensteueraufkommen von 204 Mio. €, von dem “Clearing-Vorauszahlungen” in Höhe von 13 Mio. Euro an andere Bistümer abgeführt werden müssen. Der Rest steht dem Bistum zu.

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Bei diesen Zahlungen handelt es sich aber, wie der Name schon sagt, lediglich um Vorauszahlungen –vergleichbar monatlichen Abschlagzahlungen an den Stromversorger, bevor die Endabrechnung durchgeführt wird. Bei der endgültigen Clearing-Abrechnung (die nicht jährlich stattfindet, sondern erst einige Jahre später) kann es dann zu Erstattungen oder Nachzahlungen kommen. Um dem Risiko von Nachzahlungen vorzubeugen, hat das Bistum Limburg eine “Clearing-Schwankungsreserve” in Höhe von 54 Mio. Euro gebildet (vgl. Bilanz und S. 29 im Finanzbericht). Zusätzlich zu dem Betrag für die Clearing-Vorauszahlung zieht das Bistum Limburg vom Kirchensteueraufkommen – zumindest hat es das beim Jahresabschluss 2013 getan – noch eine “Sicherheitsreserve” (S. 34) von 11 Mio. Euro ab, die der Clearing-Schwankungsreserve zugeführt werden sollen, für den Fall, dass das Bistum bei der endgültigen Clearingabrechnung nachzahlen muss.

Nun heißt es: Aufgepasst! Das Bistum Limburg bucht diesen Sachverhalt so, dass zunächst die Summe (24 Mio.) aus Clearingvorauszahlung und Sicherheitsreserve von der Kirchensteuer abgezogen wird. Dadurch verwandelt sich das Brutto-Kirchensteueraufkommen von 204 Mio. Euro in “laufende” Kirchensteuererträge von 180 Mio. Euro.

Beim Jahresabschluss für 2013 hat man beim Bistum Limburg dann allerdings festgestellt, dass die Clearing-Schwankungsreserve mit 54 Mio. Euro bereits “ausreichend dotiert” war (S. 34). Was also tun mit der Sicherheitsreserve? Das Bistum hat zunächst den kompletten Betrag von 24 Mio. “rechnerisch” (S. 34) der bereits ausreichend dotierten Clearing-Schwankungsreserve zugeführt und diesen Betrag dann sogleich “zugunsten des Neutralen Ergebnisses” wieder aufgelöst (neutrale Erträge). Die Clearing-Vorauszahlung von 13 Mio. Euro wurde dann zu Lasten des Neutralen Ergebnisses gebucht (neutraler Aufwand).

Dies führt dazu, dass von der dem Bistum Limburg zustehenden Kirchensteuer in Höhe von 191 Mio. Euro nur 180 Mio. in der Ergebnisrechnung als “Kirchensteuer” ausgewiesen werden. Die Differenz von 11 Mio. geht in den “neutralen Erträgen” unter.

Darüber hinaus vermittelt die Darstellung zur Verwendung der Kirchensteuer (S. 38–39) nun einen falschen Eindruck:

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Statt (wie weiter oben) die Bruttokirchensteuer abzüglich der Clearing-Vorauszahlung auszuweisen, vermittelt das Bistum Limburg mit seiner Darstellung den Eindruck, zu den laufenden Kirchensteuern aus 2013 seien zusätzlich noch nicht mehr benötigte Kirchensteuermittel aus Vorjahren hinzugekommen. Tatsächlich stammen aber sämtliche hier ausgewiesenen Erträge aus 2013.

Es stellt sich die Frage, was die Verantwortlichen beim Bistum Limburg bewogen hat, sich für dieses umständliche und intransparente Verfahren zu entscheiden. Fakt ist jedenfalls: Wäre unter den laufenden Erträgen das tatsächlich dem Bistum zustehende Kirchensteueraufkommen von 191 Mio. Euro ausgewiesen worden, wäre das operative Ergebnis (I) selbst nach der Belastung durch die 60-Millionen-Umbuchung bei den Pensionsrückstellungen immer noch positiv gewesen. Hier eine Darstellung der Effekte:

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Diese Darstellung lässt erkennen, welche Effekte die Erhöhung der Pensionsrückstellungen und die umständliche Clearing-Verbuchung haben: Sie drehen das tatsächlich positive operative Ergebnis (I) (vor der Entnahme von Budgetresten) weit ins Minus. HGB-konform ist diese Gliederung allerdings immer noch nicht.

7 Mio. zu niedriges Gesamtergebnis

Seinem Finanzbericht zufolge (S. 18) “orientiert” sich das Bistum Limburg bei der Gliederung seiner Ergebnisrechnung am Schema des § 275 HGB (Gliederung der Gewinn- und Verlustrechnung) – allerdings “unter Berücksichtigung von Anpassungen, die im Hinblick auf die Eigenheiten einer kirchlichen Körperschaft vorgenommen wurden.”

Eine solche “Anpassung” ist der Umstand, dass das Bistum Limburg in seiner Ergebnisrechnung Veränderungen bei den Rücklagen (Budgetresten) vor dem Jahresergebnis ausweist (“Saldo Veränderung der Rücklagen aus Budgetresten”). Dabei schreibt § 275 (4) HGB vor, dass Veränderungen bei den Rücklagen erst nach dem Posten “Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag” ausgewiesen werden dürfen. (Gemeint ist hier das Gesamtergebnis.)

Diese Technik verwendet außer dem Bistum Limburg auch das Bistum Speyer. Sie dient dazu, dass das Gesamtergebnis statt des “doppischen” Jahresergebnisses das Haushaltsergebnis darstellt. Denn die Entnahmen aus den Budgetresten bilden ab, in welchem Umfang Maßnahmen des laufenden Jahres durch Haushaltsmittel aus Vorjahren finanziert werden. Und die Zuführungen zu den Budgetresten spiegeln wider, wie viele Mittel aus dem laufenden Haushaltsjahr für Folgejahre verplant (oder zweckgebunden) wurden.

Diese Technik ist allerdings ebenso unsachgerecht wie unnötig. Das zeigt sich wieder an dem Umstand, dass die Bistümer Hamburg, Hildesheim, Essen und Trier ihre Ergebnisrechnungen HGB-konform gliedern. Für das Bistum Limburg sähe eine HGB-konforme Darstellung so aus:

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Hieran lässt sich nun zeigen, weshalb die Gliederung von Limburg und Speyer unsachgerecht und unnötig ist: Aufgabe des Jahresabschlusses ist es, wie gesagt, “ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage” des Bistums zu vermitteln. Die Ertragskraft des Bistums wird durch das Jahresergebnis repräsentiert, das ist der Überschuss vor den Budgetveränderungen. Denn ein Bistum, das – wie hier – am Ende des Jahres noch netto 6,5 Mio. Euro zusätzlich für zukünftige Haushaltsjahre zur Verfügung stellen kann, ist eben um 6,5 Mio. Euro ertragsstärker als ein Bistum, das das nicht kann.

Der Jahresüberschuss nach den Veränderungen bei den Budgetresten – also nach dem Abruf von Haushaltsmitteln aus Vorjahren und Verplanung für zukünftige Jahre – stellt den Teil des Überschusses dar, der die “freie Rücklage” des Bistums erhöht – die Position, die das Bistum Limburg mit “Kapital” bezeichnet. Wie man sieht, lassen sich die “doppische” Sicht und die Haushaltssicht völlig problemlos in der Ergebnisrechnung kombinieren. Es besteht also auch für die Kirche kein Grund, von der Gliederung nach HGB abzuweichen.

Die von den Bistümern Limburg und Trier gewählte Darstellung führt dazu, dass der tatsächliche Jahresüberschuss nicht mehr erkennbar ist: Statt zunächst das “objektive” doppische Jahresergebnis auszuweisen, teilen Limburg und Speyer dieses gleich in zwei Posten auf, die beide vom Ermessen des Bistums abhängen: nämlich wie viele Mittel man vom Jahresüberschuss (so es einen gibt) für zukünftige Haushaltsjahre verplanen will (Saldo bei den Budgetresten) und welchen Teil man der freien Rücklage zuführen will (“Gesamtergebnis”). Damit sind diese Zahlen für sich genommen wenig aussagekräftig. Und es ist auch kein sachgemäßer Vergleich mit anderen Bistümern mehr möglich, weil jedes Bistum sein “Gesamtergebnis” mehr oder weniger so ausweisen kann, wie es will.

Wie in Teil 2 gezeigt wurde, erwirtschaften die deutschen Bistümer aufgrund ihrer vorsichtigen Haushaltsplanung systematisch Überschüsse. Ein Bistum, dass die Höhe seiner Überschüsse verschleiern will, kann dies in der vom HGB abweichenden Gliederung tun, indem es entsprechend viele Mittel in die Budgetrücklagen packt.

Zwischenfazit

Es wurde gezeigt, dass die “Anpassungen” gegenüber dem HGB, die das Bistum Limburg in seinem Jahresabschluss sowohl bei der Darstellung als auch bei der Bewertung (seiner Pensionsrückstellungen) vorgenommen hat, ebenso unsachgemäß wie unnötig sind. Die HGB-konformen Jahresabschlüsse, die die Bistümer Hamburg, Hildesheim, Essen und Trier gewählt haben, liefern nicht nur dieselben Informationen – sie liefern bessere Informationen.

Die Änderungen, die das Bistum Limburg bei der Gliederung seiner Bilanz vorgenommen hat, führen dazu, dass das Eigenkapital nicht mehr in Summe ausgewiesen wird. Die Höherbewertung der Pensionsrückstellungen führt dazu, dass das Eigenkapital im Vergleich zu anderen Bistümern selbst dann noch zu niedrig ausgewiesen wird (und die Rückstellungen zu hoch), wenn man sich die Mühe macht, das Eigenkapital aus den einzelnen Positionen der Limburger Bilanz zu berechnen. Die Wahl des Begriffs “Kapital” lädt zu Verwechslungen mit dem Eigenkapital ein.

Der Ausweis eines Teils der Kirchensteuer im neutralen Ergebnis erscheint unsachgemäß. Ebenso unsachgemäß ist die Entscheidung, die ohnehin schon unangebrachte Erhöhung der Pensionsrückstellungen als Einmaleffekt in den laufenden Aufwendungen auszuweisen statt im neutralen Ergebnis. Die Vermengung von Budgetresten mit anderen (nicht näher bezeichneten) Rücklagen in der Position “Saldo Veränderungen der Rücklagen aus Budgetresten” ist unsachgemäß. Dies um so mehr, als die in dieser Position enthaltene Entnahme aus der Versorgungsrücklage betragsmäßig vier mal so hoch ist wie die hier eigentlich auszuweisenden Entnahmen aus Budgetresten. Eine entsprechende Kennzeichnung oder Unterteilung fand nicht statt. Das Bistum Limburg scheint einerseits (insbesondere durch den Aufbau einer Clearing-Schwankungsreserve) zu versuchen, das operative Ergebnis von störenden Einflüssen frei zu halten. Dies verträgt sich nicht damit, dass andererseits das selbe operative Ergebnis durch den Einmaleffekt bei den Pensionsrückstellungen von einem Plus (13 Mio.) in ein überproportionales Minus (–59 Mio.) verwandelt wird.

Wie das Eigenkapital aus der Limburger Bilanz verschwand auch der Jahresüberschuss aus der Limburger Ergebnisrechnung. Stattdessen weist das Bistum Limburg in beiden Füllen mehrere separate Posten aus, die nicht mehr objektiv sind, sondern der Einflussnahme des Bistums unterliegen. Das Bistum macht damit einen Vergleich mit anderen Bistümern zwar nicht völlig unmöglich. Es erschwert ihn aber immens und beschwört geradezu Missverständnisse und Fehlinterpretationen herauf. Diese “Anpassungen” können auch nicht mit dem Hinweis auf “kirchliche Eigenheiten” begründet werden.

Die Abweichungen, die das Bistum Limburg in seinem Jahresabschluss nicht nur gegenüber dem HGB, sondern auch gegenüber den anderen Bistümern vorgenommen hat, sind also weder mit “kirchlichen Eigenheiten” noch mit dem Willen zu Transparenz erklärbar. Allerdings ergibt sich ein stimmiges Bild, wenn man unterstellt, dass die Limburger Verantwortlichen “die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage” ihres Bistums verschleiern und damit den Zweck des Jahresabschlusses gerade hintertreiben wollten.

Die Idee, ausgerechnet 2013 60 Mio. von der Versorgungsrücklage in die Pensionsrückstellungen umzubuchen, diesen Einmaleffekt im laufenden Ergebnis auszuweisen und einen Teil der Kirchensteuer in das neutrale Ergebnis zu verschieben, lassen sich dann mit dem Wunsch erklären, “auf Teufel komm raus” ein negatives operatives Ergebnis produzieren zu wollen.

Im Lichte dieser Überlegungen sind auch die folgenden beiden Kritikpunkte zu sehen:

Fehlende Vorjahreswerte

§ 265 Absatz 2 HGB (Allgemeine Grundsätze für die Gliederung des Jahresabschlusses) schreibt vor, dass in Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung (hier: Ergebnisrechnung) zu jedem Posten der entsprechende Betrag des Vorjahres anzugeben ist. Die Bistümer Hamburg, Hildesheim und Speyer weisen in ihren Geschäftsberichten Vorjahreszahlen aus. Demgegenüber verwundert das Fehlen von Vorjahreswerten im Limburger Jahresabschluss umso mehr, als das Bistum Limburg bereits seit 2003 doppische Jahresabschlüsse aufstellt. Am Fehlen der Vorjahreswerte kann es demzufolge nicht liegen.

In Anbetracht der Professionalität, die das Bistum Limburg ansonsten in diesen Angelegenheiten an den Tag legt, und angesichts seiner Transparenzbeteuerungen lässt sich dies wohl nur so erklären, dass das Bistum Limburg bewusst keine Vorjahreszahlen veröffentlichen will. Ein Grund dafür könnte sein, dass sich aus den Veränderungen der einzelnen Posten Dinge erkennen lassen, die ansonsten verborgen blieben. (So hat z. B. das Bistum Hamburg 2010 10,66 Mio. Euro “erfolgsneutral” – d. h. außerhalb der Ergebnisrechnung – von den Rückstellungen ins Eigenkapital umgebucht. Erkennbar war dies (ohne die zugehörige Erläuterung im Geschäftsbericht) nur durch einen Vergleich des Eigenkapitals mit dem des Vorjahrs.)

Dieser Eindruck wird noch verstärkt durch den Umstand, dass das Bistum Limburg zwar bereits im März dieses Jahres angekündigt hat, sein Vermögen und seine finanziellen Verpflichtungen offenzulegen, dann aber mit der Veröffentlichung bis zur Fertigstellung des Jahresabschlusses für 2013 gewartet hat.

Wenn es seine finanziellen Verhältnisse offenlegen wollte, wieso hat es dann nicht gleich die Jahresabschlüsse für 2012 veröffentlicht? Das Bistum Speyer hatte dies bereits zwei Monate vorher getan. Die Speyerer Abschlüsse waren (ausweislich der Prüfungsbescheinigungen mit Datum von März, April und Juni 2013) bereits vor dem Höhepunkt des Limburger Bau- und Finanzskandals fertiggestellt. Sie sind damit frei von dem Verdacht, dass im Hinblick auf die bevorstehende erstmalige Veröffentlichung noch gezieltes “Window Dressing” betrieben wurde. Von den Limburger Berichten lässt sich das nicht sagen.

Fehlende Prüfungsbescheinigung

In seinem Finanzbericht (S. 14) erklärt das Bistum Limburg, der “hohe Standard” seiner Rechnungslegung werde “durch jährliche externe Jahresabschlussprüfungen, in denen das Bistum Limburg seit Umstellung der Rechnungslegung im Jahr 2003 uneingeschränkte Bescheinigungen erhielt, bestätigt.” Allerdings veröffentlicht das Bistum Limburg den Wortlaut dieser Bescheinigungen nicht und hat auch auf Nachfrage die Prüfungsbescheinigung für den hier untersuchten den Bistumsabschluss 2013 nicht zur Verfügung gestellt.

“Uneingeschränkte Bescheinigung” klingt so ähnlich wie “uneingeschränkter Bestätigungsvermerk”: Damit bestätigen Wirtschaftsprüfer, dass ein Jahresabschluss tatsächlich “unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage” vermittelt. Wie mir das Bistum Limburg versicherte, entsprechen die “Bescheinigungen”, die das Bistum für seine Jahresabschlüsse erhalten hat, “inhaltlich Bestätigungsvermerken”.

Es stellt sich dann allerdings die Frage, weshalb ein Bistum, das so sehr an einer Wiederherstellung von Vertrauen interessiert sein muss wie Limburg, den Wortlaut dieser Bescheinigungen nicht veröffentlicht – anders als das Bistum Hildesheim (eingeschränkter Bestätigungsvermerk) und das Bistum Speyer (Prüfungsbescheinigung). Denkbar ist, dass die Prüfungsbescheinigungen Anmerkungen der Wirtschaftsprüfer enthalten, die das Vertrauen in die Jahresabschlüsse – oder die Bistumsführung – wieder sinken lassen würden.

Zum Wert solcher “Prüfungsbescheinigungen” ein kleiner Exkurs: Die Wirtschaftsprüfer des Bistums Hildesheim machen in ihrem eingeschränkten Bestätigungsvermerk deutlich: “Das Bistum Hildesheim bilanziert derzeit keine Grundstücke und Gebäude. Käufe und Verkäufe von Objekten wurden im vorliegenden Jahresabschluss als Aufwand bzw. Ertrag berücksichtigt.”

Das wird zwar im Geschäftsbericht 2013 des Bistums Hildesheim (S. 40) auch unter den Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden erwähnt, allerdings nicht so deutlich. Man muss sich klar machen, was das bedeutet:

  • Grundstücke und Gebäude erscheinen nicht in der Bilanz. (Die Position „Grundstücke und Bauten“ in der Hildesheimer Bilanz 2013 weist sage und schreibe einen Wert von 9.000 (neuntausend) Euro aus. Die Daten aus anderen Bistümern deuten darauf hin, dass die fehlenden Grundstücke und Gebäude einen Wert von mindestens 70 Mio. Euro ausmachen.
  • Um diesen Wert zu niedrig wird demzufolge auch das Eigenkapital des Bistums Hildesheim ausgewiesen. Es dürfte daher tatsächlich mindestens doppelt so viel wert sein wie die derzeit ausgewiesenen 66 Mio.
  • Aufgrund der fehlenden Bilanzierung der Gebäude fehlen dann auch die Abschreibungen dafür in der Ergebnisrechnung. Die Daten aus anderen Bistümern deuten darauf hin, dass die fehlenden Abschreibungen mindestens 2 Mio. Euro pro Jahr ausmachen dürften. Das heißt, das Jahresergebnis des Bistums Hildesheim wird hierdurch um diesen Betrag zu hoch ausgewiesen, denn tatsächlich verlieren die Gebäude des Bistums ja an Wert.
  • Gleichzeitig vermindern Immobilienkäufe oder -bauten (falls sie stattfinden) das Jahresergebnis, obwohl sie nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung eigentlich ergebnisneutral gebucht werden müssten (Geld wird gegen eine Immobilie vom selben Wert getauscht). Umgekehrt erhöhen Grundstücksverkäufe das Ergebnis stärker als wenn ordnungsmäßig gebucht würde. Das ausgewiesene Jahresergebnis verliert damit an Aussagekraft.

Hinzu kommt, dass überhaupt kein sachgerechter Grund erkennbar ist, weshalb so verfahren wird, und das Bistum Hildesheim begründet dies auch nicht weiter.

Aber jetzt kommt es: Trotz dieser einzigartigen Praxis, die dazu führt, dass von einer “den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden” Darstellung der Vermögens- Finanz- und Ertragslage “unter Berücksichtigung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung” kaum noch die Rede sein kann, erhielt das Bistum Hildesheim hierfür 2009 immer noch eine “uneingeschränkte Prüfungsbescheinigung” der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte & Touche: “Unsere Prüfung hat zu keinen Einwendungen geführt. Nach unserer Beurteilung aufgrund der bei der Prüfung gewonnenen Erkenntnisse entspricht der Jahresabschluss des Bistums Hildesheim – Öffentliches Vermögen – den vom Bistum Hildesheim festgelegten Grundsätzen ordnungsmäßiger Rechnungslegung.” (Geschäftsbericht 2009 des Bistums Hildesheim S. 51)

Geprüft wurde nämlich nicht, ob Buchführung und Jahresabschluss dem HGB entsprechen oder den allgemein anerkannten Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung, sondern ob sie den vom Bistum selbst festgelegten Grundsätzen entsprechen. Eine solche Bescheinigung mag für die bistumsinterne Kontrolle sinnvoll sein – für die Öffentlichkeit ist sie im Wesentlichen wertlos. Ein uneingeschränkter Bestätigungsvermerk hingegen lässt sich für die Hildesheimer Jahresabschlüsse nicht erteilen: Seit 2010 gibt es für die selbe Praxis statt einer “uneingeschränkten Prüfungsbescheinigung” einen eingeschränkten Bestätigungsvermerk, in dem die Einschränkungen auch klar und deutlich benannt werden (s. o.).

Wenn das Bistum Limburg daher lediglich erklärt, es habe für seine Jahresabschlüsse “uneingeschränkte Bescheinigungen” erhalten, sich aber weigert, diese Bescheinigungen zu veröffentlichen, ist das eher ein Warnsignal als Grund zu Vertrauen. In Anbetracht der gravierenden Verstöße des Limburger Jahresabschlusses gegen die Anforderung der Bilanzklarheit ist kaum vorstellbar, dass die Prüfer ihre “uneingeschränkte Bescheinigung” ohne kritischen Kommentar abgegeben haben.

Fazit

Zusammenfassend lässt sich sagen: Der Geschäftsbericht des Bistums Limburg zeigt, wie “ernst” es der neuen Bistumsführung mit Transparenz ist.