Warnung vor dem amerikanischen Freund

(hpd) Was motiviert die US-Außenpolitik primär – ökonomische Interessen oder religiöses Sendungsbewusstsein?

Wie ist Bushs Weg in den Irak-Krieg einzuschätzen – als Bruch mit der bisherigen Politik des Landes oder steht er in der Tradition einer jahrzehntelangen Politik? Diese beiden Fragen ziehen sich wie ein „roter Faden" durch das Buch „Warnung vor dem Freunde. Tradition und Zukunft US-amerikanischer Außenpolitik" von Marcia Pally.

 

Die Autorin ist Professorin für Kulturwissenschaft an der New York University und in Deutschland als regelmäßige Autorin für „Cicero", die „Frankfurter Rundschau" und die „taz" bekannt. In ihrem neuen Buch geht Pally von zwei Annahmen aus: Die Überzeugungen und Werte der Bevölkerung bildeten auch die Grundlage für die Außenpolitik der USA. Und: Der vorherrschende politische Kurs sei auch ein verlässlicher Indikator für zukünftige Entwicklungen. Letztendlich will die Autorin also aus einer Analyse der historischen Außenpolitik der USA Prognosen für die zukünftige Außenpolitik der USA ableiten.

Pally gliedert ihr Buch in drei umfangreiche Kapitel: Zunächst geht es um die dreihundertjährige Geschichte des amerikanischen Evangelikalismus und dessen Einfluss auf die Politik. Er entwickelte sich nicht erst unter Reagan oder Bush, sondern prägte bereits seit der Gründung der USA die politische Kultur des Landes. Dem folgend skizziert Pally die Entwicklung der amerikanischen Außenpolitik hinsichtlich ihres unmerklichen Expansionismus besonders in den Entwicklungsländern. Das Hauptziel Washingtons sei es dabei gewesen, möglichst jedem Land das Ausbrechen aus dem Netzwerk der kapitalistischen Wirtschaftsordnung zu verwehren. Und schließlich widmet sich die Autorin den Motiven und der Tiefenstruktur der US-Außenpolitik. Die wirtschaftlichen Interessen seien nur von partieller Bedeutung, hinzu komme noch eine besondere Weltsicht. In dieser Perspektive bringe wirtschaftlicher Liberalismus politische Freiheit. Beides zusammen führe dann zum Frieden, welcher den Freihandel stärke - und im Interesse Aller liege.

Pally kann in ihrer kenntnisreichen Darstellung überzeugend verdeutlichen, dass die Außenpolitik der Bush-Administration nicht der Ausdruck eines Bruchs, sondern der Kontinuität ist. Allenfalls in der diplomatischen und strategischen Vorgehensweise bestünden Unterschiede zu früheren US-Regierungen. Daraus leitet die Autorin ihre „Warnung vor dem Freunde" ab, dürfte sich doch für Europa in Sachen Außenpolitik auch unter einem neuen US-Präsidenten wenig ändern.

Außerdem sei die behauptete Verkopplung von politischer und wirtschaftlicher Freiheit mit einem Sendungsbewusstsein nicht nur Ausdruck der politischen Elite, sondern auch Konsens in der Bevölkerung der USA. Hier belässt es Pally aber nur bei der Formulierung der These, ohne diesen Gesichtspunkt näher zu erörtern. Auch hätte sie stärker die Verbindung der Einflussfaktoren „Evangelikalismus" und „Wirtschaft" für die Gestaltung der Außenpolitik herausarbeiten können. Die entsprechenden Kapitel wirken inhaltlich etwas unverbunden in dem ansonsten durchaus lesenswerten Buch.

Armin Pfahl-Traughber

Marcia Pally, Warnung vor dem Freunde. Tradition und Zukunft US-amerikanischer Außenpolitik. Aus dem Amerikanischen von Michael Haupt, Berlin 2008 (Parthas-Verlag), 272 S., 19,80 €