Machtsymbol und Strohhalm der Linken

Warum das Minarett doch ein Machtsymbol darstellt. Eine Analyse.

Die sich im freien Fall befindende Linke Europas scheint nun jeden Strohhalm, sei die Form auch ein Minarett, ergreifen zu wollen, um gegen die Rechte aufzubegehren. Hier versucht die Linke den Islam im Kampf gegen die Rechte zu nutzen. Da die Anti-Minarett-Initiative das Werk einer rechtspopulistischen SVP war, lässt sich das soziale Gewissen eines Linken recht einfach ansprechen. Der starre Blick auf die Rechte aber verhindert den (kritischen) Blick auf den Islam mit all seinen Problemen die er in eine moderne Gesellschaft mitbringt. Islamkritik wird zum Tabu erklärt. Dringend notwendige Reformen unmöglich gemacht.

Die Vertreter des orthodoxen Islam nutzen die Linke in ihrem Kampf, den Islam zu verbreiten, und verweisen dabei ebenfalls auf die Rechte, die den Muslimen nur Böses will. Die in Teilen vorhandene Islamophobie wird zum typischen Charakterzug sämtlicher Europäer ernannt und die Schuld aller Konflikte wird der angeblich ausländerfeindlichen europäischen Gesellschaft zugeschrieben. Von orthodox muslimischer Seite wird hier ein Gefühl des Anderssein verstärkt und ein islamisches Bewusstsein einer Umma beschworen, die diesen Kampf der Kulturen und Religionen nur gemeinsam bestehen könne. Diese Machtdemonstration verstärkt die Islamophobie, die Angst vor dem Islam, weiter. Rhetorische Unterstützung der scharfen Art erhalten die islamischen Vereine auch aus der Türkei.

Ebenso nutzt die mit vielen solcher Chancen verwöhnte Rechte die Gunst der Stunde, und verbindet "links sein" erneut mit der Sympathie zu antidemokratisch wahrgenommenen Weltansichten und unterstellt ihr in gewohnt polemischer Manier, für fremde Menschen mehr übrig zu haben, als für die eigenen Leute, in dem sie die aktuelle Krise und die damit einher gehenden Ängste der Menschen instrumentalisiert. Der Verweis auf viele Menschenrechtsverletzungen in islamischen Ländern und der gefühlten Unangepasstheit vieler Muslime in Europa, die sich in solchen Momenten weiter von der Mehrheitsgesellschaft entfernen, den negativen Schlagzeilen des Boulevard und die sich wie ein Lauffeuer verbreitenden negativen Erfahrungen mit Ausländern tun das restliche, um große Teile der Bevölkerung auf den Kurs der Rechten zu bringen, die Linke weiter ins Eck zu drängen und die Islamophobie zu verstärken.

Das Minarett wird von der Linken und den orthodoxen Muslimen gleichermaßen zu einem Symbol für Minderheitenrechte ernannt, von orthodoxen Muslimen ebenfalls zum "jetzt-erst-recht-islamisieren", aber auch von der Rechten als Symbol und Beweis der (Re-)Islamisierung Europas. Das Minarett wird spätestens ab hier zum Machtsymbol, dessen sich verschiedene politische und religiöse Gruppen bedienen, um ihre Interessen zu thematisieren.

Das Recht auf Islamkritik ? Ein Fazit.

Ein neutrales Vorgehen der Linken wäre hilfreicher gewesen. Im Idealfall hätte es gereicht, auf die unterschiedlichen Gruppierungen innerhalb der muslimischen Bevölkerung hinzuweisen und die Existenz der Laizisten und Liberalen zu unterstreichen. Diesen Gruppen Verhör zu verschaffen würde verhindern, dass mehr Menschen eine Zuflucht im orthodoxen Islam suchen, und eine Re-islamisierung wäre eingebremst worden.

Der einheimischen Bevölkerung würde die Angst vor einer islamischen Bedrohung genommen, wenn diese erkennen würde, dass es durchaus viele weltoffene Menschen aus islamischen Ländern gibt, und die von islamischen Verbänden gerne genannten Zahlen zwar die Gesamtheit der Muslime benennt, diese aber auch zu kritischer Denkweise fähig sind, und keineswegs als einziges Ziel die (Re-)Islamisierung anstreben.

Schon Marx wusste, der Anfang aller Kritik ist die Religionskritik. In einer Bevölkerungsgruppe, in der der Islam das Leben so stark beeinflusst, ist es nicht möglich ohne Islamkritik weitere Kritik zu üben. Ohne das Recht kritisch hinterfragen zu dürfen können Probleme nicht lokalisiert und gelöst werden. Solange Islamkritik pauschal als Hetze abgetan und bekämpft wird, ist dieses Ziel nicht zu erreichen. Die berechtigte Kritik muss aus einer Ecke kommen, die sich die Verbesserung der Situation zum Ziel gesetzt hat. Ansonsten verkommt Kritik zu reiner Polemik und verschärft Probleme noch weiter.

Cahit Kaya ist Vorstandsmitglied im Freidenkerbund Österreich.