Kirchenfinanzierung: Fragen und Antworten

(24) Welche finanziellen Leistungen an die Kirche dienen der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben?

Die Kirchen erhalten für die Erfüllung von Aufgaben, die sie im sozial-caritativen Bereich erbringen, öffentliche Mittel. Sie werden dabei nicht besser gestellt als jeder andere, z. B. auch private Leistungserbringer auf diesem Gebiet. Das gilt z. B. für kirchliche Krankenhäuser, Jugendarbeit, Kindergärten, kirchliche Schulen und Hochschulen sowie Einrichtungen der Erwachsenenbildung. Es handelt sich oft um Leistungen, die - wie z. B. in der Krankenpflege und im Bildungswesen - die Kirchen schon vor Jahrhunderten entwickelt und seitdem angeboten haben, bevor sie der Staat seinerseits als teilweise eigene Aufgabe übernommen hat. Außerdem sichert das kirchliche Engagement den Bürgern im Staat ein plurales Angebot im Bildungs- und Sozialbereich.

  • Die Kirchen erbringen in ihren Einrichtungen nicht nur sozial-caritative Aufgaben, sondern nutzen sie auch und vor allem zur Missionierung und christlichen Glaubensunterweisung, zur „Neuevangelisierung“.
  • Gleichzeitig erwecken sie beständig den Eindruck, dass sie diese Einrichtungen auch selber finanzieren, was ihnen von ihren Gläubigen dann auch entsprechend als Gutes angerechnet wird, was aber jedoch nicht den Tatsachen entspricht.

(25) Was bedeuten ehrenamtliche Arbeit und Spenden für den Sozialstaat und die Kirche? Welche kostenfreien Leistungen erbringt die Kirche für das Gemeinwesen? Nutzt die Kirche den Staat für sich selbst?

Dienste in kirchlicher Trägerschaft erbringen Vorteile für die Gemeinschaft in Form von ehrenamtlicher Arbeit und Spenden, durch die die Sozialetats des Staates erheblich entlastet werden. Ehrenamtliche und freiwillige Arbeit schaffen auch zusätzliche Hilfen und Dienstleistungen, die durch die gesetzlich garantierten Leistungen des Sozialstaats nicht gedeckt sind (z. B. Besuchsdienste, Patenschaften).

  • Die Dienste in kirchlicher Trägerschaft erbringen keine Vorteile für die Gemeinschaft – sonst würden sie nicht überwiegend öffentlich finanziert -, sondern ausschließlich für ihre eigenen Kirchenmitglieder und Kirchenbelange. (Wer als Konfessionsloser einmal die Krankenhausseelsorge - auch in staatlichen Krankenhäusern -, erlebt hat, ist nicht unbedingt gut auf die Betreuungspenetranz gegenüber Kranken, die sich nur schlecht wehren können, zu sprechen.)
  • Insofern werden auch die Sozialetats des Staats nicht „erheblich entlastet“.
  • In dieser Selbstwahrnehmung, für die Gemeinschaft tätig zu sein, haben die Kirchen ein Gesellschaftsbild, das zu Kaiserzeiten, auch noch 1950, vielleicht noch bis 1970 galt, als noch 94 Prozent formale Mitglieder der beiden großen Kirchen waren. Mittlerweile sind es nur noch knapp 60 Prozent, mit weiter sinkender Tendenz.
  • Abgesehen davon verstehen sich nur noch rund 20 Prozent der Bundesbürger als gläubige Kirchenmitglieder – und für dieses Fünftel erbringen die Kirchen ihre Leistungen.

(26) Wie viel Ehrenamt „hat“ die Kirche?

Das Institut für Wirtschaft und Gesellschaft Bonn e.V. hat im Jahr 2000 die Entlastungen für Staat und Gesellschaft auf 11 Mrd. Euro jährlich geschätzt, die durch ehrenamtliche Tätigkeit geleistet wurden. Eine Erhebung in ca. 1.000 Gruppen der Caritas-Konferenzen Deutschland, einem von ehrenamtlicher Arbeit getragenen Fachverband der Caritas, hat für 2008 ca. 4 Mio. Arbeitsstunden ehrenamtlicher Arbeit ermittelt.

  • Diese Darstellung ist mehr als eigenartig: Das Institut für Wirtschaft und Gesellschaft wurde 2008 aufgelöst. Auf der Liste der Veröffentlichungen des IWG (Gutachten und Stellungnahmen) steht keinerlei Studie zu dieser Thematik. Auch in der Studie: „Zwischen Markt und Mildtätigkeit. Die Bedeutung der Freien Wohlfahrtspflege für Gesellschaft, Wirtschaft und Beschäftigung“, München 2000/2003 sind auch keinerlei derartigen Angaben dazu zu entnehmen.
  • Nach Auskunft einer ehemaligen Mitarbeiterin des Instituts sei diese Studie jedoch das einzige Gutachten, was zu dieser Thematik vom IWG jemals angefertigt wurde. In diesem Gutachten wird unter der Überschrift „Entlastung des Gemeinwesens“ (S. 74 ff) nicht nur geschildert, dass es kaum möglich ist, zum Umfang des Ehrenamtes verlässliche Angaben zu ermitteln, sondern auch, dass nach eigenen Ermittlungen die gesamte (!) Freie Wohlfahrtspflege einen Entlastungseffekt für die Öffentlichen Haushalte von etwa 2,5 Mrd. Euro bedeute. Bei einem Anteil von rund 70 Prozent von Caritas und Diakonie an der gesamten Freien Wohlfahrtspflege beliefe sich dann der kirchliche Anteil nur auf rund 1,75 Mrd. Euro.
  • Damit ist zudem noch keinesfalls belegt, ob dadurch ein tatsächlich allgemeiner gesellschaftlicher Bedarf abgedeckt wird oder nur eigennützige Betreuung von Kirchenmitgliedern, die für die Gesellschaft ohne Interesse ist.
  • Die Eigenartigkeit der oben genannten Zahlen zeigt sich auch dann, wenn man sie in Verbindung zueinander bringt (11 Mrd. Ersparnis / 4 Mio. Arbeitsstunden). Danach würde eine ehrenamtliche Arbeitsstunde bei den Kirchen mit 2.750 Euro bewertet, was natürlich Unsinn ist.

(27) Wie entwickelt sich das Spendenaufkommen für die Kirche?

Die (Erz-)Diözesen erhalten Spenden in verschiedener Form zu unterschiedlichen Anlässen. Überblicke dazu bieten die einzelnen Haushaltsveröffentlichungen. Die katholischen Hilfswerke wie zum Beispiel Adveniat, Missio, Misereor oder Renovabis mussten in den vergangenen zehn Jahren zum Teil nicht unerhebliche Rückgänge verzeichnen. Das Spenden- und Kollektenaufkommen lag 2009 bei circa 250 Mio. Euro.

  • Viele Organisationen klagen über einen Rückgang der Spendenbereitschaft. Warum sollten die katholischen Hilfswerke davon ausgenommen sein? Allerdings werden keine Zahlen genannt. Hatten nur die vier genannten Hilfs- und Missionswerke im Jahr 2000 noch Einnahmen aus Spenden in Höhe von zusammen 194 Mio. Euro, so sind es im Jahr 2009 zusammen noch 159 Mio. Euro. Das ist jedoch ein innerkirchliches Problem des Rückgangs der Mitgliederzahlen und der geringeren Bindung und Spendenbereitschaft der Kirchenmitglieder, kein gesellschaftliches Problem.
  • Eines jedoch wird wiederum verschwiegen: Betrug die „Staatsquote“, d. h. der Anteil der Finanzierung aus Steuergeldern, bei dem Bischöflichen Hilfswerk Misereor im Jahr 2000 noch 49 Prozent der Einnahmen (73,2 Mio. Euro), so sind es 2009 bereits 63 Prozent der Einnahmen (101,2 Mio. Euro). Der kirchliche Eigenanteil sank im gleichen Zeitraum von 8 Prozent (12,1 Mio.) auf 5 Prozent (8,8 Mio.). Bischöfliches Hilfswerk heißt es jedoch auch weiterhin.