"Yes ve gan"

(hpd) Der ehemalige Mercedes-Manager Jan Bredack berichtet in seinem Buch “Vegan für alle. Warum wir richtig leben sollten” von seinem beruflichen Ausstieg und seiner Umorientierung in Richtung einer Gründung von veganen Supermärkten. Insofern hat man es entgegen des Titels nicht mit einer systematischen Begründung für eine andere Ernährungsform, sondern mehr mit einer autobiographischen Darstellung mit Ausführungen zum Thema zu tun.

Es gibt gute gesundheitliche, ökologische, politische, soziale und tierethische Gründe für eine vegetarische Ernährung. Es gibt noch mehr gute gesundheitliche, ökologische, politische, soziale und tierethische Gründe für eine vegane Ernährung. Ein Buch mit dem Titel “Vegan für alle. Warum wir richtig leben sollten” – auf dem Einband versehen mit der Parole “Yes ve gan” - lässt eine Präsentation solcher Gründe in systematischer Form erwarten.

Indessen ist man nach Beginn der Lektüre zunächst etwas enttäuscht, berichtet der Autor Jan Bredack doch mehr über seinen persönlichen Berufs- und Ernährungsweg. Einst gehörte er zu den erfolgreichsten Mercedes-Managern. Eher zufällige Ereignisse im Leben - von einem Burn out durch Stress im Beruf über eine neue Liebe zu einer Veganerin – führten bei Bredack zu grundlegenden Änderungen: Er gab seinen Job in der Autoindustrie auf und gründete die “Veganz-Supermärkte”. So beginnt denn auch sein Buch mit den Worten: “Ich bin Verkäufer. Ich habe mit Autos gehandelt, jetzt handle ich mit Lebensmitteln” (S. 9).

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In die Ausrichtung am Alltags- und Berufsleben eingebaut sind indessen immer wieder Ausführungen zum Thema “Ernährung allgemein” und “vegane Ernährung”. Dabei macht der Autor dem Leser deutlich, dass wir gar nicht so sehr über die Hintergründe unseres alltäglichen Handelns in Form von Essen nachdenken. So heißt es etwa: “Als wir ein paar Tage später einen Film über Milch sahen, begriff ich, dass es mit dem Verzicht auf Fleisch nicht getan war. Auch Milchkühen wird permanent Leid zugefügt. Ich hatte nicht gewusst, dass die Milch, die wir trinken, eigentlich für Kälber bestimmt ist. Dass man Kühe ständig schwängert, damit sie ein Kalb nach dem anderen gebären und Milch produzieren. Ich wusste nicht dass man ihnen ihre Jungen unmittelbar nach der Geburt wegnimmt, sie mit Kraftfutter und Antibiotika füttert, damit sie noch mehr Milch geben. Dass man sie schnell wieder schwängert und ihnen auch diese Kälber wegnimmt. Dass die Kälbchen hochgezüchtet und geschlachtet werden” (S. 19). Das alles kann weder für Mensch noch Tier gut sein.

Bredack schweift aber auch häufig autobiographisch ab, was nicht immer zum eigentlichen Buchtitel und Thema passt. So ist ein Kapitel “Vom Stasi-Kind zum Manager und Millionär” überschrieben, worin er von seinem Leben in der DDR bis zur Berufskarriere in der Bundesrepublik Deutschland berichtet. Indessen hält er sich hier glücklicherweise auch nicht an die eigentliche Thematik und streut beachtenswerte und interessante Informationen zu Ernährung und Tieren ein. Der Autor macht dabei auch deutlich, was sicherlich nicht alle Veganer aus nicht-medizinischen Gründen so sehen dürften, dass ein notwendiger Wandel nicht gegen, sondern nur mit der Ernährungsindustrie erfolgen kann: “Solange wir in einem System des Big Business leben, ist Big Business also nicht der Feind – sondern der Schlüssel für alle Veränderung” (S. 59). Dafür kann Bredack auch, allerdings ambivalente eigene Erfahrungen beisteuern. Er fand zumindest zeitweilig Investoren für seine veganen Supermärkte, um der attraktiven Rendite willen, nicht aus innerer Überzeugung.

Am Rande macht der Autor auch regelmäßig auf die Gründe aufmerksam, welche zum kritik- und reflexionslosen Fleischverzehr führten. Dabei spricht er auch die Religionen an: “Dass Religionen das Töten und Essen von Tieren vorschreiben, ist ein Problem” (S. 181). Dafür distanziert sich Bredack umgekehrt von problematischen Aktivisten in der Bewegung für eine vegetarische bzw. vegane Ernährung, seien es esoterisch oder rechtsextremistisch ausgerichtete Akteure.

Gegen Ende seines Buches zitiert Bredack Albert Einstein, der einmal sagte: “Nichts wird die Gesundheit der Menschen und die Chance auf ein Überleben auf der Erde so steigern wie der Schritt zur vegetarischen Ernährung” (S. 252). Das klingt ein wenig nach hohem Sendungsbewusstsein, indessen macht die Beschäftigung mit dem Thema den Zusammenhang unserer Ernährungsgewohnheiten mit vielen anderen Problemen deutlich. Dafür liefert Bredack immer wieder bedenkenswerte Informationen. Vielleicht hätte er ihnen mehr Raum als seinen autobiographischen Betrachtungen einräumen sollen.

 


Jan Bredack, Vegan für alle. Warum wir richtig leben sollten, München 2014 (S. Piper-Verlag), 255 S., 19,99 Euro