Humanistisches Wohnprojekt in Berlin

Eine Art humanistische Basis

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Jan Szyper und Laura Wartschinski
Jan Szyper und Laura Wartschinski

BERLIN. (hpd) Die Säkularen Humanisten an Berliner Hochschulen haben sich ein ehrgeiziges Ziel gesetzt: Sie wollen ein Wohnprojekt ganz unter dem Gedanken von Humanismus und Aufklärung gründen. Bis dieser Plan Wirklichkeit wird, müssen jedoch eine ganze Reihe Hindernisse überwunden werden. Der hpd sprach mit Laura und Jan, den Organisatoren des Projekts.

hpd: Zuallererst einmal: Wer seid ihr eigentlich?

Laura: Wir sind eine Gruppe von jungen Menschen in Berlin. Die meisten von uns haben vor eineinhalb Jahren die Hochschulgruppe der GBS hier gegründet: Die "Säkularen Humanisten an Berliner Hochschulen". Wenn wir uns gerade nicht treffen, studieren einige von uns Sozialwissenschaften, Psychologie, Informatik oder Mathematik, andere arbeiten zum Beispiel als Software-Entwickler, in der universitären Forschung oder in der Bildungsförderung.

Jan: Außerdem arbeiten wir mit Nicolai Sprekels zusammen, dem Projektmanager der Giordano-Bruno-Stiftung. Die GBS plant seit längerer Zeit, ein Büro in Berlin zu mieten, im dem Nicolai arbeiten kann, aber bisher hat sich noch keine geeignete Immobilie gefunden. Nicolai war von Anfang an begeistert von unserem Projekt, und so kamen wir schnell überein, unsere Kräfte zu bündeln und Büro und Wohnprojekt in einem umzusetzen.

Was hat es mit diesem Wohnprojekt auf sich? Und was hat das mit der GBS zu tun?

Jan: Eigentlich ganz simpel: Wir wollen gemeinsam in ein Haus ziehen, um darin zu wohnen, zu arbeiten, Projekte zu organisieren und Treffen abzuhalten. Wir planen, durch das gemeinsame Wohnen die Arbeit unserer Gruppe zu intensivieren. Und insgesamt wollen wir das Haus zu einem Anlaufpunkt für humanistische Menschen aus Berlin und ihre Gäste machen.

Im besten Fall soll dieses Haus eine Repräsentation der GBS beherbergen, weswegen wir planen, im Erdgeschoss ein bis zwei Räume für ein Büro, für Meetings und zur Unterbringung von Gästen einzurichten

Das müsst ihr etwas genauer erklären. Inwiefern kann das gemeinsame Wohnen und die Nähe zum GBS-Büro eure Arbeit verbessern?

Jan: Die meisten von uns investieren über 50 Stunden wöchentlich in ihr Studium und arbeiten nebenher, auch Nicolai ist neben seiner Tätigkeit für die GBS Vorsitzender einer Menschenrechtsorganisation für Nordkorea. Es ist einfach verdammt schwer, unsere Gruppe unter diesen Voraussetzungen an einen Ort zu bringen.

Laura: Das ist leider wahr. Trotz der guten öffentlichen Verkehrsmittel benötigen die meisten von uns zwei Stunden für die Hin- und Rückfahrt zu unseren Treffen. Irgendwann wurde uns klar, dass wir uns nur weiterentwickeln können, wenn wir uns nicht nur alle zwei Wochen treffen, sondern unsere Pläne, Gedanken und Ideen quasi direkt beim Abendessen am Küchentisch besprechen können.

Jan: Wir haben an vielen Beispielen gesehen, dass räumliche Nähe ein Erfolgsfaktor des politischen Aktivismus ist, die GBS ist nicht zufällig in Trier so aktiv. Berlin wäre nicht die vegane Hauptstadt Europas, wenn nicht sechs Schlüsselakteure vor einigen Jahren in eine WG gezogen wären, um die Szene aufzubauen, ähnliches gilt für die GBS Schweiz und viele Startup-Unternehmen. Das Rezept funktioniert!

Wie stellt ihr euch das Leben dort dann konkret vor? Was soll da so passieren?

Jan: Einerseits wird es wie in einer normalen WG sein, mit Putzdiensten, Brettspielabenden und einer Kasse für gemeinsame Anschaffungen. Andererseits wird es einen Versammlungsraum geben, mit Whiteboard und Projektor, in dem Arbeitstreffen, Vorträge und Diskussionsrunden stattfinden.

Laura: Wir werden auch Gäste beherbergen können und haben auch schon von GBS-Mitgliedern, die gerne bei uns zu Gast sein wollen, Anfragen bekommen. Ein Haus bietet uns die Möglichkeit auch öffentliche Veranstaltungen zu organisieren - wie wäre es zum Beispiel mit einem Gartenfest zum Welthumanistentag?

Also eine Art humanistische Basis?

Laura: Genau!

Dafür braucht man viel Platz. Was für ein Haus schwebt euch vor?

Jan: Natürlich brauchen wir Platz für jeden unserer Bewohner, und außerdem Badezimmer, Küche und einen Ort, wo wir uns treffen und kleinere Veranstaltungen organisieren können. Das läuft dann schon so auf 200 Quadratmeter hinaus. Wenn alles in ein Objekt passen soll, eignet sich da ein Ein- oder Zweifamilienhaus.

Laura: Wichtig ist außerdem die Lage: das Haus muss günstig genug sein, aber gleichzeitig vom Zentrum aus schnell mit S- und U-Bahn zu erreichen sein. Das ist ein ganz essentielles Kriterium. Wir schauen also vor allem nach Objekten, die nahe an den entsprechenden U- und S-Bahn-Linien liegen.

Jan: Außerdem muss es natürlich einigermaßen ansprechend aussehen. Immerhin will die GBS auch Gäste dort empfangen. Eine repräsentative Fassade und einige gut ausgestattete Räume sind also Pflicht. Wir haben auch bereits gemeinsam mit Nicolai Sprekels ein Haus besichtigt, dass sich für unsere Zwecke eignen würde.

Wie wollt ihr diese Idee realisieren?

Laura: Wir haben zwei Pläne. Plan A besteht darin, dass wir unsere persönlichen Ersparnisse, Unterstützung unserer Familien und Direktkredite von Förderern aus dem humanistischen Umfeld verwenden, um ein Haus zu kaufen. Die Zinsen werden dann von den Beiträgen beglichen, die wir alle als Teil des Projektes beisteuern, ebenso wie Instandhaltungsrücklagen, Nebenkosten, Grundsteuer und alles, was dazu gehört. Auf finanzielle Unterstützung sind wir in diesem Fall trotzdem angewiesen.

Plan B besteht darin, Wohnraum zu mieten. Das ist einfacher zu realisieren, bringt jedoch einige Nachteile mit sich - im Wesentlichen den Mangel an passenden Mietobjekten.

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