Charlie Hebdo

Gott – Der irre Terrorist

BERLIN. (hpd) Ein Jahr nach dem islamistischen Attentat auf die Redaktion von "Charlie Hebdo" erscheint ein Sonderheft der Satirezeitschrift mit einer Auflage von einer Million Exemplaren. Die Titelseite der Ausgabe erregte bereits Tage zuvor die Gemüter.

Diesmal ist es Gott selbst, der es auf die Titelseite von Charlie Hebdo geschafft hat. Blutverschmiert rennt er mit einem umgehängten Maschinengewehr durchs Bild. Die Überschrift: "1 an après - l'assassin court toujours" ("Ein Jahr danach: Der Mörder ist noch immer auf freiem Fuß."). Die Karikatur stammt aus der Feder des neuen Chefredakteurs Laurent Sourisseau. Sie kann als satirische Antwort auf die weit verbreitete These verstanden werden, dass Religion nichts mit Terror zu tun habe.  

Charlie Hebdo bleibt seiner bissigen Linie treu und nimmt gegenüber Fanatikern jeglicher Couleur kein Blatt vor den Mund. In einem religionskritischen Leitartikel erklärt Sourisseau: "Viele haben gehofft, dass wir nach den Attentaten draufgehen, als Zeitung – diese idiotischen Islam-Fanatiker haben das gehofft, aber auch geweihte Ärsche von anderen Religionen". In dem vorab veröffentlichten Editorial verteidigt Sourisseau zudem den Atheismus und den Laizismus. "Die Überzeugungen der Atheisten und der Laizisten können noch mehr Berge versetzen als der Glaube der Gläubigen", so der Chefredakteur.

Erste Reaktionen mussten nicht lange auf sich warten lassen. So sprach Abdallah Zekri von der französischen Beobachtungsstelle für Islamophobie bei dem Sender BFMTV von einem "für alle Religionen sehr beleidigenden Text". Anouar Kbibech, Präsident des Französischen Verbandes der Muslime erklärte gegenüber der Zeitung "Le Dauphiné Libéré": "Keine Religion erkennt sich in diesem abgebildeten Gott wieder. Gläubige werden diese Zeichnung mit Gleichgültigkeit, ja sogar mit Verachtung" behandeln. In der gleichen Zeitung bezog auch der katholische Abbé Pierre-Hervé Grosjean Stellung. Der Gott der Christen sei ein gewaltloser, der die Botschaft des Friedens übermittle. Es sei nicht die Religion, sondern der Fanatismus, der töte. 
 
Noch schärfer ging Lucas Wiegelmann in der Welt mit Charlie Hebdo ins Gericht. Zwar sei die Karikatur lustig. Doch der Generalverdacht gegen die Religion auf Unversöhnlichkeit und Intoleranz, der auf ihr ruht, sei ungerecht. Mehr noch: "Was passiert, wenn man Gott aus dem Spiel lässt, ist leider auch schon getestet worden, mit monströsen Folgen. Die Totalitarismen, die das 20. Jahrhundert zum blutigsten der Menschheitsgeschichte gemacht haben, waren dezidiert antireligiöse, atheistische Bewegungen", so Wiegelmann. Die großen Religionen dagegen machten die Welt nicht schlimmer, sondern besser.

Was soll man dazu sagen? Solch eine dummdreiste, geschichtsverfälschende Aussage kann man wohl nur mit Satire ertragen. Man kann sie nur mit Charlie Hebdo ertragen.