Dresden am 13. Februar 2013

DRESDEN. (hpd) Zum Gedenken an die Opfer des Nazi-Terrors und gegen die Umdeutung dieses Gedenktages durch die Neonazis gingen am Mittwoch über 15.000 Menschen in Dresden auf die Straße. Mit unterschiedlichen Mitteln wollten sie ihrem Verlangen Ausdruck verleihen, dass die Bevölkerung Dresdens keinen Nazi-Aufmarsch mehr dulden wird.

Wie auch in den vergangenen Jahren waren für diesen Tag mehrere Veranstaltungen unterschiedlichster Art geplant. Der 13. Februar gilt in Dresden seit der Bombardierung 1945 durch die Alliierten als Gedenktag an die Opfer. Neben der traditionellen Trauerveranstaltung auf dem Heidefriedhof, auf dessen Areal viele der ca. 25.000 Opfer des Bombardements begraben wurden, gibt es mehrere „stille“ Veranstaltungen in Form von Konzerten und Lesungen. In der Frauenkirche und auf dem Neumarkt wurden im Laufe des ganzen Tages Kerzen entzündet.

Überschattet wird das Datum regelmäßig durch Demonstrationen von Neonazis, die den Gedenktag seit 1998 für ihre Zwecke zu missbrauchen versuchen. In den vergangenen Jahren marschierten sie mit mehr oder minder großen Aufgeboten durch die Stadt um ihre Propaganda kundzutun. Im Jahr 2005 gelang ihnen der bisher größte Aufmarsch mit ca. 6.500 Neonazis.

In diesem Jahr gab es einen von „Dresden Nazifrei” organisierten „Mahngang Täterspuren“, der am zeitigen Nachmittag vom Friedrich-List-Platz am Dresdner Hauptbahnhof aus zu verschiedenen Orten in der Stadt die Spur der Täterinnen und Täter verfolgte. Von der ehemaligen Zentrale der Gestapo und Ausgangspunkt der  Deportation von Juden in die Vernichtungslager ging der Zug, an dem sich über 3.000 Bürger und Gäste Dresdens beteiligten, vorbei an der Technischen Hochschule, dem Deutsche Hygienemuseum und der Bürgerwiese 24, dem ehemaligen Sitz der NSDAP-Gauleitung.

Es sollte mit Redebeiträgen an einzelnen Stellen vor allem darauf hingewiesen werden, dass Dresden ein wichtiger Stützpunkt der NS-Herrschaft und des von ihr ausgehenden Terrors war. An diesem Gedenkmarsch beteiligten sich auch der Jenaer OB Albrecht Schröter, die Linke Vorsitzende Katja Kipping, der Vorsitzende des Zentralrates der Muslime, Aiman Mazyek, die Grüne-Landtagsabgeordnete Eva Jähnigen  und der Jenaer Stadtjugendpfarrer Lothar König.

Dem Aufruf der Dresdner Oberbürgermeisterin Helma Orosz und der AG "13. Februar", ein symbolisches Schutzschild gegen rechte Eindringlinge in Form einer Menschenkette rings um die Altstadt zu bilden, waren auch in diesem Jahr viele Menschen gefolgt. Über zehntausend Bürger und Bürgerinnen haben am Abend mit dieser Menschenkette ein Zeichen gegen Rechts gesetzt.

Das Bündnis „Dresden Nazifrei“ hält dagegen an seiner direkten Blockade der Marschroute der Neonazis fest. Anhänger von DGB, SPD, Linken, Grünen und Kirchen versammelten sich dazu auch am Mahnmal für die Trümmerfrauen am Rathaus zu einer Demonstration unweit des geplanten Nazimarsches. 

Der Sprecher  des Bündnisses „Dresden Nazifrei“, Silvio Lang, hatte im Vorfeld die Stadtverwaltung kritisiert, die den Anreisepunkt und die Marschroute der Neonazis bis zuletzt geheim gehalten hatten. Dagegen gab sich der Polizeipräsident Kroll dieses Jahr entgegenkommend und erklärte, dass der Schutz der rechtsextremen Demo „keine unbegrenzte staatliche Aufgabe“ sei. „Wir werden für Nazis nicht kämpfen“, deutete er die Duldung einer Blockade an.

Seit 2010 hat sich dies etwas gewandelt und die Dresdner verhinderten bzw. blockierten den Trauermarsch des rechten „Aktionsbündnisses gegen das Vergessen“. Wie in den Jahren zuvor hatten Neonazis auch dieses Jahr einen Aufmarsch angemeldet. Eine Stunde nach der Veranstaltung der Stadt, mittels Menschenkette ein „Schutzschild“ gegen Rechts zu demonstrieren, sollte er beginnen.

Ihr Ziel ist es dabei, die Geschichte in ihrem Sinne zu verdrehen und Opfer gegen Täter zu vertauschen. Dresden sollte für sie symbolisch den deutschen Opfermythos verkörpern.

In den letzten Jahren ist es zwar immer besser gelungen, diese Aufmärsche weitestgehend zu be- bzw. verhindern. Aber es gab dabei immer wieder Zusammenstöße mit der Polizei, die zur Eskalation führten. Immer wieder wurden sogar prominente Blockadeteilnehmer verhaftet und sogar verurteilt. Noch im vergangenen Jahr ist die Polizei direkt gegen die Blockierer vorgegangen und hat diese z. T. bereits bei der Anreise abgefangen. Sie hatten dabei die sächsische Justiz auf ihrer Seite, die sich auf einen Paragrafen im Versammlungsgesetz beruft, die sogenannte Versammlungssprengung, und legt das Sich-in-den-Weg-stellen und -setzen als grobe Störung aus. Damit ist es eine Straftat und nicht - wie anderswo - eine Ordnungswidrigkeit. Gegen etwa 230 Personen wurden Ermittlungsverfahren eingeleitet und es laufen immer noch Ermittlungen gegen mehrere ehrenamtliche Mitarbeiter des Bündnisses „Dresden-Nazifrei” und gegen friedliche Blockierer, die am Tag in der Stadt unterwegs waren. 

Die ca. 700 Neonazis trafen gegen 17:30 Uhr am Hauptbahnhof und Strehlener Bahnhof ein und sollten, durch ein massives Polizeiaufgebot geschützt, zum Sachsenplatz ziehen. Das Bündnis „Dresden Nazifrei” hatte bereits Stunden vorher die wichtigen Knotenpunkte auf diesem Weg blockiert.

Durch die zahlreichen Blockaden auf dem geplanten Weg der Neonazis konnten sie ihren Gedenkmarsch zum Sachsenplatz nicht realisieren. Nach Informationen von Korrespondenten sollen etwa 200 Neonazis am Hauptbahnhof durch Demonstranten eingekesselt worden sein und ein paar Straßen weiter versperrten 1.500 Gegendemonstranten den ca. 400 Nazis den Weg. Mehrere NPD-Funktionäre, unter ihnen auch der Bundesvorsitzende Holger Apfel waren von der Polizei auf der Pillnitzer Straße festgehalten worden. Und während die NPD-Funktionäre um Udo Pastörs schimpften, wetterten und sich beklagten, wobei die Stimmung bei den Neonazis sich den frostigen Außentemperaturen anpasste, stieg das Selbstbewusstsein ihrer Gegner. Damit schien eine größere Nazi-Kundgebung  unmöglich.