Unbehagen ...

 

BRÜSSEL. (hpd) Nadia Geerts, eine in frankophonen Kreisen bekannte belgische Aktivistin gegen religiösen Fanatismus, kommentiert die französische Kurzfassung des schockierenden Films „Der dritte Dschihad" von Zuhdi Jasser, Vorsitzender der Vereinigung der antifundamentalistischen Muslime in den USA, der zugespitzt die Gefahren des USA-internen muslimischen Fundamentalismus illustrieren will.

Der Film stellt unangenehme Fragen. Dazu gehört auch die quälende Frage: Warum haben die Muslime nicht massiv demonstriert nach den Anschlägen vom 11. September, Madrid, London, etc.?

Lange hat mich diese Frage gereizt. Ich sah es in der Tat als sehr schädlich an, die Muslime systematisch zu bitten, sich betroffen zu fühlen, durch das, was gefährliche Verrückte im Namen des Islams begingen. Ich denke, und bin immer noch der Ansicht, dass man nicht, weil man muslimisch ist, sich betroffen fühlen muss, jedes Mal, wenn ein so genannter Muslim einen solchen Schritt vorschlägt oder macht, sei er auch manchmal gewaltig und abscheulich. Wenn Geneviève Lhermitte ihre fünf Kinder ermordet (Kriminalfall in Belgien, N. d. Ü.) kommt man nicht, um mich zu bitten, was ich davon als Frau denke oder als Mutter. Man erwartet nicht von den Müttern ganz Belgiens, dass sie auf die Straße gehen, um gegen diese entsetzliche Handlung zu protestieren. Wenn Joe van Holsbeek von zwei jungen Menschen ermordet wird (Kriminalfall um zwei polnische Täter in Belgien, N. d. Ü), bittet man nicht alle Jugendlichen, ihre Missbilligung gegenüber dieser Handlung öffentlich zu demonstrieren, unter dem Vorwand, dass sie von zwei Jugendlichen wie ihnen begangen worden sei.

Kurz gesagt schien es mir, dass es sich bei der Forderung, die Muslime hätten sich gegen den islamischen Terrorismus auszusprechen, um eine Art prinzipiellen Argwohn handelt. Als ob jeder Muslim, der nicht laut und deutlich „nicht in meinem Namen" sagt, sofort der Sympathie für den Terrorismus verdächtigt werden kann.

Die humanistische Perspektive, die ich für mich einfordere, verlangt im Gegensatz menschliche Wesen zuerst als menschliche Wesen in Betracht zu ziehen und nicht als Mitglieder einer Gemeinschaft. Ich bin also der Ansicht, dass auch die Muslime das Recht haben, sich wenig von den Machenschaften einiger Fanatiker betroffen zu fühlen, genau wie die Juden von der israelischen Politik oder die Atheisten von den religiösen Verfolgungen, die in einigen kommunistischen Staaten orchestriert wurden.

Jedoch muss man feststellen, dass der Kommunitarismus wie Wunder bei anderen Gelegenheiten funktioniert. Es reicht aus, die Mobilisierungskapazität der europäischen Muslime anlässlich der Veröffentlichung der Karikaturen von Mohamed durch Jyllands-Posten zu sehen. (... ) Auf dieselbe Art und Weise sind während der Demonstrationen gegen die israelische Militäraggression in Gaza eine beträchtliche Anzahl von Muslimen auf die Straße gegangen. Einige wurden sehr gewiss von einem authentischen Bürgersinn beseelt, aber man kann nicht ignorieren, dass andere vor allem als Muslime mobilisiert wurden - was ihre Slogans zum Aufrufen des Djihad oder zur Unterstützung der Hizbollah oder Hamas widerspiegelten.

Aber, wenn es selbstverständlich nicht tadelnswert ist, sich von Ereignissen als Muslime an sich besonders betroffen zu fühlen, ist es erstaunlich, dass es so viele Muslime für notwendig halten, ihre Entrüstung gegen Karikaturen herauszuschreien, aber es nicht für nützlich halten zu protestieren, wenn man im Namen der Religion, die sie für sich einfordern, tötet.

Meine Absicht besteht nicht darin, die der extremen Rechte teure Schlussfolgerung zu ziehen, nach der der Islam prinzipiell eine barbarische Religion wäre, und die Muslime rohe Fanatiker. Ich bin in der Tat überzeugt, dass viele von ihnen nicht radikale Muslime sind, die Selbstmordattentate, Terrorismus, Steinigung und andere im Namen ihrer Religion begangene Abscheulichkeiten gänzlich missbilligen. Aber warum hört man sie nicht?

Ich habe eine Hypothese in dieser Hinsicht, von der ich weiß, dass sie nicht wissenschaftlich ist, aber die aus der Feststellung entsteht, dass es heute offensichtlich nicht einfach ist, ein progressiver, demokratischer, laizistischer, feministischer etc. Muslim zu sein. Wie oft habe ich in der Tat nicht die Zeugnisse gehört von Leute, die von muslimischer Kultur sind, und sich über ihre Schwierigkeit beklagten, durch ihre Brüder und Schwestern akzeptieren zu lassen, dass sie den Ramadan nicht einhalten, das Kopftuch nicht tragen, Schweinefleisch oder nicht hallalsichere Nahrung essen usw.?

Meine Hypothese und also folgende: Es gibt im Grunde, angesichts des auflebenden religiösen Radikalismus, besonders innerhalb des Islams, nur drei Auswege für die Muslime: sich ihrerseits zu radikalisieren, den Islam als Ganze abzulehnen oder... sich ganz klein zu machen, bis das vorbei geht.

Das Problem ist, dass „das" nicht vorbei gehen wird. Der Islam ist heute von diesem Terror erfüllt, den er jenen auferlegt, die anders denken. ( ... ) Bei uns haben wir das Glück, von einem demokratischen Rahmen zu profitieren. Dieser selbe Rahmen, den die Extremisten aller Schattierungen benutzen, um ihre Ideen zu befördern, muss aber dringend auch jenen dienen können, die diese Ideen ablehnen. Wir können nicht akzeptieren, dass das „muslimische" Wort durch die Integristen beschlagnahmt wird. Es ist dringlich, dass sich die Stimmen der demokratischen Muslime hören lassen. Ihre Stille ist ein gesegnetes Brot für die extreme Rechte und für den Islam.

Jedoch muss man dafür den Mut haben, dem Urteil „der Brüder und Schwestern" zu trotzen. Aber heute geschieht alles, als ob es einfacher wäre, eine bedingungslose Solidarität mit der „muslimischen Gemeinschaft" zu entwickeln. Als ob das Hauptrisiko darin bestände, außer der Tatsache durch sie als „Verräter" abgelehnt zu werden, das Umweltklima „Islamophobie" zu stärken. ( ... ) Angesichts der Zwiespältigkeit (wirklich oder angenommen), müssen wir zusammengeschweißt bleiben." Das ist vielleicht das Leitmotiv des Verhaltens vieler Muslime.

Das Problem ist selbstverständlich, dass es genau dieser Anschein des intermuslimischen Zusammenhalts ist, der alle Trugbilder eines einheitlichen radikalen Islams vorantreibt.

Wie können die Verwüstungen des Kommunitarismus besser bewiesen werden, der den Radikalen nutzt und die Demokraten zu üble Nachreden gegen sie zwingt?

Gekürzte Übersetzung von R. Mondelaers

Quelle

Film mit französischer Übersetzung

Englischer Trailer