"Die SPD kann durch uns nur gewinnen"

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Oliver Lösch. Foto: privat

MAINZ. (hpd) Nach der Ablehnung eines „Arbeitskreises Laizistinnen und Laizisten in der SPD“ durch den SPD-Parteivorstand zeigten sich Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten unbeeindruckt und gründeten in den Bundesländern Gesprächskreise. Der hpd sprach mit Oliver Lösch, einem Mitglied des Sprecherkreises in Rheinland-Pfalz.

In Rheinland-Pfalz hatten sich Ende Mai 18 Parteimitglieder in Bad Kreuznach getroffen, eine Erklärung beschlossen und einen Sprecherkreis gewählt.

hpd: Warum hast Du die LaSos Rlp gegründet?

Oliver Lösch: Zunächst einmal war ich das ja nicht alleine, viele engagierte SPD-Mitglieder haben sich da zusammengefunden. Was unsere Motivation angeht, die ist sehr vielfältig. Zum Einen wollen wir die „SPD-Laizisten“ auf Bundesebene unterstützen – gerade jetzt, nachdem der Bundesparteivorstand die Einrichtung eines offiziellen Arbeitskreises abgelehnt hat. Man kann uns aber nicht einfach wegignorieren oder wegbeschließen. Durch die Verankerung in den Bundesländern - es gab ja in den letzten Wochen Gesprächskreisgründungen in fünf Ländern - wollen wir deutlich machen, dass unsere Initiative auf Dauer angelegt ist und nicht auf eine offizielle Anerkennung seitens der Parteispitze angewiesen ist.

Zum Anderen sollen diese Gesprächskreise die Arbeit vor Ort, in den Unterbezirken und Ortsvereinen, ermöglichen. Denn das kann die Gruppe auf Bundesebene nicht leisten. Wir streben aber ganz klar eine Entwicklung von unten an, dafür brauchen wir die Arbeit vor Ort. Zudem wollen wir in Rheinland-Pfalz natürlich landesspezifische Themen innerhalb der SPD und in der Öffentlichkeit vor Ort zur Sprache bringen.

hpd: Was ist Dein Ziel?

Lösch: Ziele gibt es natürlich viele. Das primäre Ziel ist zunächst einmal, dass über unsere Themen geredet und diskutiert wird. Sowohl in der SPD als auch in der Öffentlichkeit. Vielen Menschen ist doch beispielsweise gar nicht bekannt, auf welch vielschichtige Art und Weise die Kirchen von allen Steuerzahlern, ganz egal wie diese zu den Kirchen stehen, subventioniert werden, und um welche Summen es hier geht.

Auch das skandalöse Arbeitsrecht der Kirchen, welches es den Kirchen ermöglicht beispielsweise wiederverheiratete oder homosexuelle Menschen zu entlassen, da dies deren Loyalitätspflichten gegenüber ihren kirchlichen Arbeitgebern angeblich widerspricht, war bislang kaum Thema der öffentlichen Debatte. Unserer Auffassung nach widerspricht diese Rechtslage den sozialdemokratischen Grundwerten aufs Äußerste. Deshalb wollen wir mit unseren Genossinnen und Genossen darüber reden.

hpd: Warum glaubst Du, dass Laizismus für eine Volkspartei und speziell die SPD wichtig ist?

Lösch: Eine Volkspartei SPD kann nur als weltanschaulich pluralistische Volkspartei bestehen. Dies bedeutet, dass in der SPD Menschen jeglicher religiösen Überzeugung (oder Nicht-Überzeugung) willkommen sein müssen. In einer Gesellschaft, die mittlerweile in Weltanschauungsfragen so multipolar ist wie unsere, kann eine linke Volkspartei sich nicht darauf zurückziehen, bestimmte Weltanschauungen oder Religionsgemeinschaften gegenüber anderen zu bevorteilen. Genau das geschieht aber in unserer Gesellschaft, und die SPD steht dem heute leider sehr unkritisch gegenüber – obwohl die SPD eine starke freidenkerische und aufklärerische Tradition hat. An dieser Stelle kommen wir „Laizisten“ ins Spiel – wir wollen diese Kritik an den bestehenden Privilegien der christlichen Religionsgemeinschaften in unsere Partei tragen.

Leider haben die allermeisten der führenden Köpfe der SPD demgegenüber bislang eine stark ablehnende Haltung an den Tag gelegt, die man nur als äußerst unreflektiert bezeichnen kann. Viele, wie beispielweise Hannelore Kraft, sind sogar der Meinung, die Kirchen und ihre Privilegien öffentlich verteidigen zu müssen – natürlich spricht man dann nicht explizit von uns, es ist aber offensichtlich wie es dazu kommt, dass sich gerade jetzt viele SPD Politiker demonstrativ hinter den gegenwärtigen Status Quo des Verhältnisses von Staat und Kirche stellen. Wenn Sigmar Gabriel sagt er habe „keine Sympathie“ für unsere Gruppe, dann kann man sicherlich auch kaum von einer sachorientierten oder in sonstiger Hinsicht irgendwie qualifizierten Aussage sprechen. Das ist sehr bedauerlich, angesichts der intensiven Vernetzung zwischen Parteispitze und Kirchenlobby aber auch nicht weiter verwunderlich. Vor allem ist es aber eines nicht, nämlich hinnehmbar.

Wenn die SPD-Spitze von Parteireform und Erneuerung spricht, ist es schon ein starkes Stück, basisdemokratischen Initiativen wie der unseren die Anerkennung zu verweigern. Auch darüber werden wir mit den Genossinnen und Genossen an der Basis reden: Dass unsere Initiative ein Paradebeispiel für eine von unten gewachsene Reformbewegung innerhalb der SPD darstellt und auch als solche wahrgenommen werden sollte.

Die SPD kann durch uns nur gewinnen, denn unsere Themen werden unausweichlich an Bedeutung gewinnen, man muss sich doch nur einmal die Zahlen ansehen. In den fünfziger Jahren war nahezu die gesamte Bevölkerung Mitglied einer der beiden Großkirchen – heute sind es noch 60%, Tendenz weiter fallend. Da muss man sich doch als fortschrittliche, eben nicht-konservative Partei Gedanken darüber machen, ob die althergebrachten Kirchenprivilegien noch zeitgemäß sind und welche Veränderungen angesichts einer religiös multipolaren Gesellschaft angebracht wären. Natürlich braucht es dafür vor allem eines, nämlich Mut und den Willen zur Veränderung. Und genau diesen bringen wir „Laizistinnen“ mit – die SPD wäre sehr gut beraten, auf uns zuzugehen und mit uns zu sprechen.

Vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview führte Tobias Trapp

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