Gentechnik-Gegner: Schlecht informiert und meinungsstark

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Der Bioladen um die Ecke, der mit "genfreiem" Gemüse warb, hat längst dichtgemacht. Heute befriedigen die großen Supermärkte und Discounter die enorme Nachfrage nach Produkten ohne Gentechnik. Als "Frankenfood" verschrien, haben genetisch veränderte Lebensmittel einen schlechten Ruf, obgleich Wissenschaftler den Verzehr als sicher einstufen.

Ob Information und Aufklärung helfen, die irrationale Angst zu vermindern? Eine aktuelle Studie versetzt dieser Hoffnung einen gehörigen Dämpfer. Ein Team von nordamerikanischen Psychologen befragte dafür mehr als 2.000 Personen in Frankreich, Deutschland und den USA zu ihrer Einstellung gegenüber Gentechnik und präsentierte ihnen eine Liste von 15 Aussagen über Genetik und Wissenschaft, die sie jeweils als wahr oder falsch bewerten sollten. Eine weitere Aufgabe bestand darin, in einer Selbsteinschätzung den eignen Wissensstand auf den Gebieten Genetik und Naturwissenschaften zu beurteilen. Dabei zeigte sich, dass diejenigen mit den größten Vorbehalten gegen genetisch veränderte Lebensmittel am wenigsten darüber wussten.

"Je weniger jemand über Gentechnik weiß, desto stärker widerspricht er dem wissenschaftlichen Konsens", resümieren die Forscher. Dabei hielten sich gerade Personen mit geringem Sachwissen für bestens informiert.

Dieses Auseinanderklaffen von realem und geschätztem Wissen ist eng mit extremistischen Ansichten verbunden, so Philip Fernbach, Erstautor der Studie. Unvoreingenommene Personen sind demnach besser in der Lage, ihren Kenntnisstand einzuschätzen.

Dagegen spielen Bildungsstand und politische Einstellung kaum eine Rolle, schreiben die Forscher. So weit Linke und Konservative in anderen Fragen auch auseinander liegen, bei der Ablehnung von GMOs sind sie sich einig. Ein ähnliches Bild zeigte sich bei der Einstellung zur Gentherapie zur Behandlung von Krankheiten. Andres sah es jedoch beim Klimawandel aus. Dort sei die Diskussion so stark politisch polarisiert, dass Personen die Position des Lagers übernehmen, in dem sie sich selbst verorten

Das Ganze erinnert an den bekannten Dunning-Kruger-Effekt: Inkompetenz auf einem bestimmten Gebiet führt dazu, dass die Betroffenen die eigenen Irrtümer und Wissenslücken übersehen und sich gerade deshalb für besonders kompetent halten.

In einem ersten Impuls möchte man schmunzeln über eine so groteske Selbstüberschätzung. Doch die Betroffenen sind keine Minderheit. In einer früheren Befragung schätzten nur 37 Prozent der Amerikaner genetisch veränderte Lebensmittel als sicher ein, unter den befragten Wissenschaftlern waren es 88 Prozent. Auch in der aktuellen Studie lehnten 93 Prozent die grüne Gentechnik ab. Forscher dagegen bescheinigen der Technologie ein Potenzial zur Verbesserung der Welt-Ernährungssituation: Durch genetische Veränderung lassen sich Nutzpflanzen mit erhöhtem Nährstoffgehalt und besserer Haltbarkeit züchten, die höhere Erträge bringen und widerstandsfähiger gegen Erkrankungen sind.

Mit schierer Information wird sich kaum eine höhere Akzeptanz der Gentechnik erreichen lassen. Derartige Initiativen haben sich bereits in der Vergangenheit als wenig erfolgreich erwiesen. Deshalb schlagen Fernbach und sein Team eine andere Strategie vor. Im ersten Schritt soll sich das Publikum der eigenen Wissenslücken bewusst werden, und erst anschließend die Fakten erfahren. Doch wie können Wissenschaftskommunikatoren das erreichen? Diese Frage dürfte zukünftigen Forschungen ein breites Betätigungsfeld eröffnen.