FPÖ gegen Fristenlösung

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Waldviertel / Foto: flashcube/heise.de

WIEN. (hpd) Die Debatte um den straffreien Schwangerschaftsabbruch in Österreich geht weiter. FPÖ-Bundesobmann Heinz Christian Strache stellt die so genannte Fristenlösung infrage.


Seine Argumente sind nahezu deckungsgleich mit denen der Spitzen der katholischen Kirchenhierarchie. Erst vor kurzem hatte eine Demonstration militanter Abtreibungsgegner für Aufregung gesorgt.

Im Interview mit der Austria Presse Agentur (APA) greift Strache die beiden aktuellen Lieblingsthemen der österreichischen Rechtsparteien auf. Fristenlösung und Wehrmachtsdeserteure. Wenig überraschend ist er gegen beide. Die Lösung, dass Frauen innerhalb der ersten drei Monate einer Schwangerschaft straffrei eine Abtreibung vornehmen lassen können, hält er für "nicht unbedingt rechtskonform". Er tritt für verpflichtende Beratungen und Bedenkfristen ein. Ähnliches hatten Teile der ÖVP zuletzt gefordert. Ärzte sehen in solchen Auflagen unzumutbare Hürden.

Ähnlich wie Christoph Schönborn fordert er so genannte "flankierende Maßnahmen". So weit wie die Fundis der "Christen" und von HLI, die Abschaffung der Fristenlösung zu fordern, geht er nicht. Aber er wird deutlich genug. "Es steht alles zur Diskussion. Man kann über alles diskutieren und soll auch über alles diskutieren."

Erinnerung an Kampl

In dem APA-Interview greift Strache ein weiteres Thema auf, das Österreichs Rechtsparteien aktuell in der politischen Debatte halten wollen. Er ist dagegen, dass Wehrmachtsdeserteure wie von FPÖ und Grünen gefordert rehabilitiert werden. Ähnlich wie Bundesrat Siegfried Kampl (BZÖ) 2005 spricht Strache von Deserteuren, die auch Kameraden erschossen hätten. Was in seinen Augen eine Rehabilitierung der Menschen unmöglich macht, die vor einer unmenschlichen Armee und einem verbrecherischen Krieg flüchteten. So gut wie immer unter Lebensgefahr.

Die Reaktionen fallen deutlich aus: "Die Diffamierungsversuche von FPÖ-Parteichef Strache, Deserteure zu Mördern und Kameradenschweinen zu machen, sind eine Frechheit und eine unerhörte Anmaßung jenen Menschen gegenüber, die ihre Entscheidung, in Hitlers Vernichtungsfeldzug nicht mehr mitzumarschieren, mit dem Leben bezahlt haben," sagt Richard Wadani Wehrmachtsdeserteur und Sprecher des Personenkomitees "Gerechtigkeit für die Opfer der NS-Militärjustiz" gegenüber ORF.at.
 Proteste hagelt es auch von Nationalratspräsidentin Barbara Prammer (SPÖ).

Thematische Angleichung mit Teilen der ÖVP

Gleichzeitig wird ein Eklat bei der Waldviertel-Akademie bekannt, der zeigt, wie weit Kreise der ÖVP und FPÖ thematisch übereinstimmen. Wie die Zeitschrift "akin" berichtet, hat dort die ÖVP-nahe Publizistin Astrid Meyer-Schubert mit rassistischen Aussagen mehrere Teilnehmer einer Podiumsdiskussion zum Verlassen des Saales gebracht.

Thomas Schmidinger, einer der Teilnehmer, der erbost den Saal verließ, bestätigt die Ereignisse. "Meyer-Schubert hat unter anderem gemeint, Muslime hätten keine Freiheitsvorstellung und Muslime in Europa müssten zwangskonvertieren oder sich assimilieren. Das ist eindeutig rassistisch". Meyer-Schuberts Argumentationslinie unterscheidet sich in nichts von der Susanne Winters, jener FPÖ-Abgeordneten, die wegen Verhetzung verurteilt wurde. Ähnlich wie öfter Strache versucht sie, Freiheit, Frauenrechte und Demokratie als vom Christentum erkämpft darzustellen. Schmidinger: "Das ist historischer Unfug."

Meyer-Schubert wurde der Waldviertel-Akademie nicht von der FPÖ empfohlen. Es war laut "akin" die politische Akademie der ÖVP, die die Publizistin mit Verbindungen zum Dominikaner-Blatt "Neue Ordnung" der Veranstaltungsreihe ans Herz legte. Ihre Argumente hört man in rechten ÖVP-nahen Kreisen immer wieder. Auch bei den "Christen", wo etliche Mitglieder parallel auch der ÖVP angehören. Jener Partei, die vor kurzem die Demonstration militanter Abtreibungsgegner in Wien organisiert hatte. Deren Wiener Obmann Klaus Pekarek etwa wurde schon von der ÖVP bei Wahlen aufgestellt.

Bei allen Übereinstimmungen: Dass die VP-Akademie um Meyer-Schuberst Positionen wusste, als sie sie der Waldviertel-Akademie aufs Auge drückte, ist fraglich. Vermutlich hat man bei der VP-nahen Publizistin einfach nicht recherchiert, bevor man sie weiterempfahl.

Christoph Baumgarten