In einem Interview sagt der UN-Sonderberichterstatter für Religionsfreiheit, Heiner Bielefeldt, dass keine Religion ohne Schuld sei. Gewalt und Kriege haben alle Religionen seiner Ansicht nach mitverursacht: "Da müssen wir nur nach Russland schauen, wo Nationalismus und christliche Orthodoxie eine sehr enge Form der autoritären Partnerschaft eingehen. Man kann also nicht sagen, dass die Vermischung beider Sphären schlicht auf die theologischen Spezifika einer Religion zurückzuführen ist. Auch im Islam kann man säkulare Staatlichkeit anspruchsvoll begründen. Übrigens gibt es die Verbindung von autoritärem Nationalismus und Religion sogar im Buddhismus, etwa in Sri Lanka."
Er warnt davor, von Christenverfolgung zu sprechen: "Von der Gewalt im Irak oder in Syrien sind alle Konfessionen betroffen. Sie hat freilich ein völlig neues Ausmaß erreicht, insofern steigen auch die Zahlen der in Mitleidenschaft gezogenen Christen. Die Dramatik dieser Situation rechtfertigt den Begriff Verfolgung durchaus. Generell aber sollte man, mit dem Begriff Christenverfolgung vorsichtig sein. - Das Wort Verfolgung bezeichnet eine sehr aggressive Form der Verweigerung von Religionsfreiheit. In vielen Fällen auf der Welt geht es aber eher um Diskriminierung oder Schikanierung. Zudem: nach meinem Wissen sind nirgendwo Christen allein bedroht, sondern auch andere Minderheiten wie die Jesiden, die Baha’i oder Angehörige der Ahmadiyya-Gemeinde. Auch innerhalb der christlichen Gemeinschaft trifft es in der Regel nicht alle gleich hart."
Es gibt auch - gerade an die deutschen Journalisten gerichtet - Medienschelte. "Wir brauchen zum Beispiel mehr professionellen Journalismus, der sich die Mühe macht, wirklich die Tatsachen zu recherchieren und nicht bloß Meinungsbildung zu betreiben." Dabei bezieht sich Bielefeldt insbesondere auf die Berichterstattung über den Islam. "Denn manche Muslime wehren sich auch gegen diese Praxis [gemeint ist die Scharia]. Gerade solches Engagement über die Religionsgrenzen hinweg kann dazu beitragen, Ressentiments zu besiegen."
5 Kommentare
Kommentare
Angelika Richter am Permanenter Link
Was will Herr Bielefeld von den Medien in Deutschland?
Er scheint die Tatsache, dass sich (auch medial) zu exponieren für fundamentalismuskritische Muslime durchaus gefährlich sein kann, einfach auszublenden.
Thomas B. Reichert am Permanenter Link
Religionen fallen nicht vom Himmel. Jede Religion ist arglistige Täuschung - konstruierter Aberglauben.
Hans Trutnau am Permanenter Link
Bielefeldt fordert zwar auch wieder "Respekt vor den religiösen Orientierungen" (wieso das überhaupt?), aber macht eines, das ich häufig bei solcher Gelegenheit vermisse - er differenziert (sowohl bzgl.
David am Permanenter Link
"Wir brauchen zum Beispiel mehr professionellen Journalismus, der sich die Mühe macht, wirklich die Tatsachen zu recherchieren und nicht bloß Meinungsbildung zu betreiben."
Eine interessante Aussage von Herrn Bielefeldt. Von diesem frommen Wunsch war er während der Debatte um das Abschneiden von Teilen des Genitals bei Jungen ohne medizinischen Grund eindeutig nicht beseelt.
Pavlovic am Permanenter Link
Herr Trutnau schreibt: "Bielefeldt fordert zwar auch wieder "Respekt vor den religiösen Orientierungen" (wieso das überhaupt?)"
Als Mobbing-Berater erlebe ich immer wieder, dass Menschen mit autoritärer Prägung mit Kritik nicht umgehen können. Der Übergang bis hin zur Psychopathologie (kompletter Mangel an Eigenkritikfähigkeit) ist fließend. Das Christentum als "Mobbing-Geschichte" auch zu finden auf: monotheismus.wordpress.com - oder sehr anschaulich bei Youtube als erstem Treffer unter "Verteidigung gegen Psychopathen".