Russland: Wegen Atheismus vor Gericht

Verletzte religiöse Gefühle

BERLIN. (hpd) Weil er in einem Webchat die Existenz Gottes geleugnet hat, steht ein russischer Atheist nun vor Gericht. Ihm droht eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr.

In seiner Heimatstadt Stavropol muss sich seit Montag der 38-jährige Viktor Krasnov vor Gericht verantworten. Laut Nachrichtenagentur AFP wird Krasnov beschuldigt, die religiösen Gefühle von Gläubigen beleidigt zu haben, weil er 2014 während eines Webchats geschrieben hatte: "Es gibt keinen Gott". Krasnov hatte sich an einer Internetdiskussion des in Russland verbreiteten Sozialen Netzwerks vk.com beteiligt und dort unter anderem geschrieben: "Wenn ich sage, dass diese Sammlung jüdischer Märchen, die sich Bibel nennt, kompletter Bullshit ist, ist der Fall doch erledigt. Wenigstens für mich."

Ein junger Teilnehmer der Diskussion beschwerte sich über Krasnov und warf ihm vor, die Gefühle von orthodoxen Gläubigen zu verletzen. Laut NBCNews klagte das russische Ermittlungskomitee Krasnov daraufhin wegen "der Verletzung der Gefühle von Gläubigen" an. Das russische Ermittlungskomitee ist seit 2011 die zentrale Ermittlungsbehörde Russlands und dem amerikanischen FBI vergleichbar.

Angeklagt wurde Krasnov aufgrund eines umstrittenen Gesetzes, das 2013 verabschiedet wurde, nachdem man die Punk Band Pussy Riot für ihren religionskritischen Auftritt in der russisch-orthodoxen Christ-Erlöser-Kathedrale in Moskau verhaftet hatte.

Vor Prozessbeginn wurde Krasnov einen Monat lang in der Psychiatrie untersucht. Die psychiatrische Untersuchung ergab, dass er geistig gesund ist. Krasnovs Anwalt teilte der Presse mit, dass sein Mandant einfach ein Atheist sei.

Krasnov droht eine Haftstrafe von bis zu einem Jahr.