Berlin hat eine Karl-Heinrich-Ulrichs-Straße

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Fotos: © Evelin Frerk

BERLIN. (hpd) Berlin würdigt einen Pionier der Schwulenbewegung mit einer Straßenumbenennung mitten im schwulen Kiez und verabschiedet damit einen ehemaligen preußischen Kriegsminister (fast) endgültig.

Die Umbenennung der Schöneberger Straße gibt zweifachen Grund zum Feiern: Erstens hat der preußische Kriegsminister Einem ausgedient und zweitens brauchte es in Berlin einfach eine Straße, die nach dem Pionier der Schwulenbewegung Ulrichs benannt ist.

Zwei Expertisen haben belegt, nach wem die am Nollendorfplatz gelegene Straße 1934 eigentlich benannt worden war. Und zwar nach Karl von Einem, der 1907 als Preußischer Kriegsminister die Vernichtung homosexueller Männer gefordert, 1931 den Nationalsozialisten gehuldigt und 1933 das Dritte Reich bejubelt hat.

Ulrichs hingegen gilt als Vorkämpfer der weltweit ersten homosexuellen Emanzipationsbewegung und ist bis heute Inspirationsquelle der Lesben- und Schwulenbewegung. Bereits 1867 hat er auf dem Deutschen Juristentag die Abschaffung antihomosexueller Gesetze gefordert, was damals zu tumultartigen Szenen führte.

Der Geschäftsführer vom Lesben- und Schwulenverband (LSVD) Berlin-Brandenburg, Jörg Steinert, sagte: "Durch die Straßenumbenennung wird die Lesben- und Schwulenbewegung auch im Stadtbild sichtbar. 2014 wird für uns das Karl-Heinrich-Ulrichs-Jahr. Denn vor 150 Jahren veröffentlichte er die erste von insgesamt 12 Schriften über mannmännliche Liebe", so Steinert weiter.

Dirk Siegfried und Gerhard Hoffmann hatten die Initiative zur Umbenennung im Januar 2010 gestartet. Siegfried ist über Berlin hinaus als Anwalt und Verfechter der rechtlichen Gleichstellung schwul-lesbischer Partnerschaften und Hoffmann für die von ihm mitgegründete erste Schwulenbar mit Schaufenster, das "Andere Ufer", bekannt.

Die Bezirksverordnetenversammlung von Tempelhof-Schöneberg beschloss im Februar 2012, die nördlich des Nollendorfplatzes gelegene Straße nach Karl Heinrich Ulrichs zu benennen. Der im Bezirk Mitte gelegene Teil der Einemstraße kann zur Zeit noch nicht umbenannt werden, weil dort Widersprüche gegen die Straßenumbenennung eingegangenen sind.

Das Rathaus Schöneberg vertraten die Bezirksbürgermeisterin Angelika Schöttler und der Bezirksstadtrat Dipl.-Ing. Daniel Krüger. Beide sprachen frei, ohne schriftliches Redekonzept und Mikrofon. Sie waren dabei dicht umringt von den Mitfeiernden. Angelika Schöttler betonte, die Umbenennung lässt eine Epoche hinter sich. Das Straßenschild zeigt, eine neue Zeit habe begonnen, das liesse sich jeden Tag an diesem Straßenschild erneut feststellen und das sei eine Freude. 

Jede Straßenumbenennung regt Fantasien darüber an, welchen Namensgebern man eigentlich schon lange nicht mehr begegnen möchte beziehungsweise ermuntert, sich Wunschkandidaten auszudenken – und an entsprechender Stelle einzubringen!

Corinna Gekeler

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