Freidenkerin: Keine Pfarrgehälter mitfinanzieren

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Kirche und Geld / Foto: S. Hofschäger (pixelio)

BERN. (fvs/hpd) Die Freidenker-Vereinigung der Schweiz unterstützt ein Berner Mitglied, das in Sachen Pfarrerbesoldung aus allgemeinen Staatssteuern nun an das Bundesgericht gelangt. Die Beschwerdeführerin ist nicht bereit, über die Kantonssteuern indirekt Kultussteuern, insbesondere für die Entlohnung der Geistlichen der Landeskirchen zu bezahlen.

Das Berner Verwaltungsgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass der geschuldete Betrag auf einer rechtlichen Grundlage basiere und die Steuerpflichtigen keinen Anspruch hätten hinsichtlich der Verwendung der bezahlten allgemeinen Steuern.

Zwar schuldet die Beschwerdeführerin dank ihrem Austritt aus der Kirche keine Kirchensteuer, doch stört sie sich an der Tatsache, dass die Löhne der Geistlichen der drei Landeskirchen und eines Domherrn sowie ein Beitrag an die Kosten des Bistums Basel aus den kantonalen Steuern bezahlt werden, die einheitlich von allen steuerpflichtigen Personen erhoben werden, unabhängig davon, ob sie einer Landeskirche angehören.

Glaubens- und Gewissensfreiheit gilt auch für Konfessionsfreie

Die Beschwerde stützt sich auf Art. 15 der Bundesverfassung (BV), Art. 9 Ziff. 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) und Art. 14 der bernischen Kantonsverfassung (KV). Gemäß Art. 15 BV ist "die Glaubens- und Gewissensfreiheit gewährleistet." Dieses Grundrecht gilt als eines der ältesten und garantiert jeder Person das Recht, die Religion und die Weltanschauung frei zu wählen. Als Abwehrrecht garantiert die so genannte "negative Glaubensfreiheit" das Recht, von Kirchensteuern, namentlich für eigentliche Kultuszwecke, befreit zu werden.

Dass der Kanton soziale Aufgaben der Kirchen finanzieren kann, ist nicht bestritten. Die Löhne der Pfarrer gehören jedoch nicht dazu, zumal die Kirchen je länger je mehr dazu übergangen sind, ihre Dienstleistungen, insbesondere Trauungen und Abdankungsfeierlichkeiten, den Nicht-Mitgliedern in Rechnung zu stellen. Angesichts der deutlich Veränderungen im 20. Jahrhundert in der Gesellschaft und der Tatsache, dass heute rund 25 % der Bevölkerung in der Schweiz keiner der drei Landeskirchen angehören drängt sich eine neue Sichtweise auf.

Nichts spricht gegen eine fallweise Abgeltung von sozialen Leistungen der Kirchen, soweit sie im Interesse aller und gemäß einem konkreten Leistungsauftrag erbracht werden. Ein öffentliches Interesse, Pfarrerlöhne mit Steuern von Nicht-Mitgliedern der Landeskirchen zu finanzieren, ist jedoch nicht ersichtlich. Wenig taugen auch so genannte "historische Rechtstitel" zur Rechtfertigung der Lohnzahlungen der Pfarrer durch den Kanton. Die Besoldung der evangelisch-reformierten Geistlichen gründe auf einem "vertragsähnlichen" Dekret vom 7. Mai 1804.

Das Verwaltungsgericht führt zwar berechtigterweise aus, dass staatliches Handeln in vielerlei Hinsicht der Weltanschauung oder der religiösen Überzeugung gewisser Steuerzahlender widersprechen kann, wenn jedoch eine Grundrechtsfrage nur auf juristischem Weg geltend gemacht werden kann, muss es indessen möglich sein, einzelne Aspekte der Mittelverwendung in Frage zu stellen.

Grazia Annen

Freidenker: Details der Begründung