Humanisten kritisieren Bildungsplanreform

"Christliches Menschenbild" darf kein Maßstab für Bildung sein

FREIBURG. (hpd) Als Anschlag auf die Glaubens- und Gewissensfreiheit haben die Evolutionären Humanisten Freiburg (EHF) die Absicht des baden-württembergischen Kultusministeriums bezeichnet, die "Bildung für Toleranz und Akzeptanz von Vielfalt" im Rahmen der Bildungsplanreform 2016 an ein "christliches Menschenbild" zu koppeln.

Im Entwurf der Leitperspektive "Bildung für Toleranz und Akzeptanz von Vielfalt (BTV)" wird formuliert: "Kernanliegen der Leitperspektive ist es, Respekt sowie die gegenseitige Achtung und Wertschätzung von Verschiedenheit zu fördern. Grundlagen sind die Menschenwürde, das christliche Menschenbild sowie die staatliche Verfassung mit dem besonderen Schutz von Ehe und Familie."

EHF-Sprecher Arno Ehret (Freiburg): "Diese Formulierung ist weder mit dem Grundgesetz vereinbar, das die Bundesrepublik Deutschland zu weltanschaulich-religiöser Neutralität verpflichtet, noch steht sie im Einklang mit der Landesverfassung und dem Schulgesetz." Die Reduzierung des Bildungsauftrags auf ein nicht näher definiertes "christliches Menschenbild" sowie auf den "besonderen Schutz von Ehe und Familie" laufe dem Ziel der Erziehung zur Toleranz und zur Akzeptanz von Vielfalt eher zuwider.

Die Festlegung auf ein "christliches Menschenbild" überlasse die inhaltliche Bestimmung dieser Grundsätze den christlichen Kirchen bzw. deren Vertretern und schließe alle anderen "Menschenbilder" aus, die in unserer Gesellschaft bestehen, beispielsweise jene der nichtchristlichen Religionen oder agnostischer und atheistischer Weltanschauungen. "Was soll ein Jude, ein Moslem, ein Atheist oder ein aus der Kirche ausgetretener Katholik unter einem christlichen Menschenbild verstehen?", fragte Ehret.

Die Unbestimmtheit der Formulierung "christliches Menschenbild" lasse beliebige Deutungen zu "bis hin zu den rigiden und inhumanen Moralvorstellungen christlicher Gruppierungen, die den Wortlaut ihrer heiligen Schriften absolut setzen, die Homosexualität verteufeln, die wissenschaftlichen Erkenntnisse der Evolutionsforschung aus den Schulen und Hochschulen verbannen wollen und den Atheismus als strafwürdige Gotteslästerung ansehen."

Leitbild im weltanschaulich neutralen Staat könne allein das Menschenbild des Grundgesetzes sein, das von der Unantastbarkeit der Menschenwürde, der freien Entfaltung der Persönlichkeit, der Gleichheit aller Menschen sowie der Glaubens-, Gewissens- und Meinungsfreiheit geprägt sei und dessen weitere inhaltliche Bestimmung und Ausformung dem vom Volk gewählten Parlament obliege.

"Genauso wenig wie ich will, dass die Scharia in islamisch geprägten Ländern über die Menschen herrscht, so wenig kann ich akzeptieren, dass in unseren Schulen die Moralvorstellungen von Päpsten und Kardinälen darüber entscheiden, ob Homosexualität, Scheidungen oder wilde Ehen gesellschaftlich akzeptabel sind oder nicht", sagte EHF-Sprecher Ehret.