Nicht religiös? Steh dazu!

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Foto © Fiona Lorenz

LUXEMBURG. (hpd) In Luxemburg startete gestern eine dreimonatige Buskampagne mit fünf Bussen. Laurent Schley ist der Präsident von AHA, der Allianz der Humanisten, Atheisten und Agnostiker Luxemburgs. Er erklärt, weshalb diese Kampagne dringend nötig ist.

Die Kirche in Luxemburg ist stark an Mitgliedern, erklärt Laurent Schley. Daher habe sie einen großen Einfluss in den Schulen über den Religionsunterricht. Doch nicht nur dort, auch in Politik und Gesetzgebung mische die Kirche eifrig mit. Damit dringe die Kirche in das Leben der Leute ein – die gesamte Gesellschaft bekomme die Position der Kirche aufgedrückt.

Die konservative Partei CSV (der auch der Luxemburger Premier Juncker angehört), stärkt die kirchliche Position. Auch die größte Tageszeitung, das (Luxemburger) Wort, gehört tatsächlich der Kirche.

Kirche versus Bevölkerung

Die Realität allerdings sieht anders aus: Laut einer Umfrage des Luxemburger Zentrums für Bevölkerungforschung CEPS, die sich auf das Jahr 2008 bezieht, steht nur ein relativ geringer Prozentsatz der Bevölkerung hinter der Kirche. Als nicht-religiös bezeichnen sich beispielsweise rund 45 Prozent der Luxemburger, darunter fast zehn Prozent als „überzeugte Atheisten“.

Seit 1999 nimmt die Zahl derer, die religiösen Praktiken nachgehen, die Stärke und Trost in der Religion suchen (60 Prozent finden ihn nicht!), massiv ab.

Allein die Politik stärkt die Religion, die Bevölkerung nicht. Es fragt sich, ob die Politiker als Volksvertreter oder als Kirchenvertreter agieren.

Doch zurück zur Buskampagne und Herrn Schley. „Umfrage hin oder her“, sagt der AHA-Präsident, „die Leute stehen nicht dazu.“ Mit der Kampagne „Net reliéis? Stéi dozou!“ sollen sie ermuntert werden, dazu zu stehen. Religionsfreiheit soll kein Tabu mehr sein. Menschen sollen in Gesprächen mit Freunden ihre Position frei äußern. Denn, so die AHA-Vertreter: „Schweigen nützt nur der Kirche.“

Sie sollen dann noch einen Schritt weiter gehen und aus der Kirche austreten. Auf der Website der verwandten Organisation fraiheet.lu. Diese richtet sich an Menschen, die beschlossen haben die katholische Kirche in Luxemburg aus persönlichen Gründen zu verlassen.

Ein kleiner Schritt

Die Kampagne sei ein kleiner Schritt, „damit sich die Leute Gedanken machen“, führt Laurent Schley aus. Es sollen mehr Mitglieder gewonnen werden. Bislang seien in den fünf Monaten seit der Gründung fast 400 Mitglieder zu verzeichnen – beachtlich in einem angeblich tiefkatholischen Land mit lediglich 500.000 Einwohnern.

Finanziert wird die Kampagne zum Teil aus der Vereinskasse. Den Großteil der Kosten trägt jedoch ein „gönnerhafter Privatsponsor“, ein AHA-Mitglied, das ungenannt bleiben möchte. Wer möchte, kann spenden. Gegebenenfalls wird dann die Aktion verlängert.

AHA.lu arbeitet eng mit der Giordano-Bruno-Stiftung zusammen, hat jedoch ihr Konzept auf Luxemburger Verhältnisse zugeschnitten. Auf der Internetseite steht denn auch zu lesen: „Wer nicht religiös ist, braucht sich dafür weder zu schämen noch zu rechtfertigen, vielmehr kann er stolz sein auf ein rationales und vernunftorientiertes Weltbild!”

AHA plant in diesem Jahr ein bis zwei weitere Aktionen. Ansonsten besteht inzwischen die Möglichkeit, Lebensübergänge wie Hochzeiten oder Geburten anders zu feiern als in der Kirche. Der AHA-Präsident plädiert dafür, dass die Luxemburger sich nicht mehr dem sozialen Druck beugen, denn man müsse nicht in der Kirche heiraten, „man kann ganz flotte Sachen auch außerhalb der Kirche machen“.

Die Namensfeier beispielsweise. Ohne Religion erzogen, kann man sein Kind frei und kritisch denkend aufwachsen lassen. Es kann als Erwachsene selber entscheiden, ob es einer Weltanschauung angehören möchte, ebenso wie bei einer politischen Partei.

Die Bevölkerung soll mit der Buskampagne sensibilisiert werden und AHA will sich mit dieser Aktion als Verein sichtbar machen. Die Strategie ist übrigens anscheinend erfolgreich, denn seit der gestrigen Berichterstattung schnellte die Zahl der Anmeldungen bei AHA.lu merklich in die Höhe.

Fiona Lorenz