„Kaiserliche Hoheit" hat Geburtstag

WIEN. (hpd) In Österreich wurde nach dem Ersten Weltkrieg die feudale Vergangenheit aufgearbeitet. Die führenden Habsburger

mussten das Land verlassen, der Adel wurde aufgehoben, die Verwendung von Adelstiteln bei Strafe untersagt. Das gilt auch noch heute. Dem Herrn Ratzinger in Rom ist es egal. Laut der gedruckten Ausgabe der Kronen Zeitung vom 18. November schickte er das folgende Schreiben (dessen Echtheit von der Redaktion bestätigt wurde) zum 95. Geburtstag an Otto Habsburg (Original im Anhang):

„Anlässlich seines 95. Geburtstages erteile ich Seiner Kaiserlichen Hoheit Erzherzog Otto von Habsburg-Lothringen, seiner verehrten Gemahlin und seiner Familie sowie allen, die dem Hause Habsburg verbunden sind, auf Fürsprache der Allerseligsten Jungfrau und Gottesmutter Maria und des seligen Karl von Österreich [*] als Unterpfand reicher himmlischer Gnaden von Herzen den Apostolischen Segen.
Aus dem Vatikan, am 20. November 2007.
Benedictus PP. XVI.

„Gottesmutter" und letzter Kaiser als Fürsprecher

"Kaiserliche Hoheit, Erzherzog Otto von ...": In Österreich ist die Führung solcher Titel zwar kein Verbrechen und auch kein Vergehen, aber eine Verwaltungsübertretung, strafbar wie Falschparken oder der Verkauf verdorbener Würste. Otto Habsburg wird deswegen nicht bestraft werden, er hat diese Titel ja nicht selbst geführt, Ratzinger kann aus demselben Grund ebenfalls nicht bestraft werden. Das Adelsgesetz hat offenbar eine Lücke.

Warum Ratzinger so selig ist, liegt auf der Hand, in Habsburgerzeiten herrschte - abgesehen von der Zeit Joseph des Zweiten und der Verabschiedung der Staatsgrundgesetze von 1867 - Eintracht, Wonne, Sonnenschein zwischen Thron und Altar.

Als nach 1918 Thron und Altar aus den Staatsgeschäften verabschiedet wurden, litt die katholische Kirche bitterlich und musste sich mittels ihrer treuen Diener Seipel, Dollfuß und Schuschnigg um die Neueinrichtung ihrer göttlichen Ordnung bemühen. Der katholische Klerikalfaschismus besiegte 1934 die Arbeiterbewegung, doch 1938 war der Nationalsozialismus stärker. Und nach 1945 gab's keine Wiederkehr von Thron und Altar.

„Wenn es ums Land geht..."

Am 9. November erschien in der PRESSE ein Interview mit Otto Habsburg: "Ich habe Dollfuss unendlich respektiert. Der Mann war tapfer, bereit, sich bis zur letzten Konsequenz für Österreich einzusetzen. Damals habe ich ja alles aus dieser Perspektive gesehen: Wir müssen Österreich erhalten." PRESSE: "Und hatten Sie kein Problem damit, dass Dollfuss das Parlament auflöste, Parteien und Gewerkschaften verbot?" Habsburg: "Überhaupt keines. Wenn es ums Land geht, bin ich zu jeglicher Sache bereit."

Dankgottesdienst

Traurig, dass für Otto Habsburg nicht nur am 19.11. von Kardinal "Intelligent Designer" Schönborn ein Dankgottesdienst aufgeführt wurde - wie auch bereits zum 90. Geburtstag -, sondern dass auch Bundespräsident Fischer den immer noch aktiven Bekenner zum Klerikalfaschismus am Montag zu einer Geburtstagsglückwunschaudienz empfangen hat. Ein bisschen mehr republikanisches Selbstbewusstsein täte dem Staatsoberhaupt nicht schaden.

Bundespräsident Fischer nannte Ratzinger bei dessen Österreichbesuch im September "Heiligkeit" - zum glücklicherweise nie verkaiserten Otto Habsburg wird er doch hoffentlich nicht "Hoheit" sagen...

Erwin Peterseil
(atheisten.at)

 

[*] Karl I. (Franz Joseph Ludwig Hubert Georg Maria) war von 1916 bis 1918 Kaiser von Österreich und als Karl IV. König von Ungarn und Kroatien (Königreich Ungarn) und als Karl III. König von Böhmen, in Ungarn auch als "Letztkönig" bezeichnet. 2004 wurde er durch Papst Johannes Paul II. selig gesprochen.