Österreich; Kreuzfreie Schulen nun einfacher

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Alte Schule / Foto: Dieter Schütz (pixelio)

WIEN. (aha/hpd) Österreichs atheistische und humanistische Vereine begrüßen das Urteil des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofs in Straßburg, das Kreuze in italienischen Schulklassen verbietet. Auch wenn das unmittelbar nur auf Auswirkungen auf Italien habe, werde das Urteil den Kampf gegen religiöse Symbole in Schulen auch in Österreich erleichtern.

Diese Erwartung äußerten die Vorsitzenden des Freidenkerbunds, der Allianz für Humanismus und Atheismus (AHA) und AgnostikerInnen und AtheistInnen für ein säkulares Österreich (AHA). Die neu gegründete Landesgruppe der Giordano-Bruno-Stiftung schließt sich der Einschätzung an.

Ein vernünftiger Mensch kann ein Kreuz nur als religiöses Symbol sehen. Zu diesem Schluss kommt der EGMR in seinem richtungsweisenden Urteil in Straßburg. Und es sei zweifelhaft, ob ein religiöses Symbol den Bildungspluralismus fördern würde, der für eine demokratische Gesellschaft notwendig sei. „Ein Staat darf nicht zugunsten einer Religion Partei ergreifen, wie er das mit Kreuzen in Klassenzimmern tut“, sagen Theo Maier (Freidenkerbund), Karl Linek (AHA) und Erich Eder (AG-ATHE). „Für alle Kinder, die nicht getauft sind, seien sie konfessionsfrei oder als Mitglieder anderer Religionen eingetragen, sendet das das Signal aus: Du bist weniger wert. Du hast dich diesem Symbol zu unterwerfen. Das kann es doch nicht sein.“

Die Vorsitzenden sehen sich durch das Straßburger Urteil bestätigt. „Wir fordern seit langem, dass religiöse Symbole, und das sind in Österreich fast ausschließlich Kreuze, aus öffentlichen Gebäuden zu verschwinden haben. Der Staat hat sich nicht in religiöse Belange einzumischen und Religionen nicht in staatliche. Beides geschieht, wenn Kreuze in Klassenzimmern hängen. Da sagt der Staat: Diese Religion ist mehr wert als alle anderen.“ In Österreich schreibt das Konkordat mit dem Vatikan vor, dass die Kreuze in den Klassen hängen. „Das Straßburger Urteil stellt das infrage. Ein zwischenstaatliches Abkommen kann nicht das Menschenrecht auf freie und menschenwürdige Bildung aushöhlen“, sagen die Vorsitzenden. „Sollte es auch in Österreich Klagen gegen Kreuze in Klassenzimmern geben, werden wir diese selbstverständlich unterstützen.“

Zurückgewiesen wird die Argumentation, das Kreuz sei Teil der nationalen Identität. „Abgesehen davon, dass Österreich über Jahrhunderte auch multireligiös war: Das, was heute Österreich ist, hat viele Wurzeln. Dazu gehört sicher auch der Katholizismus. Aber mindestens genau so der Kampf dagegen. Der Staat hat kein Recht, hier willkürlich ein Symbol, noch dazu ein nicht-staatliches, herauszugreifen.“

Christoph Baumgarten