Missbrauch: Aufarbeitung unerwünscht

Eine ernüchternde Bilanz zogen die Vertreter der Opfer, was die Aufarbeitung der vor fünf Jahren bekannt gewordenen Fälle von sexuellem Missbrauch betrifft.

"Von Aufarbeitung könne kaum die Rede sein", sagten sie am Dienstag in Berlin. Häufig müssen die Interessen der Opfer hinter den Interessen der Täter-Institutionen zurückstehen. 

Der Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs, Johannes-Wilhelm Rörig, kritisierte, dass noch immer viele Tausend Mädchen und Jungen schutzlos sexueller Gewalt ausgesetzt sind. "Es mangelt an finanziell abgesicherten spezialisierten Beratungsstellen und Therapieplätzen bei sexuellem Missbrauch." 

Zudem wurde der geplante Entschädigungsfonds mit einem Volumen von 100 Millionen Euro, an dem sich je zur Hälfte der Bund und die Länder beteiligen sollten, bisher nicht voll finanziert. Bisher sind lediglich knapp 59 Millionen Euro "im Topf". "14 Länder weigern sich, Verantwortung zu übernehmen" - der Bund, Mecklenburg-Vorpommern und Bayern haben bisher gezahlt - die anderern Bundesländer nicht.

Morgen wird es im Bundestag einen Antrag der Regierungsfraktionen zur Einrichtung einer "Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung von sexuellem Kindesmissbrauch" geben. Sie soll unter Rörigs Führung die Entschädigungen regeln.

"Fraglich ist, ob das Gremium den Erwartungen gerecht werden kann. Als eine zentrale Stelle zur Aufarbeitung bräuchte es ausreichend finanzielle Mittel und ein umfangreiches Mandat, um Vorladungen an Täter aussprechen zu können" schreibt rp-online. "In den kommenden Monaten entscheidet sich also, wie ernst es der Politik mit der Unterstützung der Aufarbeitung ist."