freidenker 2 /2015 erschienen

Tierschutz und Humanismus

BERLIN. (hpd) Die aktuelle Ausgabe der österreichischen Zeitschrift für FreidenkerInnen, HumanistInnen und AtheistInnen "freidenker" ist erschienen. Das aktuelle Heft stellt die Frage, wie weit sich Tierschutz und Humanismus gegenseitig bedingen.

Der aktuellen Ausgabe des "freidenker"s ist anzumerken, dass es eine neue Chefredaktion gibt: die Beiträge sind anders gewichtet und mit dem Schwerpunkt mischt es sich in eine gesellschaftliche Debatte ein, die auch in Österreich kontrovers diskutiert wird.

Bevor es um "Tierschutz und Humanismus" geht, kommt Dr. Bilik zu Wort, der für eine historische Lehre von Religionen plädiert. Jungen Menschen soll sehr wohl Wissen über Religionen vermittelt werden; aber eben nicht "als eine göttliche Offenbarung mit grundlegenden Konsequenzen für die Weltsicht der jungen Menschen". In einem Interview erklärt Dr. Baier, weshalb Goethe, der sich zeitlebens eher als Wissenschaftler und weniger als Dichter sah, noch heute unterschätzt wird. Selbst, wenn er sich in seiner Farbenlehre irrte.

"Über die Schwierigkeit, Zukunft ohne Epiphanie denken" ist ein Artikel von Sascha Mamczak überschrieben, der darin unter anderem beklagt, dass wir heute kaum noch Utopien denken oder anstreben. "Wir kämpfen, wirtschaften, leben einfach in der Hoffnung, dass sich die Dinge 'irgendwann' zum Besseren wenden. Wir haben […] kein gesellschaftliches, kein politische Zukunftsbild jenseits des Marktes…" Dieses völlige Fehlen einer Idee der Zukunft macht Mamczak unter anderem dafür verantwortlich, dass wir fundamentlistischen Denkssystemen und politischen Auseinandersetzungen - mangels eigener Zukunftsideen - relativ hilflos ausgeliefert zu sein scheinen. "Dass die Zukunft etwas ist … das wir uns vorstellen, vor allem aber … erarbeiten müssen, ist im politisch-eschatologischen Konzept … nicht vorgesehen." Gemeint ist im zitierten Abschnitt die Idee hinter dem "Islamischen Staat"; das gilt aber, worauf Mamczak zu Recht hinweist, auch für unsere Gesellschaft, die damit umgehen muss.

Schwerpunktthema: Dürfen wir Tiere essen?

Diese Frage, über die auch immer wieder in den Kommentaren des hpd erbittert gestritten wird, stellt Anna Riedl, die Geschäftsführerin der Giordano Bruno Stiftung (GBS) in Österreich. In einem langen und lesenswerten Artikel argumentiert sie vorrangig auf ethischer Basis. Sie erwähnt an keiner Stelle, ob "wir Tiere essen dürfen" oder ob nicht; ihre schlüssige philosophische Erklärung jedoch lässt nur den Schluss zu, dass Menschen mit einer humanistischen Einstellung aus ethischen Gründen auf den Fleischverzehr verzichten sollten.

Der hpd-Autor Colin Goldner erklärt in dem Artikel "Kirche und Tierschutz", woher in der heutigen Gesellschaft das dominante Gefühl rührt, "Tiere nach eigenem Gutdünken und ohne große Konsequenzen schlecht behandeln zu dürfen". Wie es die Überschrift des Artikel schon andeutet: Goldner sieht vor allem die christliche (kulturelle) Prägung als Hauptursache an. Noch im Katechismus, der im Jahr 1993 durch den jetzigen Ex-Papst Benedikt maßgeblich herausgegeben wurde, findet sich das Satz "Gott hat die Tiere unter die Herrschaft der Menschen gestellt..." Es gibt - so Goldner - in der gesamten Bibel keinen Satz, in dem Tieren Schutz vor der Rohheit und der Gier der Menschen zugesprochen wird.

Untermauert wird diese These auch von Prof. Dr. Hubertus Mynarek. Dessen Artikel "Der 'grüne' Papst" wurde bereits vom hpd vorab veröffentlicht.

Weitere Artikel

Der Artikel über den Antisemitismus in der Jesuitenzeitschrift "La Civiltà Cattolica" erschien im April auf der Webseite der GBS-Österreich. Eine Übersetzung eines Artikels über "Kryonik - Wissenschaft oder Religion" hinterließ beim Rezensenten allrdings dann mehr Fragen als er Antworten gab. Ein solches Thema lässt sich nicht "nebenher" abarbeiten.

Uwe Hillebrand erklärt an fünf Beispielen aus den Evangelien, wie und dass die Berichte über das Leben von Jesus ge- oder zumindest verfälscht wurden.

Der Vorsitzende der Freidenker, Gerhard Engelmayer kommt am Ende des Heftes zu Wort. Er schreibt über das "Erfolgsgeheimnis moderner Staaten", das für ihn darin besteht, dass es sich um säkulare Staaten handelt. Auch wenn manche seiner Überlegungen zu undifferenziert erscheinen kommt er zu dem Schluss, dass, um die Präsenz der "derzeitigen Gesprächspartner der Regierung, die IGGiÖ, Milli Görös und ATIP" zu brechen, es nötig ist, mit liberalen Muslime zusammenzuarbeiten (die deutlich unterrepräsentiert sind in eben den Regierungsgesprächen). Er schreibt: "Wir brauchen junge Muslime, die nicht am Tropf der Saudis hängen, sondern ... die sich mit uns und unseren Werten solidarisieren."

Abgeschlossen wird das aktuelle Heft des freidenker wie immer mit etlichen Rezensionen.

Bei allem Lob für das Heft: es gibt auch einen sehr peinliche Ausrutscher im Heft: Weshalb wurde an prominenter Stelle ein Leserbrief (kommentarlos!) abgedruckt, in dem ein Loblied auf die Homöopathie gesungen wird?