Ahmed Mansour "Generation Allah"

Präventionsarbeit bei salafistischen Jugendlichen

BONN. (hpd) Der Psychologe Ahmed Mansour beschreibt und kommentiert in seinem Buch "Generation Allah. Warum wir im Kampf gegen religiösen Extremismus umdenken müssen" seine Erfahrungen mit muslimischen Jugendlichen, die für salafistische Ideologie und Organisationen anfällig sind. Das Buch lebt von den beachtenswerten Fallbeispielen, aber auch den politischen Reflexionen des Autors – ist aber auch angesichts mancher Verallgemeinerungen sehr persönlich gehalten.

Der Diskurs über die Gefahren des Islamimus und Salafismus ist auf den Terrorismus fixiert. Dieser einseitige Blick blendet die Alltagsdimensionen eines religiösen Extremismus aus, welche Attraktivitätspotentiale vor allem für jüngere Muslime aufweist. Dies macht Ahmed Mansour in seinem Buch "Generation Allah. Warum wir im Kampf gegen religiösen Extremismus umdenken müssen" deutlich.

Der studierte Psychologe arbeitet für verschiedene Deradikalisierungs- und Präventionsprojekte in Berlin. Die damit einhergehenden Erfahrungen prägen denn auch sein Buch, das insofern mehr persönlich und nicht wissenschaftlich ist. Als besondere Komponente kommt dabei hinzu: Der als arabischer Israeli geborene Mansour hatte sich in jungen Jahren selbst zum Islamisten entwickelt, dann aber als Student an der Universität mit der damit einhergehenden Ideologie gebrochen. Auch darüber berichtet er in einem Kapitel ausführlich. Die Erfahrung kritischen Denkens wie die Freundlichkeit israelischer Studienkollegen sieht er als Gründe für den Bruch an.

Am Beginn des Buchs steht das Portrait eines Jugend, der für Mansour ein Repräsentant der "Generation Allah" ist: "Für diese Jugendlichen ist Religion nicht nur zu einer identitätsstiftenden Größe geworden, sondern Religion ist so etwas wie ihr persönlicher unantastbarer Gral" (S. 19). Und weiter heißt es: "Plakative Normen der Religion werden genauso wiedergegeben, ohne Differenzierung, ohne Reflexion, ohne Zweifel, ja ohne die Erlaubnis des Zweifelns" (S. 26).

Diese Einstellung sieht Mansour bei Tausenden von muslimischen Erwachsenen, aber auch Jugendlichen verbreitet. Die Öffentlichkeit, Politik und Sicherheitsbehörden hätten dafür aber kein Auge. Die gemeinten Menschen würden vielleicht sogar den Salafismus ablehnen, aber nicht mit den Werten unserer Gesellschaft übereinstimmen. Seine Fallbeispiele aus der Praxis sollen dabei eine wichtige Botschaft und Einschätzung transportieren: "Wenn wir erst dort ansetzen, wo der Islamismus sich in gewalttätigen Aktionen zeigt, haben wir bereits verloren" (S. 31).

Die deutsche Gesellschaft und der deutsche Staat, so Manosur, würden sich gegenwärtig viel zu wenig um junge Muslime kümmern. Die Gegenseite sei erfolgreicher: "Im Augenblick sind die Salafisten die besseren Sozialarbeiter" (S. 39). Sie bieten - im Namen einer demokratiefeindlichen Ideologie - Identität, Orientierung und Zusammenhalt.

Mansour macht aber auch islamische Interessenvertretungsorganisationen für die Entwicklung verantwortlich, denn er sieht im traditionellen Islam-Verständnis einen Anknüpfungspunkt für derartige Werbeversuche. Mansour nennt darüber hinaus eine Fülle von psychischen und sozialen Faktoren, welche die Hinwendung solcher Menschen zu den Salafisten erklärt. Er benennt auch die Symptome für die Erkennung eines Radikalisierungsprozesses. Außerdem macht der Autor konkrete Vorschläge für die weitere Präventionsarbeit: Sie reichen von einem "Bundesbeauftragten zur Prävention und Bekämpfung ideologischer Radikalisierung" (S. 259) bis zur "aktiven Förderung einer Kultur der Inklusion" (S. 264).

Mansours Buch lebt von den Beschreibungen persönlicher Erfahrungen mit Jugendlichen. Er formuliert auch immer wieder allgemeine Einschätzungen und Ideen zur besseren Prävention. Indessen gleicht der Autor all dies nicht mit der sozialwissenschaftlichen Forschung zum Thema ab. Mitunter vergreift er sich auch bei der Verallgemeinerung. Ein Beispiel: Zutreffend macht Mansour auf den Antisemitismus unter Muslimen aufmerksam. Dabei schreibt er: "Ein Großteil des Korans beschäftigt sich mit Juden und dem Judentum" (S. 140). Das ist so schlicht falsch: Tatsächlich gibt es einige negative Aussagen über Juden, deren Bedeutung für das Bild von Angehörigen dieser Religion nicht unterschätzt werden sollte. Aber von einem "Großteil" kann man nun überhaupt nicht sprechen. Auch verallgemeinert er seine beruflichen Erfahrungen gesamtgesellschaftlich. Hier hätte sicherlich der korrigierende Blick auf die Ergebnisse der Einstellungsforschung zu mehr Differenzierung führen können. Gleichwohl handelt es sich um ein beachtens- und reflexionswertes Buch.

Ahmed Mansour, Generation Allah. Warum wir im Kampf gegen religiösen Extremismus umdenken müssen, Frankfurt/M. 2015 (S. Fischer-Verlag), 271 S., ISBN: 978–3–10–002446–6, 19,99 Euro