Freidenker überreichen mit Partnern die Petition "Die Million vors Volk"

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Schweizer Freidenker und Partner überreichen die Petition "Die Million vors Volk".

VertreterInnen der Freidenker-Vereinigung der Schweiz (FVS), der Grünen, der SP und der GLP überreichten am vergangenen Freitag die Petition "Die Million vors Volk" mit über 4.131 Unterschriften der Walliser Staatskanzlei, 3.378 davon aus dem Kanton selbst. Hintergrund ist die von der Politik beschlossene Finanzierung der Renovierung einer Kaserne im Vatikan durch Mittel, die eigentlich der Walliser Bevölkerung für wohltätige oder kulturelle Zwecke dienen sollen.

Die Walliser Regierung berücksichtigt die Meinung der Bevölkerung ihres Kantons offensichtlich nicht in ihren Entscheidungen: Beim Unterschriften-Sammeln der FVS in den Walliser Straßen unterschrieben gut zwei Drittel der angesprochenen PassantInnen die Petition spontan und ohne, dass sie lange überzeugt werden mussten. Sie alle sind der Meinung, dass eine Million Schweizer Franken, die der Walliser Bevölkerung zuhause für wohltätige oder kulturelle Zwecke zugutekommen müsste, nicht in den Vatikan abfließen darf. "Gehen Sie so vor wie der Luzerner Regierungsrat und legen Sie das Geschäft dem Grossen Rat in Form eines referendumsfähigen Dekrets vor", fordern die PetitionärInnen.

Dieter Stössel, FDP, fügt dem hinzu: "Die Million für den Vatikan entspricht in keiner Weise einem öffentlichen Interesse des Kantons Wallis. Somit stellt sie eine Zweckentfremdung der Gelder aus dem Fonds der 'Loterie Romande' dar." Thierry Dewier, Libre Pensée romande, ergänzt: "Wir fordern mit der Petition 'Die Million vors Volk', dass die Entscheidung über die Vergabe dieser Summe dem Walliser Volk vorgelegt wird und dass der Staatsrat einen demokratischen Prozess stattfinden lässt. Das ist das Prinzip der Direkten Demokratie." Philippe Jansen, Grünliberale, dazu: "Es ist höchste Zeit, die Kirche vom Staat zu trennen. Diese Petition sowie das klare Ergebnis der Volksabstimmung in Luzern zeigen, dass der Staatsrat gegen den Volkswillen agiert!"

Investigativer Journalismus lohnt sich

Die lokalen Medien berichteten mehrere Male über die illegitime Doppelrolle, die Staatsrat Frédéric Favre als Bittsteller für die Kasernenstiftung und als Geldgeber und Staatsrat gespielt hat. Kanal 9 deckte zudem auf, wie die Kasernenstiftung mit Falschaussagen in ihrem Gesuch versuchte, die Angeschriebenen hinters Licht zu führen. So zitiert der Medien-Beitrag die Konferenz der Kantonsregierung aus deren Stellungnahme, dass sie nie eine Spende an die Kasernenstiftung empfohlen habe, was die Kasernenstiftung in ihrem Schreiben jedoch behauptet. "Ich halte es für regelrecht skandalös, wie wenig Bereitschaft der Staatsrat an den Tag legt, gerade zu stehen und zuzugeben, dass sein Vorgehen und Verhalten nicht in Ordnung ist. Mit seiner 'L'État, c'est moi'-Attitüde befindet sich der Staatsrat auf dem Holzweg", stellt Valentin Abgottspon, Vize-Präsident der FVS, fest.

ErstunterzeichnerInnen vertreten Bevölkerung besser als die Staatsräte

Folgende ErstunterzeichnerInnen aus den politischen Parteien SP, GLP, Junge Grüne, Grüne, FDP, Juso und den lokalen Sektionen der Freidenker stehen für die Petition: Claudia Alpiger, Brig, SP Oberwallis; Roger Ambort, Naters, GLP; Matthieu Besse, Sion, Junge Grüne; Clément Borgeaud; Monthey, SP Unterwallis; Cilette Cretton, Martigny, Verfassungsrätin; Thierry Dewier, Ardon, Libre Pensée romande; Madeleine Meyer, Choëx, Libre Pensée romande; Carole Morisod, Chablais, Grüne; Bryan Pitteloud, Sion, GLP; Christian Schnidrig, Naters, Freidenkende Oberwallis; Dieter Stoessel, Zermatt, FDP; Sandro Werlen, Agarn, Juso Oberwallis; Brigitte Wolf, Bitsch, Grüne.

Mehr Rückgrat für den Walliser Staatsrat

Der Walliser Staatsrat weigerte sich bisher, Rückgrat zu zeigen und das Volk – oder zumindest den Grossen Rat – bei dieser Unsumme an den Vatikan Einfluss nehmen zu lassen. Staatsrechtliche Erwägungen zeigen klar, dass die finanzielle Zuwendung an die Privatarmee des Papstes nicht als gemeinnützig anzusehen ist und im Widerspruch zum Reglement zur Verwendung der Mittel der "Loterie Romande" steht. Dieses verlangt, dass auf Gesuche mit einem ausgeprägten konfessionellen Charakter nicht einzutreten ist. "Beim Neubau der Kaserne für die Schweizergarde in Rom, die ja bekanntlich das katholische Oberhaupt, den Papst, beschützen soll, handelt es sich unseres Erachtens klar um eine Aktivität mit einem konfessionellen Charakter", sagt Claudia Alpiger, Co-Präsidentin der SP Oberwallis. Sie ergänzt, dass Gardisten ja praktizierende Katholiken sein müssen, weshalb das Projekt klar konfessionell ausgerichtet sei.

Mehr Transparenz in Zukunft

Für die Walliser Bevölkerung, die FVS und die ErstunterzeichnerInnen ist diese Geschichte ein klares Zeichen dafür, dass die Regierung bei der Vergabe von Lotteriegeldern in Zukunft viel besser überwacht werden muss. Einige ErstunterzeichnerInnen haben im Grossen Rat dazu ein Postulat eingereicht, welches vom Staatsrat fordert, dass er in Zukunft aktiv kommuniziert, für welche Projekte und Hilfsaktionen die Gelder aus dem Lotteriefonds eingesetzt werden sollen. "Eine transparente Kommunikation der gespendeten Gelder erlaubt somit auch eine Kontrolle darüber, ob das Reglement eingehalten wird", fügt Claudia Alpiger an.

Ein Zeichen für die anderen Kantone

Diese Petition soll ein Zeichen für alle andere Kantone sein, die noch nicht definitiv über die Vatikanspende entschieden haben. Sie soll den Kantonen Mut geben, das Volk oder zumindest die kantonale Legislative darüber entscheiden zu lassen. Denn, so hat es die Walliser Petition gezeigt, die Regierung politisiert offensichtlich an der Bevölkerung vorbei. Das Beispiel Luzern hat deutlich gezeigt, dass die informierte Bevölkerung nicht hinter den Vatikanspenden steht. Entgegen der Regierung und des kantonalen Parlaments hat die Stimmbevölkerung mit über 70 Prozent Nein zur Vatikanspende gesagt.

Auf der anderen Seite gibt es auch vernünftige Beispiele: Der Baselbieter Landrat entschied am Mittwoch säkular: er lehnte den vom Regierungsrat beantragten Beitrag von 50.000 Schweizer Franken mit 47 zu 34 Stimmen ab.

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