Ein Termin weniger für den Dalai Lama

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Stupa-Modell / Foto:stupa.at

GFÖHL. (hpd) Der größte Stupa Europas wird doch nicht in Gföhl im niederösterreichischen Waldviertel errichtet. Die Bevölkerung der Kleinstadt hat sich gegen den Bau ausgesprochen. Der Volksbefragung war eine monatelange, teils gehässige Debatte vorangegangen.

Im Terminkalender des Dalai Lama für Mai ist vermutlich ein Platz frei geworden. Auf seiner Österreich-Visite hätte er die Baustelle für den größten Stupa Europas in Gföhl besuchen sollen, hofften die Betreiber hinter dem geplanten Bau dieses buddhistischen Sakralbaus. Mangels Stupa-Baustelle wird das ausfallen. Bei einer Volksbefragung in der Waldviertler Gemeinde haben sich zwei Drittel der Teilnehmer gegen den Turm samt angeschlossenem Klein-Kloster ausgesprochen. Auch wenn sich nur knapp mehr als die Hälfte der Einwohner beteiligt hat – die Gemeinde hat angekündigt, sich an das Ergebnis der Volksbefragung zu halten. Rechtlich wäre sie dazu nicht verpflichtet.

Woran der Plan gescheitert ist, lässt sich im Nachhinein schwer rekonstruieren. Fakt ist, dass sich die Rechtsparteien BZÖ und FPÖ gegen das Projekt des „Pyu Wha Sa Friedensvereins“ in Wien stark gemacht hatten. Mit teils beachtlicher Gehässigkeit. Der Klubobmann der FPÖ im niederösterreichischen Landtag, Gottfried Waldhäusl, sprach davon, dass der Stupa „unsere wunderschöne Kulturlandschaft zerstören“ würde. „Gföhl und das Waldviertel brauchen das so notwendig wie Rom einen Kebapstand am Petersplatz.“ BZÖ-Vorzeigekatholik und EU-Mandatar Ewald Stadler bezeichnete den geplanten Bau als „Götzentempel“. So etwas könne er als Katholik nicht gutheißen. Beides Aussagen, die örtlichen Kritikern Auftrieb brachten. In der Gemeinde selbst wurde der Widerstand auch von der Bürgerliste „Wir für Gföhl“ getragen. Deren Sprecher Johannes Pernerstorfer, im Zivilberuf Baumsachverständiger, gab sich gegenüber Medien moderater: „Das wäre ein Wahrzeichen, das weder unserem Kulturkreis entspricht noch unsere Gesellschaft vertritt.“

Auftritt der Fundis

Was die vergleichsweise sachlichen Argumente waren. Die Diskussion lockte Rechtsextreme und christliche Fundis an. Eine „Österreichische Gesellschaft zum Schutz von Tradition, Familie und Privateigentum“ forderte die Bevölkerung etwa per Postwurfsendung auf, mit „Nein“ zu stimmen. Derstandard.at veröffentlichte das Pamphlet auf seiner Internetseite. Die Gesellschaft vermischte in dem mehrseitigen Schreiben berechtigte Kritik an Buddhismus und Dalai Lama mit rechtsextremen Parolen und christlich-fundamentalistischen Positionen. Einerseits wird die den Kritikern bekannte Nähe des Dalai Lama zu rechtsextremen Gesinnungen kritisiert, andererseits beklagt, dass der Buddhismus kein absolutes Verbot von Drogen kenne und Abtreibung nicht notwendigerweise als Sünde sehe. Und der Stupa werde „zum zunehmenden Abfall vom katholischen Glauben in Gföhl und im ganzen Land“ beitragen. Unterstützt wird die Gesellschaft unter anderem von „Mission Europa – Netzwerk Karl Martell“, dem Wiener Akademikerbund, der wegen rechtsextremer Positionen aus der ÖVP ausgeschlossen wurde, und der radikalen Pro-Life-Organisation „Pro Vita“. Die wiederum hatte in der Vergangenheit enge Verbindungen zur Partei „Die Christen“, der Vorgängerin der „Christlichen Partei Österreichs.“

Angesichts dieses geballten Widerstands sah sich der Gföhler Bürgermeister Karl Simlinger (ÖVP) gezwungen, Ende des Vorjahres für Anfang Februar eine Volksbefragung anzusetzen. Es brauchte einen juristischen Kunstgriff, um zu verhindern, dass direkt über das Projekt abgestimmt wurde. Eine Volksbefragung über einen Sakralbau hätte als Verstoß gegen die Religionsfreiheit gewertet werden können, die in Österreich verfassungsmäßig gewährleistet ist. Offiziell wurde das Volk befragt, ob der Bebauungsplan für das Grundstück umgewidmet werden soll, auf dem der Stupa errichtet werden soll. Was in letzter Konsequenz auf eine Befragung über den Stupa hinauslief.

Tourismus, Frieden und Missionierung

Die Befragung zustimmend zu bewerben, wurde die Gemeinde nicht müde. Simlinger erblickte, ebenso wie die örtlichen Wirtschaftsvertreter, vor allem touristische Chancen. Bis zu 3.000 Besucher jährlich hatten die Betreiber versprochen. Für eine Kleinstadt in einer ländlichen Gegend keine unbedeutende Anzahl. Und damit, das nach Aussagen des „Pyu Wha Sa Friedensvereins“ „größte Weltfriedensdenkmal Europas“ zu erhalten, zu dessen Eröffnung sogar der Dalai Lama erwartet werde. Angesichts des unreflektiert positiven Images, das Buddhismus jeglicher Ausrichtung und der Dalai Lama in Österreich genießen, war das aus Sicht der Gemeinde-ÖVP auch kein Argument gegen den Stupa. Die katholischen Stifte in der Gegend zeigten sich entzückt von der „spirituellen Seite“, das Stift Geras vereinbarte sogar gemeinsame Seminare.

Einzig dem St. Pöltner Bischof Klaus Küng schien ein kleiner Satz in der Selbstdarstellung des Projekts aufzufallen: „Von diesem Ort der Begegnung soll künftig allumfassendes friedliebendes Denken in alle Welt hinausgetragen werden.“ Eine etwas verschämte Formulierung, dass von Gföhl aus buddhistische Missionierung betrieben werden sollte. „Wir haben Religionsfreiheit in Österreich, der Tempel entsteht auf einem privaten Baugrund. Insofern ist nichts dagegen einzuwenden. Ich finde es aber richtig, dass die Bevölkerung weiß, worum es geht“, sagte Küng gegenüber Medien.

Wer wirklich hinter dem Projekt stand, ließ sich nie schlüssig eruieren. Offiziell trat der „Friedensverein“ auf, der wiederum von der Lotos-Lindmeyer-Privatstiftung gesponsert wird. Das Gesicht nach außen gab der südkoreanische Mönch Bop Jon Sunim Tenzin Tharchin. Er ist Anhänger des Lotos Sutra und machte schon Stimmung für den Bau des Budapester Stupa. Den hätte der Gföhler Stupa als größter derartiger Sakralbau Europas ablösen sollen. Die mangelnde Transparenz dürfte wenig zur Popularität des Projekts beigetragen haben.

Auf ein Neues

Was vom angeblichen Friedensdenkmal bleiben wird, ist der Unfriede, den die teils emotionale und gehässige Diskussion geschaffen hat. An ihr ist im Gemeinderat die Koalition zwischen ÖVP und FPÖ zerbrochen. Die Betreiber nehmen das Ergebnis zur Kenntnis. Man werde es halt anderswo probieren, kündigte Bop Jon Sunim Tenzin Tharchin an.

Christoph Baumgarten