Das Komische an Kafka

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Prachtsaal in der Hofburg / Foto: Hofburg.com

WIEN. (hpd) Eine parlamentarische Anfrage zu kirchlichen Steuerprivilegien und eine zum Islamisch-Pädagogischen Lehrgang im österreichischen Nationalrat enden im Kafkaesken Nichts. Die angesprochenen Ministerien fühlen sich nicht zuständig. Dem kann man auch komische Seiten abgewinnen.

Eine Finanzministerin fühlt sich nicht zuständig für die Frage, wie viel Grundsteuer Religionsgemeinschaften bezahlen. Das sei Sache der Gemeinden. Ein Wissenschaftsminister will von den Universitäten nichts wissen und dass es dort Studierende und Lehrgänge gibt, weiß er auch eher durch Zufall. Die Uni hat es ihm netterweise mitgeteilt. Mitglied der Bundesregierung zu sein muss in etwa so tagesfüllend und verantwortungsreich sein wie mein absoluter Traumjob - nicht amtsführender Stadtrat in Wien. Nur besser bezahlt. Ich sollte meine Karrierepläne überdenken.

Lobbyist oder Vorstandsmitglied in einem staatsnahen Betrieb wäre vielleicht noch erstrebenswerter. Wie der aktuelle Untersuchungsausschuss im Nationalrat zeigt, sind diese Leute auch unzuständig für ihre Unternehmen. Und wenn nicht, sind sie zumindest nicht verantwortlich. Dass man sich an irgendetwas erinnert, verlangt auch niemand. Das bei hohen Bezügen und intaktem Sozialprestige. Warum sollte ich Traumjob Nummer zwei (Nachtwächter in der Pathologie: Ruhige Kunden mit überschaubaren Erwartungen an den Service) anstreben, wenn ich das haben kann?

Das Ganze hat etwas surreal-groteskes. Kafkas Prozess auf komisch. Eine Realsatire als work in progress, mit gewissen Einschlägen eines aus dem Ruder gelaufenen Freiluftexperiments einer Kabarettschule. Geschlagen wird das nur von der Stegreif-Kabaretttruppe in und aus Kärnten, die dauernd ihren Namen wechselt und wo niemand mehr weiß, wer aktuell seit wann zu wem gehört und warum. Da mag bei Kunstbudgets gespart werden - Österreich ist und bleibt Kulturnation. Kunst und Realität laufen ineinander über, man kann sie nicht auseinanderhalten. Das soll uns wer nachmachen.

Man kann jetzt argumentieren: Die Eintrittspreise sind ein bisserl hoch. Allein, wo sonst kriegst du so eine Unterhaltung rund um die Uhr geboten?

Nur das Satiriker-Dasein außerhalb der politischen Branche ist ein bisserl schwierig. Die Realität überholt einen ständig. Wenn du nur Anfragebeantwortungen vorlesen musst, um die Leut' zum Lachen zu bringen - wer kommt dann noch? Außerdem frustrierend, wenn man für ein gelungenes Programm die eigene Kreativität einmotten muss um nur die Realität zu zitieren.

Wäre es nicht Österreich, es wäre eine Tragödie. Allein, hierzulande orientiert man sich an der Lebensweisheit „Die Lage ist hoffnungslos, aber nicht ernst“. Wenn Realität die Satire überholt, wird man halt Laiendarsteller in einem Ministerium.

Christoph Baumgarten