Ein neues NPD-Verbotsverfahren?

(hpd) Der Jurist Eckart Klein legt in der kurzen Abhandlung sowohl eine kursorische Gesamtdarstellung zu Parteienverboten sie eine Erörterung verfahrensrechtlicher Fragen vor. Durchaus zutreffend wird hierbei auf Rechtsprobleme unterschiedlicher Art verwiesen, wobei Klein noch nicht einmal auf die inhaltlichen Fragen im engeren Sinne eingeht.

Nach der Aufdeckung der Serienmorde einer neonazistischen Zelle kam erneut eine öffentliche Diskussion um ein Verbot der „Nationaldemokratischen Partei Deutschlands“ (NPD) auf. Bereits Ende der 1960er Jahre hatte man an eine solche Möglichkeit des Vorgehens gegen die rechtsextremistische Partei erwogen, dann aber doch keinen einschlägigen Antrag gestellt. 2003 scheiterte ein erstmals initiierter Versuch, aber nicht aufgrund einer Entscheidung des Gerichts in der Sache, sondern aufgrund der Problematik von V-Leuten in der Partei. Ob man jetzt erneut einen Anlauf wagen sollte, erörtert Eckart Klein in seiner Schrift „Ein neues NPD-Verbotsverfahren? Rechtsprobleme beim Verbot politischer Parteien“. Der Autor hatte von 1994 bis 2008 den Lehrstuhl für Staats-, Völker- und Europarecht an der Universität Potsdam inne. Entsprechend dieses beruflichen Hintergrundes und gewählten Untertitels setzt er sich aus juristischer Perspektive mit der Frage eines erneuten Verbotsverfahrens gegen die NPD auseinander.

Zunächst gibt Klein einen Überblick zur Regelung des Parteiverbots und fasst die bisherigen Erfahrungen damit in der Bundesrepublik Deutschland zusammen. Dann geht er auf das Grundsatzdilemma ein, muss doch ein demokratischer Rechtsstaat auch seinen Feinden um der Wahrung seiner konstitutiven Prinzipien willen Freiheiten und Rechte einräumen: „Doch das Prinzip Freiheit schließt ein, dass diese nicht die Basis ihrer eigenen Zerstörung sein kann“ (S. 11). Aus diesem Grund nahmen die Mütter und Väter des Grundgesetzes auch die Möglichkeit eines Parteiverbots mit in den Text auf. Nach der Erörterung des damit verbundenen Grundsatzdilemmas konzentriert sich Klein auf die materialrechtlichen Voraussetzungen eines solchen Vorgehens. Für ein Parteiverbot reicht eben nicht der Nachweis einer Ablehnung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Es muss „ferner das objektive Tatbestandselement einer aktiv kämpferischen, aggressiven Haltung gegenüber dieser Ordnung hinzutreten“ (S. 17).

Klein thematisiert aber auch die internationale Dimension, legt doch möglicherweise das deutsche Bundesverfassungsgericht andere Maßstäbe als der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte an: „Das Fiasko wäre wohl noch größer, wenn eine internationale Instanz das Verbot einer politischen Partei durch das Bundesverfassungsgericht wegen Verstoßes gegen menschenrechtliche Verpflichtungen beanstanden würde und dieses darum rückgängig gemacht werden müsste“ (S. 20f.). Und schließlich spricht der Autor noch verfahrensrechtliche Probleme an, wobei er einige Vorschläge aus einem früheren Gutachten vorträgt. Es geht dabei um die Schaffung eines besonderen Spruchkörpers in Form eines Staatsschutzsenats, um die Verkopplung von Vorverfahren und Voruntersuchung und eine neue Regelung der Schutzklausel durch eine Zweidrittelmehrheit der Mitglieder des Senats. In der bilanzierenden Gesamtschau überwiegt bei Klein die Skepsis gegenüber einem zweiten NPD-Verbotsverfahren: „Fragt man mich, riete ich ab“ (S. 30).

Der kurze Text von gerade mal dreißig Seiten gibt einen auch für Nicht-Juristen gut verständlichen Überblick zur Problematik eines Parteiverbotsverfahrens. Dabei wird vom Autor auch zutreffend das Grundsatzdilemma von solchen Eingriffen in politische Grundfreiheiten in einer Demokratie angesprochen. Er macht außerdem darauf aufmerksam, dass die Auffassung von einer Wehrlosigkeit der Weimarer Republik zu den historischen Legenden gehört. Besondere Bedeutung gewinnt sein Text aber dadurch, dass er auf verfahrensrechtliche Probleme aufmerksam macht und die internationale Dimension mit in seine skeptischen Deutungen einbezieht. Bedauerlich ist aber, dass Begriffe wie „aktiv kämpferisch“ nicht näher erörtert werden. Für die europäische Ebene einer juristischen Überprüfung wäre die gesellschaftspolitische Relevanz einer solchen Partei von Bedeutung. Diese und andere Aspekte inhaltlicher Art thematisiert der Autor aber leider nicht. Gleichwohl verdient sein Text aufgrund der verfahrensrechtlichen Ausführungen Interesse.

Armin Pfahl-Traughber

Eckart Klein, Ein neues NPD-Verbotsverfahren? Rechtsprobleme beim Verbot politischer Parteien (Veröffentlichungen der Potsdamer Juristischen Gesellschaft, Nr. 15), Baden-Baden 2012 (Nomos-Verlag), 30 S., 14 Euro.