Wilders vor Gericht

NIEDERLANDE. (hpd) Der Streit um Geert Wilders und seinen umstrittenen Film „Fitna“ geht nun vor Gericht. Wilders muss sich angesichts seiner Äußerungen zum Islam nun wegen Anstiftung zu Hass und Diskriminierung verantworten. Ein Berufungsgericht in Amsterdam beauftragte entsprechend die Staatsanwaltschaft, weil sich Muslime durch Wilders' Vergleiche des Islam mit der Nazi-Ideologie beleidigt fühlen dürfen. Wilders steht unter starkem Polizeischutz und muss ständig seinen Wohnort wechseln.

Über diese Vorgänge ist nun ein erneuter Streit entbrannt mit internationalen Folgen, denn die britische Regierung hat Wilders nicht einreisen lassen. Er wollte auf Einladung eines Mitglieds des Oberhauses, Lord Malcolm Pearson, seinen Film „Fitna“ zeigen. Erst im Flughafen verweigerte man ihm die Einreise aufgrund einer entsprechenden Verfügung des Secretary of State für das Home Department.

Dazu ein Kommentar von Judith Huber

Auch unter den weltweit organisierten Humanisten herrscht zum Vorgang und seiner Bewertung keine Einigkeit. Während z.B. Holländische Humanisten Wilders durchaus zugestehen, dass dieser die Meinungsfreiheit propagiere, schildern sie gleichzeitig, dass er diese auch dazu verwendet, angebliche Wahrheiten über den Koran zu verbreiten (etwa Vergleich mit Hitlers „Mein Kampf“). Er sei ein Rechtspopulist mit inneren Widersprüchen. Sie warnen dabei ganz allgemein vor denjenigen, die behaupten, im Vollbesitz der Wahrheit zu sein (truth with a capital T), gleichgültig aus welcher Ecke sie kommen, religiös oder nicht, rechts oder links. Solche Leute müssten als eine Gefahr für die Demokratie erkannt werden.
Rückblickend muss man feststellen, dass in den Niederlanden einige Ereignisse die öffentliche Meinung und Diskussion angeheizt haben. Zu nennen sind hier die Mordanschläge auf den rechten Politiker Pim Fortuyn 2002 und auf den Filmemacher Theo von Gogh 2004. Auch dass die ehemalige Abgeordnete Ayaan Hirsi Ali sich zur Flucht aus den Niederlanden gezwungen sah, nachdem sie sich kritisch zu Misshandlungen von Frauen in islamischen Gesellschaften geäußert hatte, hat eine starke öffentliche Wirkung gehabt.

Tendenz der Debatte

Die Tendenz neigt zur Hoffnung, dass das Gerichtsverfahren möglicherweise eine reinigende Wirkung entfalten könnte auch hinsichtlich anderer Themen. So sei doch auffällig, dass es auch bei anderen Themen eine einseitige Medienberichterstattung gebe (etwa die BBC im Gaza Konflikt), wo immer die Meinungsfreiheit als Instrument gegen den Islam einsetzt werde. Das sei kontraproduktiv.
Andererseits besteht der Verdacht, dass sich diejenigen, die über einem aktuellen Meinungsstreit stehen sollten, von der öffentlichen Diskussion und der Angst vor Anschlägen oder diplomatischen Verwicklungen haben beeinflussen lassen.
Der Anfang des Streits und sein Verlauf können auf Wikipedia nachvollzogen werden, eingeschlossen die Forderungen Wilders’, den Koran in den Niederlanden zu verbieten, aber auch die eher erklärende Position von Imam Mohammad Al-Hayek und dessen Auseinandersetzung mit dem Film „Fitna“. Dem Gelehrten ist darin zuzustimmen, dass durch die isoliert gestellten Zitate der jeweilige Zusammenhang nicht korrekt wiedergegeben wird. So wird im vollständigen Text des Koran den Gläubigen u.a. auferlegt, von sich aus einen Krieg zu beenden, wenn die gegnerische Partei dies beabsichtigt.
Jedenfalls zeichnet sich in den Niederlanden gegenwärtig eine interessante Entwicklung ab. Während im Frühjahr 2008 der Film „Fitna“ von Geert Wilders überall im Internet propagiert und verbreitet wurde, sieht sich der Autor nun der Gefahr einer strafrechtlichen Verfolgung ausgesetzt. Das oberste Gericht in Amsterdam hat die Staatsanwaltschaft angewiesen, eine Anklage zu erheben, da die Äußerungen von Geert Wilders, als Aufstachelung zum Rassenhass anzusehen seien. Demgegenüber hatte im letzten Jahr das Regionalgericht noch keinen Anlass gesehen, ihn strafrechtlich zu verfolgen. Unterlegen war er nur in einem weiteren Verfahren wegen der unberechtigten Verwendung einer Karikatur.

Juristische Argumente

In den Diskussionsforen im Internet wird häufig mit dem Argument für Wilders Partei ergriffen, dass dieser nur sein Recht auf Meinungsfreiheit wahrnehme. Unbestritten ist dieses Recht als eines der wichtigsten Grundrechte anzusehen. Allerdings gibt es auch für dieses Grundrecht nach deutschem Recht Grenzen und zwar die allgemeinen Gesetze und u.a. auch das Recht der persönlichen Ehre. Zu den allgemeinen Gesetzen zählt das Strafgesetzbuch und darin u.a. der Paragraf betreffend die Strafbarkeit der Volksverhetzung und Verleumdung. Ähnliche Vorschriften gibt es auch in den Niederlanden.
Zusätzlich können in den Äußerungen Wilders, der Mohammed geteert und gefedert aus den Niederlanden geworfen hätte, wenn dies möglich gewesen wäre, auch Ehrverletzungen gesehen werden. Er greift pauschal alle Muslime an und setzt die Ideologien, die er dem Koran zu entnehmen glaubt mit der Naziideologie gleich. Er fordert das Verbot des Koran und die Muslime in den Niederlanden auf, diesen zu zerreißen. Diese Aufforderung ist auch Teil des Films.
In diesen Ansichten steckt nicht nur Hass gegen die Religion des Islam, sondern auch viel Dummheit oder vorsätzliche Provokation. Denn seine Meinung hätte der Rechtspopulist auch äußern können, ohne sich in die Gefahr einer Bestrafung zu begeben. Wenn er nur solche Personen angegriffen hätte, die ihrerseits zum Mord und Verfolgung von Andersgläubigen aufrufen, dann wäre dies von der Meinungsfreiheit gedeckt. Dies gilt jedenfalls dann, wenn eine Äußerung nicht zugleich ein Aufruf zur Begehung einer Straftat enthalten gewesen wäre.
Davon unabhängig ist der dogmatische Streit zu sehen, ob der Koran tatsächlich seinerseits zu Gewalttätigkeiten auffordert. Hier sind die Meinungen durchaus geteilt, wobei die Fachleute eher dazu neigen, Wilders vorzuwerfen, er habe bewusst irreführende Teilzitate gewählt und so den Eindruck erweckt, der Koran sei von Hass auf alle Ungläubigen geprägt.
Dabei soll nicht verschwiegen werden, dass der Koran deutliche Aufforderungen an die Gläubigen enthält, Andersgläubige zu missionieren. Doch dieses Element ist vielen Religionen gemein und Humanisten immer schon suspekt gewesen.

Fazit

Die jetzt entbrannte Diskussion zeigt jedenfalls, dass sich viele Menschen zu einer Auffassung hinreißen lassen, ohne sich über die Hintergründe der Meinungsfreiheit zu informieren. Leider ist auch festzustellen, dass diejenigen, die eine abwägende Meinung vertreten und nicht mit Hau-Drauf Parolen in die Öffentlichkeit gelangen, zu wenig gehört werden. Nach meiner Auffassung nutzt Wilders diesen Umstand ganz bewusst aus und ist sich durch sein Verhalten einer ständigen Kommentierung in der Öffentlichkeit sicher. So ist festzuhalten: Sollen doch die Populisten selber dafür sorgen, dass ihre Meinungen verbreitet werden. Sie werden bei dem breiten Spektrum immer jemanden finden.