Bangen um Nazanin Fatehi

TEHERAN. Das Bangen um das Leben der 18-jährigen Iranerin Nazanin Fatehi geht weiter.

Am kommenden Mittwoch, dem 10. Januar, steht sie in Teheran erneut vor Gericht. Im März 2005 hatte sich Nazanin gegen drei Männer, die sie vergewaltigen wollten, zur Wehr gesetzt und dabei einen der Angreifer in Notwehr getötet. Im Januar 2006 wurde die zur Tatzeit noch Minderjährige von einem iranischen Gericht zum Tod durch Erhängen verurteilt.

Dass Nazanin Fatehi heute noch lebt und nicht schon bereits im Juni 2006 hingerichtet wurde, ist wohl nicht zuletzt einem glücklichen Zufall zu verdanken. Ein in Paris lebender Anwalt, der von dem Urteil in einer iranischen Zeitung erfahren hatte, tippte bei Google den Namen „Nazanin“ ein und stieß so auf der Seite von „Miss World Canada 2003“, Nazanin Afshin-Jam, die sich seit vielen Jahren für Menschenrechte und humanitäre Projekte einsetzt. Als die kanadische Schönheitskönigin und Sängerin, die mit ihren Eltern nach der islamischen Machtergreifung aus dem Iran geflohen war, von dem tragischen Schicksal ihrer Namensvetterin hörte, entschied sie sich spontan, eine Hilfsaktion zu starten. Sie legte die Pläne für den Start ihrer Musikkarriere erst einmal auf Eis und rief eine Kampagne zur Rettung von Nazanin Fatehi ins Leben.

 

Kampagne "Rettet Nazanin!"

Dank ihrer Popularität hatte sie recht bald nicht nur die Medien, sondern auch viele westliche Politiker auf ihrer Seite. Afshin-Jam wandte sich an Menschenrechtsanwälte und nahm Verbindung mit Amnesty International auf. Durch die in Köln lebende Vorsitzende des Internationalen Komitees gegen Todesstrafe, Mina Ahadi, wurde dann auch ein Kontakt zu Fatehi, ihrer Familie und ihren Anwälten im Iran hergestellt. Wie in Deutschland die Giordano Bruno Stiftung, so riefen weltweit viele Organisationen dazu auf, die Petition zur Rettung von Fatehi zu unterzeichnen. Anfang Juni 2006 konnten Afshin-Jam und Ahadi der Menschenrechtskommission der UN in New York bereits eine Petition mit 180.000 Unterschriften übergeben. Bis heute ist die Zahl der Unterstützer auf rund 235.000 angewachsen.

Nicht zuletzt aufgrund des großen öffentlichen und politischen Drucks wurde die Hinrichtung im Juni 2006 ausgesetzt und eine Wiederaufnahme des Verfahrens für den 10. Januar 2007 angeordnet. Der Ausgang dieser Verhandlung ist jedoch noch völlig ungewiss. Es ist keineswegs ausgeschlossen, dass auf Fatehi am Ende doch die Todesstrafe wartet.

 

"The Tale of two Nazanins"

Um dies zu vermeiden, legt die Kampagne zur Rettung Nazanin Fatehis derzeit ihren Endspurt ein. Afshin-Jam und Ahadi erhoffen sich insbesondere von der aufwendigen dreißigminütigen Filmdokumentation des Falls, die seit dem 4.Januar im Internet zu sehen ist, weitere Aufmerksamkeit. Der hochemotionale Film schildert die so unterschiedlichen, durch einen bloßen Zufall seit einem Jahr eng miteinander verknüpften Geschichten der „beiden Nazanins“ in eindrucksvoller Weise.

Das Wissen um die weltweite Unterstützung hat, wie Mina Ahadi gegenüber hpd berichtete, Nazanin Fatehi ein wenig geholfen, die schweren Haftbedingungen im Gefängnis zu überstehen. Doch Fatehi weiß auch, dass andere Opfer des islamischen Systems eine derartige Unterstützung nicht erfahren. In diesem Sinne ist denn auch ihr „Appell aus der Gefängniszelle“ zu verstehen, mit dem der Film „The Tale of two Nazanins“ endet: „Meine Botschaft an die Menschen in der Welt ist, dass (…) es nicht nur diese eine „unglückliche Nazanin“ gibt, die hier im Gefängnis sitzt. Helfen Sie bitte allen „Nazanins“, wieder zurück in ein normales Leben zu finden.“

Michael Schmidt-Salomon

 

Links

Filmdokumentation <"The tale of two Nazanins">

<"Rettet Nazanin!">

<Petition>

<GBS-Aufruf zur Unterstützung der Petition>