Alibri, e-Books und die Macht von Amazon

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Frank Welker
Frank Welker

BERLIN. (hpd) Der Alibri-Verlag hat damit begonnen, die MIZ auch als e-Book herauszugeben. In der vergangenen Woche erschien auch das “Manifest des evolutionären Humanismus” von Michael Schmidt-Salomon als e-Book. Der hpd sprach mit Frank Welker vom Alibri-Verlag über diese Änderungen des Verlagskonzepts.

hpd: Der Alibri-Verlag wird zukünftig einige seiner Bücher auch als e-Books anbieten. In welchen Formaten bzw. für welche Lesegeräte wird das sein? (also: bietet Ihr neben *.epub auch als *.mobi für den Amazon Kindle an?) Unterstützt der Verlag dabei auch die Tolino-Geräte von Hugendubel/Weltbild/Thalia?

Frank Welker: Wir liefern unsere e-Books über einen externen Dienstleister aus. Es wird also unsere Bücher in allen relevanten Shops geben und somit auch in den dort jeweils verwendeten Formaten. Für unseren eigenen Shop haben wir uns für das pdf-Format entschieden. Somit ist gewährleistet, dass die Bücher auf möglichst vielen Plattformen laufen. Es ist auch möglich, die bei uns direkt gekauften Bücher auf dem Amazon-Kindle oder dem Tolino zu installieren. Bei uns im Alibri-Shop gekaufte Bücher enthalten weder einen Kopierschutz noch verwenden wir dort ein Wasserzeichen. Wer bei uns ein Buch direkt kauft, erwirbt nicht nur ein Nutzungsrecht, sondern das Buch gehört dem Käufer dann auch.

 

Wird es in Zukunft alle Alibri-Neuerscheinungen als e-Book geben und wann werden ältere Titel erhältlich sein?

Wir entscheiden von Fall zu Fall, ob sich ein Titel als e-Book eignet oder nicht. Für e-Books eher ungeeignet sind zum Beispiel Titel mit vielen Fußnoten und Abbildungen. Kommen dann noch zahlreiche Tabellen dazu, wie zum Beispiel beim Buch Finanzen und Vermögen der Kirchen in Deutschland von Carsten Frerk, dann ist es nahezu unmöglich, ein lesbares e-Book daraus zu generieren. Dennoch werden die meisten Neuerscheinungen auch als e-Book erhältlich sein. Bei älteren Titeln werden wir ebenfalls von Fall zu Fall entscheiden. Wir werden aber kontinuierlich daran arbeiten, auch unseren Backkatalog für e-Bookreader aufzubereiten. Leider ist es bei einigen älteren Klassikern unseres Programms so, dass diese enorm aufwändig komplett neu gesetzt werden müssen. So war es jetzt auch beim Manifest des evolutionären Humanismus.

 

In den letzten Wochen ist viel über Amazon diskutiert worden. Einmal davon abgesehen, dass es viel berechtigte Kritik an den Arbeitsbedingungen der Mitarbeiter des Weltunternehmens gibt, was bedeutet das Quasi-Monopol im e-Booksegment für die Verlage? 

Amazon verfolgt derzeit offensichtlich das Ziel, die Verlage seiner Geschäftspolitik zu unterwerfen. Wir haben diese Entwicklung schon frühzeitig vorausgesehen und haben deshalb zu diesem Unternehmen immer die größtmögliche Distanz gewahrt. Wir beliefern Amazon als Verlag auch nicht direkt, sondern die Einkäufer von Amazon decken sich beim Großhandel mit unseren Büchern ein. Zudem legen wir großen Wert darauf, unsere Kunden über das indiskutable Geschäftsgebahren dieses Unternehmens aufzuklären.
Amazon setzt ja nicht nur seine Handelspartner unter Druck, um ruinöse Rabattforderungen durchzusetzen, sondern Jeff Bezo beutet seine Mitarbeiter aus, sorgt für Lohndumping bei den Paketdiensten, missbraucht Subventionen und trägt mit seiner überaus kreativen Steuervermeidungsstrategie dazu bei, dass im Land weiterhin Geld für Bildung und Soziales fehlt.
Zudem spioniert das Unternehmen seine Kunden aus. Amazon weiß zum Beispiel genau, was und wann sie auf ihrem Kindle gelesen haben. Nach meiner Meinung ist ein bei Amazon gekauftes Buch am Ende ein sehr teures Buch!

 

Wird es denn die e-Books von Alibri dennoch bei Amazon geben?

Ja, auch wir sind leider Marktzwängen unterworfen. Wir können nicht die Augen davor verschließen, dass Amazon den e-Bookmarkt derart dominiert, dass wir uns einen Boykott nicht leisten können. Ich wünsche mir aber, dass möglichst viele unserer Kunden ihr Kaufverhalten reflektieren und auf andere Shops ausweichen.

 

Sind von Amazons Marktmacht eigentlich die großen Verlage ebenso stark betroffen wie die kleinen?

Das lässt sich so pauschal nicht sagen. Wir als kleiner Verlag mit einem klar umrissenen Programm und der säkularen Szene im Rücken, die uns unterstützt, sind möglicherweise sogar weniger von Amazon abhängig als größere Publikumsverlage.
Aber generell ist es schon so, dass Amazon maßgeblich dazu beigetragen hat, dass die ökonomischen Zwänge im gesamten Buchmarkt zugenommen haben. Ohne die vielen Leute, die bei uns direkt im Alibri-Shop einkaufen, würde es bei uns ökonomisch sehr eng werden. Ich nutze daher auch jede Gelegenheit dazu, Menschen, die unser Programm gut finden, darüber aufzuklären, dass sie uns mit einem Direktkauf oder mit einem Besuch bei unseren Partnerbuchhandlungen am besten unterstützen.

 

Noch eine allerletzte Frage zum Abschluss: Es ist üblich, dass e-Books ein wenig preiswerter sind als Papierbücher. Wird das auch beim Alibri-Verlag so sein?

Ja, das wird auch bei uns so sein. Der Preis für e-Books wird in etwa 20 Prozent unter dem Preis für gedruckte Bücher liegen. Mehr ist leider auch nicht drin. Denn was viele nicht wissen, ist, dass es kaum Spielraum gibt, e-Books zu wesentlich günstigeren Konditionen anzubieten. Wir sparen zwar die Druckkosten, aber die eingesparten Gelder gehen quasi direkt an den Fiskus, denn für e-Books wird der volle Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent fällig anstatt der 7 Prozent bei gedruckten Büchern. Sonstige Kosten wie die für das Lektorat, den Satz, die Werbung, den Vertrieb und die Honorare bleiben dagegen nahezu gleich.

 

Das Interview für den hpd führte Frank Nicolai