Neues aus der Wissenschaft

Wenn der Kopf elektronisch die Hand steuert

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Im Labor
Im Labor

BERLIN. (hpd) Wenn das Nervengeflecht, das Rückenmark mit Armen und Händen verbindet, durch einen Unfall zum Beispiel zerstört wurde, kann der Betroffene seine Hände nicht mehr benutzen. Dank der Bionik können Patienten sich selbst helfen, wieder zugreifen oder gar sehen.

Bionische Prothesen - das klingt ein wenig nach ferner Zukunft; nach Dr. Leonard "Pille" McCoy, der mit einem kleinen Handgerät kranke Raumfahrer heilt. Es erinnert vielleicht sogar an die "Borg" im Startreck-Universum, Lebewesen, die sich mit Implantaten selbst optimieren.

Allerdings ist das, was nach ferner Zukunft klingt, inzwischen wahr geworden. Parallel und unabhängig voneinander wurden zwei Möglichkeiten entwickelt, gelähmten Menschen mehr Selbstbestimmung zu ermöglichen. Mit Erkenntnissen aus der Biomechatronik.

Die Firma Blackrock Microsystems entwickelte in zehn Jahren Forschung ein Gerät, mit dem Gelähmten eine Möglichkeit eröffnet wird, Fernseher, Computer, Roboterarme und Rollstühle mit Gedankenkraft zu steuern. Dazu wird ein kabelloser Sendechip am Kopf befestigt und überträgt Befehl aus einem Implantat via Radiowellen an die elektronischen Geräte.

Unter dem Namen "Cereplex-W" verkauft Blackrock das Gerät bereits "für rund 15.000 Dollar an Forschungseinrichtungen für Versuche mit Primaten. Das Vorgängermodell wird bereits an einer Handvoll ALS-Patienten getestet."

Die neu entwickelte Schnittstelle "hat die Größe eines Auto-Tankdeckels". Es verarbeitet die Daten direkt am Schädel, wo es mit den Elektroden innerhalb des Gehirns verdrahtet ist. Dabei verstärkt ein Prozessor die schwache Spannung der Neuronen, die verstärkt und an die Geräte gesendet werden.

 

 

 

Einen etwas anderen Weg schlug ein Forscherteam um Oskar Aszmann von der Medizinischen Universität Wien ein. Drei Männern, bei denen bei Unfällen die Nervenverbindung zwischen Rückenmark und Händen, der Plexus brachialis, verletzt wurde, haben bionische Prothesen erhalten.

Die Mediziner haben bei den drei Patienten "einen Muskel aus dem Oberschenkel als Signalverstärker für die vorhandenen Nerven in den Unterarm transplantiert." Die Patienten konnten seit Jahren ihre Hände nicht mehr nutzen und mussten deshalb erst einmal ihr Gehirn "für diese Art neuronaler Signale monatelang trainieren. Dann wurden ihnen die funktionslosen Hände amputiert und durch Prothesen ersetzt."

Im Unterschied zu dem oben genannten Verfahren konnte auf den üblichen Einsatz von Elektroden zur Steuerung der Prothesen verzichtetet werden. "Vielmehr sei bei dem komplexen neuromuskulären Eingriff 'eine interaktive Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine' entstanden, so Aszmann."

Auf der Webseite des Wissenschafts-Fachblattes "The Lancet" findet sich ein Video, das zeigt, wie die Prothese funktioniert.

Über einen weiteren Erfolg der Technologie berichtet das Magazin "Mashable". Dort findet sich ein Video über einen erblindeten Mann, der mit Hilfe einer bionischen Brille nach zehn Jahren erstmalig wieder sehen kann.

 

 

 

All das ist weder Zauberei noch Utopie. Es ist angewandte Wissenschaft.